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Jimmy, Jimmy

Jimmy, Jimmy

Titel: Jimmy, Jimmy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark O'Sullivan
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donnern.«
    Dann bringt er sein schweres Geschoss auf Touren und lässt uns in einer Wolke von giftigem Kohlenmonoxid zurück. Als ich wieder einatme, ist mit dem Gift auch die Erkenntnis da.
    » Du hast das Auto gefahren, das in die Ufermauer gekracht ist«, sage ich. »Die Bodenschwellen sind wegen dir da.«
    »Ich bin nicht gefahren, Eala«, sagt Brian. »Ich war mit im Auto, aber ich bin nicht gefahren, ich schwör’s.«
    Ich bin mir nicht sicher, dass ich noch laufen kann, aber als ich es versuche, scheint es zu funktionieren. Nach ein paar vorsichtigen Schritten stehe ich in unserer Einfahrt. Das ist einfach alles nicht wahr. Ich bekomme endlich ein paar Tage Liebe, und dann dieser Schlag in die Magengrube. Ich bin mit dem Typen zusammen, der für Dads Unfall verantwortlich ist, vielleicht nicht direkt, aber es war der Crashan der Ufermauer, nach dem sie die Bodenschwellen gebaut haben. Wenn es sie nicht gäbe ...
    »Wenn die Bodenschwellen nicht wären, wäre Clem Healy nicht über den Bürgersteig gefahren, und der Unfall wäre nie passiert«, sage ich wie ein Kind, das eine einfache Rechenaufgabe löst. Eins plus eins plus eins plus eins.
    »Ich schwör’s, Eala«, wiederholt Brian, aber er kommt nicht zu mir. »Ich war dumm, ein dummer Junge, der es seinem Alten zeigen wollte. Ich war blöd …« Seine Stimme wird immer leiser. »... aber ich bin nicht gefahren. Ich hab auf dem Rücksitz gesessen und …«
    Ich kann ihn nicht ansehen, nicht mal in seine Richtung schauen.
    »Woher weiß Healy davon?«
    »Sein Sohn ist gefahren, der ältere, Sham«, sagt er. »Es tut mir so leid, Eala.«
    »Dafür ist es zu spät«, sage ich und gehe weiter.
    Der Himmel feiert immer noch. Immer neue riesige Lichtersträuße tauchen auf und verschwinden. Ich bekomme kaum den Schlüssel ins Schloss, so zittern meine Finger. Als ich es endlich schaffe, öffne und schließe ich die Tür, ohne noch einmal zurückzuschauen, ob Brian überhaupt noch da ist.
    Das Haus ist still und dunkel. In der Küche bin ich nahe daran zu schreien, weil es so viel Krach macht, Dads Tabletten aus der Folie zu drücken. Mam wird bald merken, dass welche fehlen , denke ich, aber das hindert mich nicht, zwei zu nehmen, eine gegen Angstzustände und eine zum Schlafen. Und weil ich mich so elend fühle, auch noch einen der Hämmer, die sie ihm gegen die Depression verschriebenhaben. Dann gehe ich in mein Zimmer und schlüpfe in Kleidern ins Bett.
    Ich weiß, dass das nicht sein kann, aber sie steht am Fußende des Bettes: Angie. Sie sieht mich an, murmelt etwas, dann werden aus ihrer einen Stimme erst zwei und dann immer mehr. Ich weiß nicht, was sie murmeln, aber ich bin in Panik, weil ich mir sicher bin, dass es um meine Zukunft geht. Und bestimmt auch um Dads Zukunft. Um die Zukunft von uns allen. Sie wissen, was noch alles passieren wird, und sie wissen, dass es fürchterlich werden wird. Es gibt nichts, was ich oder irgendjemand sonst dagegen tun kann. Was ich bisher getan habe, hat alles nur immer schlimmer gemacht. Wie soll ich da glauben, dass ich überhaupt noch etwas tun kann?
    Ich angle nach einem meiner Kissen und schlinge die Arme darum. Hundert Angies schauen mir dabei zu und grinsen spöttisch. Soll es ein Baby sein, das du da hältst? Dein Baby, Eala?
    Ich hab solche Angst.

27
    Der Raum in meinem Kopf ist größer und geräumiger als die Schulaula. Alles, was mir Sorgen macht, schwimmt darin irgendwo in der Ferne. Es ist nicht weg, aber weit genug entfernt, dass ich nicht ständig in Panik gerate. Ich spüre eine Langsamkeit in mir, als könnte die Welt auch ganz stehen bleiben. Es geht mir nicht wirklich gut, aber ich weiß, dass es mir ohne Dads Tabletten schlechter ginge. Manchmal mache ich ein bisschen verrückte Sachen, führe halblaute Selbstgespräche oder stehe fünf Minuten an derselben Stelle, ohne einen Muskel zu bewegen oder es auch nur zu wollen. Zum Glück war ich bisher immer allein, wenn ich so einen Anfall hatte.
    Ich bin nicht zum Proben in der Aula, sondern weil es der Ort ist, wo Dad und seine Kumpel im Winter immer Fußball gespielt haben. Und heute ist sein großes Comeback. Er selbst ist allerdings nicht sehr glücklich darüber. Während der Fahrt hierher in Martins Auto hat er kaum ein Wort gesprochen, nicht mal mit Alan. Sean ist zu Hause geblieben. Wenn ich mir nicht einen ordentlichen Vorrat von Dads Tabletten ergaunert hätte, wäre ich wahrscheinlich auch nicht hier. Ich hätte nie gedacht, dass ich so

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