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Jimmy, Jimmy

Jimmy, Jimmy

Titel: Jimmy, Jimmy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark O'Sullivan
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ich.
    Und genau da läuft Dad los. Er läuft nicht schnell und scheinbar ziellos, weil er beim Versuch, den Ball zu ergattern, ständig die Richtung wechselt. Aber dann hat er ihn, und jemand versucht, ihn zu tackeln, und ich traue meinen Augen nicht, als er die Schulter ausfährt und den tackelnden Gegenspieler zu Boden stößt. Er ist noch am Ball, spielt einen Pass auf Martin, und der schießt ein Tor. Lachend geben sich die beiden ein High five.
    »Es wird ungemütlich«, sagt Alan. »Ich warte draußen.«
    »Es ist nur ein Spiel, Alan«, sage ich, aber er eilt so schnell davon, wie es ihm sein Stock erlaubt, und ich ahne, dass ich ihm besser folgen sollte.
    Dad dreht jetzt auf und rempelt jeden um, der sich ihm bei der Jagd nach dem Ball in den Weg stellt. Ich frage mich, warum Martin nicht eingreift und versucht, Dad zu beruhigen. Er weiß doch, was sonst passiert. Spätestens seit Weihnachten weiß er das.
    »Jimmy, lass es ruhig angehen!«, rufe ich.
    Pat Dillon hat er jetzt schon dreimal umgerempelt. Der rotgesichtige Bauarbeiter ist gutmütig, aber irgendwann wird es ihm reichen. Und jetzt ist es so weit: Dad kommt wieder angestürmt, und Pat steht wie ein Fels und lässt ihn auflaufen. Er sagt auch irgendetwas, aber was, kann ich nicht verstehen. In Gedanken bin ich blitzschnell auf den Füßen und rufe, dass sie aufhören sollen, aber in Wirklichkeit sitze ich immer noch auf der Bank am Spielfeldrand und versuche, in Gang zu kommen. So was passiert mir nicht zum ersten Mal, seit ich Dads Tabletten nehme.
    »Was hast du gesagt?«, fragt Dad mit geballten Fäusten.
    »Nichts, Jimmy.«
    »Ich hab mich nicht mehr im Griff, oder wie?«
    Ich komme bei den beiden an, als auch Martin dazwischenzugehen versucht. Zu spät. Dad hat sich schon vor Pat aufgebaut und verpasst ihm einen Kopfstoß vor die Brust. Ich stehe wie vom Donner gerührt und denke: Das war der berühmte Kopfstoß von Zinédine Zidane im WM -Finale von 2006 , während Pat nach hinten umkippt und auf dem Boden liegen bleibt. Dad holt aus und tritt ihm mit voller Wucht in den Magen, und bevor jemand eingreifen kann, verfehlt ein zweiter Tritt nur knapp Pats Kopf. Sogarein drittes Mal schafft es Dad zuzutreten, bevor Martin ihn wegziehen kann. Der letzte Tritt ist brutal auf Pats Schulter gelandet.
    »Er hat angefangen«, sagt Dad. »Ich wollte nicht …«
    Aber Martin führt ihn weg und spricht leise auf ihn ein, beruhigt ihn. Die anderen Spieler helfen Pat Dillon auf, und er hält sich die Schulter. So wie er das Gesicht verzieht, muss es heftig wehtun.
    »Tut mir leid, Pat«, sage ich.
    »Nicht deine Schuld, Eala«, sagt er.
    »Du meldest das aber nicht, oder? Du zeigst ihn nicht an? Bitte tu’s nicht!«
    Er antwortet nicht, aber vielleicht nur, weil der Schmerz so heftig ist, dass er es nicht kann. Er geht auf seine Kumpel gestützt in Richtung Umkleidekabine.
    »Das Schlüsselbein«, höre ich einen von ihnen sagen. »Wahrscheinlich ist es gebrochen.«
    Dann erhasche ich einen kurzen Blick von Dad, der mit hängenden Schultern ebenfalls in der Umkleidekabine verschwindet. Alle paar Schritte zieht er den Fuß nach, wie immer eigentlich, aber jetzt erinnere ich mich plötzlich, warum mir der komische Gang vom ersten Moment an so vertraut vorkam. Ich kenne ihn von der Zidane-DVD.
    Es ist ein Dokumentarfilm mit dem Titel Zidane: A 21st Century Portrait , in dem siebzehn Kameras jede seiner Bewegungen im Verlauf eines einzigen Spiels im Jahr 2005 festhalten. Er spielt für Real Madrid gegen Villareal. Im Bernabéu. Die Kameras zeigen oft lange nur seine Füße, und irgendwann fangen sie etwas ein, was man nicht erwartet: Zidane zieht alle paar Schritte die eine Schuhspitze durchs Gras. Ich stehe mitten in der Aula unserer Schuleund sehe es deutlich vor mir. Dad und Zinédine Zidane – aber was hat das zu bedeuten? Bedeutet es überhaupt etwas? Ich gehe zur Eingangstür und trete ins Freie. Alan steht auf seinen Stock gestützt neben Martins Auto und redet leise mit sich selbst.
    Die Abendluft ist kalt. Der Frost auf den Rasenflächen glitzert im Licht der Bodenlampen neben dem Weg zum Schultor. Über mir recken die Bäume ihre Zweige in den Himmel. Die Zweige sind kahl bis auf wenige Blätter, die ich zaghaft rascheln höre. Ich frage mich, ob erst alle Blätter abfallen müssen, bevor ein Baum wieder Knospen treibt. Dann sehe ich Martin ins Freie kommen. Er hat das Handy am Ohr und spricht. Mit Mam?
    Der Nächste, der herauskommt, ist Dad. Seinen

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