Jinx - der verfluchte Liebeszauber
bettelarm ,
auch wenn Courtney sich immer darüber aufregte, dass sie die Sachen auftragen musste, aus denen ich herausgewachsen war. Aber es können sich nun mal nicht alle Familien leisten, ihren Kindern ständig neue Klamotten zu kaufen …
Allerdings tat ich es dann doch nicht. Ihr eine zu knallen, meine ich. Ich hatte in meinem Leben noch nie jemanden geschlagen und würde bestimmt nicht bei Tory damit anfangen, ganz egal wie sehr sie mich provozierte.
Trotzdem kann ich nicht leugnen, dass in mir der Wunsch aufkam, sie zu verletzen … ihr so richtig wehzutun.
Und dafür schämte ich mich furchtbar. Weil ich spürte, dass sie bereits verletzt war. Innerlich. Von Wunden, die sie sich selbst zugefügt hatte. Ich hatte keine Ahnung, warum Tory so unsicher war, aber nichts anderes als eine tief sitzende Unsicherheit konnte der Grund für das sein, was sie Paula angetan hatte – oder zumindest anzutun versucht hatte. Das, was unsere Großmutter uns über unsere Urahnin Branwen erzählt hatte, war bei Tory aus irgendeinem Grund zur fixen Idee geworden. Sie klammerte sich daran wie an einen Rettungsring, weil sie das Gefühl hatte, nichts anderes zu haben, an dem sie sich festhalten konnte. Sie liebte sich selbst nicht genug, um … na ja, um einfach sie selbst zu sein.
Woher ich das alles so genau wusste? Weil ich dieses Gefühl nur zu gut kannte.
Allerdings wusste ich auch nur zu gut, wohin es führen konnte.
Trotzdem verstand ich nicht, wie es bei ihr dazu gekommen war.
»Was ist passiert, Tory?«, fragte ich sanft. »Vor fünf Jahren warst du noch ganz anders. Was ist passiert, dass du so … so gemein geworden bist?«
Tory verengte die Augen. »Vor fünf Jahren? Du meinst, als ich noch das unbeliebteste Mädchen der ganzen Schule war, fett und langweilig und bloß die Fußmatte für alle anderen Mädchen, die immer auf mir rumtrampelten? Als ich von den Jungs nur angesprochen wurde, wenn sie die Hausaufgaben von mir abschreiben wollten? Ich kann dir sagen, was mit mir passiert ist, Jinx. Als Grandma mir von Branwen erzählt hat, ist mir klar geworden, dass in meinen Adern das Blut einer Hexe fließt und dass ich Macht habe … wirkliche Macht. Ich kann andere Menschen dazu bringen, Dinge zu tun, die ich von ihnen will… und ich kann sie vernichten, wenn sie sich mir in den Weg stellen. Mir ist bewusst geworden, dass ich endlich die Kontrolle übernehmen muss … über mein Leben, verstehst du? Über mein Schicksal.«
»Ach so«, sagte ich sarkastisch. »Deswegen ziehst du dir also diese ganzen Pillen rein? Um Kontrolle über dein Leben zu übernehmen.«
Tory sah mich kalt an. »Gott«, schnaubte sie. »Du bist echt noch ein Kind. Ich hätte wissen müssen, dass du das nicht kapierst.«
Es hatte keinen Zweck, weiter mir ihr zu reden. Ich griff nach meinem Buch und Paulas Foto und wandte mich zum Gehen.
An der Tür drehte ich mich noch einmal um und versuchte es ein letztes Mal. »Und was Zack betrifft …«
Tory funkelte mich wütend an. »Was ist mit ihm?« Ich hätte einfach gehen sollen. Es hatte sowieso keinen Sinn. Aber ich konnte nicht. Dafür hatte mich die Bemerkung über meine Eltern zu sehr getroffen.
»Hör auf, mit der Nadel in seinem Kopf rumzustochern«, sagte ich.
»Ach ja?« Tory stellte ein Bein vor und stemmte eine Hand in die Hüfte. »Und was, wenn nicht?«
»Du vergeudest nur deine Zeit.«
»Glaubst du, ja?« Torys Stimme war jetzt nicht mehr spöttisch, sondern voller Hass. Tödlichem Hass. »Warten wir es doch einfach mal ab, okay? Mal sehen, ob du immer noch sagst, dass ich meine Zeit vergeudet habe, wenn Zack erst mal mit mir zusammen ist – und nicht mit Paula oder etwa mit dir , auch wenn du das vielleicht hoffst. Denn ganz egal, wie sehr du dich an ihn ranschmeißt und mit ihm über ›Eine himmlische Familie‹ quatschst oder was auch immer ihr für einen Schwachsinn macht – Zack wird bald mir gehören. Ich bin diejenige mit der Gabe. Du hast vielleicht die roten Haare geerbt, Jinx, aber ich habe die Zauberkräfte. Die Ur-Ur-Ur-Urenkelin, von der Branwen damals gesprochen hat, bin ich, da bin ich mir jetzt ganz sicher. Und weißt du, warum? Weil ich im Gegensatz zu dir keine Angst habe, die Gabe zu nutzen.«
Ich dachte an die Verkäuferin aus dem Laden für Hexereibedarf, an ihr freundliches »Sei gesegnet, Schwester«
und die Kette mit dem Pentagramm, die sie mir geschenkt hatte (und die jetzt um meinen Hals hing). Sie war eine vollkommen andere
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