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Jimmy, Jimmy

Jimmy, Jimmy

Titel: Jimmy, Jimmy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark O'Sullivan
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bekäme von der ganzen Aufregung. Wahrscheinlich ist sie es immer noch. Aber Sean weigerte sich standhaft zuzugeben, dass er Argos getötet hatte, und mir war klar, warum ihr sein Geständnis so wichtig war. Schließlich redeten wir zu zweit auf ihn ein.
    »Kapierst du’s denn nicht, Sean?«, sagte ich. »Wenn du’s nicht warst, kann’s nur Dad gewesen sein. Und Dad tut so was nicht, stimmt’s? Dad könnte so was nie tun, stimmt’s?«
    »Das dumme Vieh hat die ganze Straße verrückt gemacht«, sagte er. »Jeder von den Nachbarn hätte es tun können.«
    Seitdem wehre ich mich gegen den Gedanken, was passiert, wenn Mrs Casey die Polizei oder die Tierschutzbehörde anruft. Wenn es Sean war, wird es fürchterlich – wenn es Dad war, noch zehnmal fürchterlicher. Noch haben wir nichts gehört, aber ich bin mir sicher, dass wir etwas hören werden. Nüchtern betrachtet, kann es gar nicht anders ein. Und ich bin jetzt wieder nüchtern. Die Wirkung der Drinks ist schlagartig verflogen.
    »Bald Mitternacht«, sagt Brian, und ich schaue auf mein Handy. Er hat recht. Von Jill ist inzwischen eine SMS gekommen.
    »Zwanzig vor«, sage ich. Dann lese ich die SMS.
    DAS NÄCHSTE JAHR WIRD BESSER. JILL
    »Sean?«, fragt Brian.
    »Nein, Jill.«
    »Weiß sie von uns?«
    »Noch nicht«, sage ich.
    »Sie wird versuchen, mich runterzumachen. Bitte, glaub nicht, was sie erzählt. Oder Win.«
    »Warum sollten sie dich …«
    Plötzlich zieht er mich an sich und küsst mich. Seine Hände beginnen über meinen Rücken zu wandern. Ich fühle mich wieder ein bisschen benommen, aber angenehmer als von den Drinks. Irgendwelche Leute gehen an uns vorbei, auch ein Paar mittleren Alters, kopfschüttelnd. Sollen sie, mir macht es nichts aus. Aber irgendwann müssen wir auftauchen, um Luft zu holen.
    »Ich bin heute irgendwie komisch drauf, Eala«, sagt Briannach einer Weile. »Bevor ich los bin, hatte ich einen Riesenkrach mit dem Alten. Ich hab mich überall für eine Lehrstelle beworben, aber zurzeit geht einfach nichts. Ich meine, wie bescheuert ist das? Ich kann aufs College und Architektur studieren, aber ich kriege keine Lehrstelle als Zimmermann oder Schreiner, weil die wirtschaftliche Lage es nicht hergibt. Natürlich meint der Alte, ich suche nur eine billige Ausrede fürs Nichtstun. Wenn er mir so kommt, komm ich ihm mit Großvater, und schon streiten wir uns. Wir fetzen uns eigentlich nur noch – aber was soll ich dir auch noch die Stimmung vermiesen ...«
    »Nein, erzähl«, sage ich.
    Und schon ist Angie da: Das ist seine Masche, Eala – mit der Ich-bin-ja-so-unglücklich-Geschichte kocht er dich weich, und dann …
    »Mit Großvater war es so, dass er uns schrecklich vermisst hat, also damals, als wir hierhergezogen sind. Nach einer Weile ist er dann nachgekommen, aber nur ein paar Monate geblieben. In der Zeit hat er auch die Krippe in der Kathedrale gebaut. Aber irgendwie ist er doch nicht klargekommen. Er ist wieder zurückgezogen, und zwei Monate später ist er gestorben. Herzinfarkt, und da war niemand, der einen Krankenwagen hätte rufen können. Wenn wir dort gewesen wären, würde er vielleicht noch leben. Das hab ich dem Alten nie verziehen. Wenn er schwarz sagt, sag ich weiß. Das ist mein Leben. Darum bin ich so abgefuckt.«
    »Ich find dich nicht abgefuckt«, sage ich und versuche, das nagende Gefühl in meinem Bauch mit einem Witz zu überspielen. »Vom Haarschnitt mal abgesehen, meine ich.«
    »Ich kann’s gar nicht erwarten, dass sie nächsten Monatfür drei Wochen nach Marokko verschwinden. Drei Wochen ohne Zoff, ich weiß gar nicht, wie mein Kopf das aushalten soll.«
    Brian lächelt, dann steht er auf und nimmt meine Hand. Wir gehen weiter. Ich spüre seinen Arm um meine Schultern, die Wärme seines Körpers, die Stoppeln an seinem Kinn, die hin und wieder meine Stirn berühren und sich gut anfühlen. In unserem Haus brennt kein Licht, nicht mal über der Haustür. Mam schaltet es sonst ein. Heute muss sie es vergessen haben. Auch Mrs Caseys Haus ist dunkel. Weit und breit kein Polizeiauto und kein Krankenwagen. Auch Martins Mercedes ist nirgends zu sehen.
    Ich habe immer noch keine Ahnung, wann genau Martin aufgetaucht ist, um die Sache mit der Wii-Konsole zu richten. Ich weiß nur, dass er plötzlich da war und eine halbe Stunde später mit der Konsole in der Küche stand, wo Mam, Sean, Tom und ich saßen und warteten. Wir hatten abwechselnd Getrampel und lautes Stöhnen gehört und hin und wieder eine

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