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Jimmy, Jimmy

Jimmy, Jimmy

Titel: Jimmy, Jimmy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark O'Sullivan
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Geschenk, über das sich Dad am meisten freute.
    Dad hatte Tennis eigentlich nie gemocht. »Es gab mal eine Zeit«, hatte er oft gesagt, »da hatten die Spieler wenigstens noch Persönlichkeit.« Er meinte zum Beispiel John Mc Enroe mit seinen Wutanfällen oder Billy Jean King mit ihrem offen zur Schau gestellten Feminismus. Dagegen seien die Spieler heutzutage nur noch Maschinen und der Ausgang der Spiele vorhersehbar wie die Sonne in der Sahara. – Und nun bekam er von Sean diese Wii-Konsole, und Tennis, der Sport, den er bisher so verachtet hatte, wurde plötzlich wichtiger als Fußball.
    Woher Sean das Geld für das Spiel hatte, war uns ein Rätsel. Genauer gesagt, machten wir uns darüber Sorgen. Und Mam fragte ihn auch danach. Sie versuchte es nett zu verpacken, aber es war zu offensichtlich, worauf sie hinauswollte.
    »Das Spiel muss ganz schön aufs Konto geschlagen haben«, sagte sie, als wir nach dem Truthahnessen die Küche aufräumten und spülten. Von unten konnten wir Dads lautes Stöhnen bei den Aufschlägen hören. »Ich wusste gar nicht, dass du solche Reichtümer angespart hast.«
    »Ich hab ein paar Sachen auf e Bay verkauft, okay?«, sagte Sean.
    »Für zweihundertundfünfzig Euro? Na klar«, sagte ich.
    »Weil du ihm nur ein lausiges T-Shirt kaufst, darf ich ihm auch nur was Billiges schenken, geht’s darum?«
    »Es ist kein T-Shirt, sondern ein Fußballtrikot, und es war auch nicht billig.«
    »Kinder, bitte!« Mam hatte ihren Märtyrerblick: Zu allem anderen muss ich auch noch eure Streitereien ertragen. »Sean, tu mir den Gefallen und pass auf die Suppentassen auf!«
    Er verstaute gerade das Geschirr im Schrank und sah aus, als würde er mir die letzte Suppentasse am liebsten an den Kopf werfen. Im Keller juchzte Tom. Er freute sich, wenn Dad gewann.
    »Wenn ihr’s genau wissen wollt, ich hab ein paar von den Judge-Dredd - und den anderen Comics von Dad verkauft. Für ein Album hab ich allein fünfundvierzig Euro bekommen«, sagte Sean.
    »Du hattest kein Recht, Dads Sachen zu verkaufen«, sagte ich.
    » Meine Sachen, die er mir geschenkt hat.« Sean tippte sich mit dem Finger auf die Brust. »Nicht dir, mir.« Was so viel hieß wie: Mir hat er sein Geheimnis erzählt, Eala, nicht dir!
    »Ich wollte nur sagen, dass wir vielleicht vorher darüber hätten reden sollen, was wir ihm zu Weihnachten schenken«, sagte Mam. »Ich weiß, dass das Spiel ihn in Bewegung hält, aber er wird so aggressiv, wenn er spielt, und hinterher müssen wir ihn beruhigen.«
    »Okay, dann nehm ich’s ihm wieder ab«, sagte Sean. »Ich sag ihm, es ist nichts für Zombies, und bring ihn ins Head-Up-Centre zum Fang-den-Hut-Spielen.«
    »Es ist Weihnachten, Sean – sie haben geschlossen«, sagte ich, und Mam gefiel mein Sarkasmus überhaupt nicht.
    Aber bevor sie was sagen konnte, kam Tom die Treppe hochgerannt.
    »Jimmy hat ’ewonnen«, rief er mit vor Begeisterung roten Wangen.
    Dann kam auch schon Dad und fragte im Ton gehobener Tennisclub-Kreise: »Jemand Lust auf eine Runde Tennis, die Herrschaften?«
    Seitdem spielt er von morgens bis abends, und wir sorgen dafür, dass er nie verliert, weil das für alle Beteiligten das Beste ist. Er schreit schon herum, wenn nur ein halbwegs wichtiger Ball aus gegeben wird. Er spielt, als stünde er wirklich auf dem Platz, dabei bewegt er sich für einen Tennisspieler viel zu ungeschickt, und weil er so groß ist, geht öfter was zu Bruch. Mal reißt er ein Bild von der Wand, dann stößt er die Lampe vom Nachttisch, und die kleine Vase mit Weihnachtshyazinthen auf der Kommode musste auch dran glauben.
    Wir haben alles versucht, um ihn abzulenken, aber er findet immer eine Ausrede, warum er lieber Tennis spielt. Als wir es mit Father Ted versuchten, konnte er plötzlich den Dialekt der Schauspieler nicht mehr verstehen. Als ich ihn zu einem Spaziergang am Fluss überreden wollte, fragte er: »Und was, wenn ich reinfalle? Ich könnte ertrinken, weißt du.« Als Sean ihn zum Fußballspielen ins Bernabéu locken wollte, sagte er, der Boden sei ihm zu rutschig.
    Also hab ich heute was anderes ausprobiert und die Tanzen-für-Anfänger -DVD eingelegt, die er von der Ice Queen zu Weihnachten bekommen hat. Mit Libe, Marta , stand darauf . Mit ie, Blondie! , hab ich im Stillen gedacht. Inzwischen üben wir eine geschlagene Stunde Foxtrott. Dabei war ich schon nach fünf Minuten fix und fertig und zwang mich nur weiterzumachen, weil ich fand, dass ich es musste. Aber je länger ich

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