Jinx und der magische Urwald (German Edition)
Viertel der Menschen, von denen sie umzingelt waren, außer Gefecht gesetzt hatte.
Jinx sah zum Tempel. Rot gewandete Menschen standen im Eingang und schauten zu.
»Wir müssen abhauen«, sagte Simon auf Urwisch. Langsam erhob er sich, ohne den Blick von seinen Feinden zu lösen.
Noch nie in seinem Leben hatte Jinx größere Lust gehabt abzuhauen.
Er hörte Hufgetrappel, und viel schneller, als er es für möglich gehalten hätte, kamen gepanzerte Männer mit Pferden auf den Platz geritten. Die Menschenmenge stob auseinander. Simon packte Jinx am Arm und rannte direkt auf die heranpreschende Armee zu.
Direkt auf die Reiter zu? Das war Wahnsinn! Jinx wollte nicht mit. Er stemmte sich dagegen, aber er musste sich von Simon weiterzerren lassen, denn er konnte es nicht riskieren, hinzufallen und von den Pferden totgetrampelt zu werden. Dann waren Simon und er von Pferden umgeben. Doch es roch nicht nach Pferd, und Jinx spürte keine Berührung.
»Eine Illusion«, sagte Jinx laut.
»Halt den Rand und renn!« Simon keuchte.
Sie rannten, und nach ein oder zwei Minuten hörten sie schnelle Schritte hinter sich. Simons Trugbild der Reiter hatte sich nicht gehalten, oder vielleicht hatten die Menschen begriffen, dass es nur ein Trugbild war. Sie bogen um eine Ecke, dann noch eine.
Nichts in der Straße, in der sie jetzt waren, kam Jinx bekannt vor, aber Simon rannte auf eine blauviolette Tür zu und öffnete sie. Dann waren sie im Haus, in dem verstaubten, unbenutzten Wohnzimmer.
Simon knallte die Tür zu, fiel dagegen, und beide versuchten keuchend wieder zu Atem zu kommen.
Auf Leben und Tod
J inx konnte als Erster wieder sprechen. »Was war …«
»Du Dummkopf!« Simon lehnte immer noch an der Tür. »Wie konntest du … wie konntest du …« Er hatte nicht genug Atem, um weiterzusprechen.
»Ich bin kein Dummkopf«, sagte Jinx. »Das war der Ort, aus dem Sophie stammt. Samara. Wo
war
das?«
Er wusste, dass der Ort hinter der Tür lag. Aber jetzt waren sie wieder in Simons Haus.
»Geh. In die Küche.« Simon sprach mit zusammengebissenen Zähnen.
»Kann ich die Bücher da anschauen?«
Simon gab keine Antwort, und Jinx fragte lieber nicht weiter.
Er ging zu der Wand, streckte die Hand nach der Tür aus und öffnete sie.
»Wie hast du das gemacht?«, fragte Simon hinter ihm. Seine Stimme klang gepresst, Jinx bekam Angst.
»Ich
weiß
, dass sie da ist«, sagte Jinx.
Simon gab keine Antwort, und Jinx ging schnell in die Küche, er wollte nur weg. Simon wurde nur selten richtig wütend auf Jinx – nicht so wie jetzt. Normalerweise war er nur mürrisch.
In der Küche ging Jinx geradewegs zur Haustür, als Simon sagte: »Jinx, komm mal her.«
Etwas in seiner Stimme klang nicht richtig. Jinx blieb stehen und drehte sich um. Simon saß auf den Stufen vorm Ofen.
»Schau dir das mal an, und sag mir, wie schlimm es ist«, sagte Simon.
Eine plötzliche kalte Angstwelle erfasste Jinx, als hätte er Eis verschluckt. Vom Flur bis zu der Stufe, auf der Simon saß, führte eine Spur aus dunkelroten Tropfen. Jinx ging zu Simon, der hilflos auf einen Punkt an seiner Schulter zeigte. Voller Angst, was er zu sehen bekam, schaute Jinx hin. Auf der Rückseite von Simons lilafarbenem Umhang war ein Fleck, der immer größer wurde.
»Ich … ich weiß nicht. Du musst den Umhang ausziehen«, sagte Jinx. Seine Stimme klang genauso laut und fremd wie im Tempel des Wissens. Es war, als wäre die Wirklichkeit aus dem Zimmer gesaugt worden.
»Zieh mal am Ärmel.«
Jinx zog und half Simon aus dem Umhang. Das Hemd, das er darunter trug, war blutdurchtränkt.
»Ich … ich glaub, ich schneide dich am besten aus dem Hemd«, sagte Jinx.
»Drück erst den Ärmel gegen die Wunde. Versuch die Blutung zu stoppen.«
Jinx knüllte einen Ärmel des lila Umhangs zusammen und drückte ihn gegen die Stelle, an der er die Wunde vermutete, direkt unter Simons linkem Schulterblatt. In einem von Simons Büchern hatte Jinx Bilder vom Inneren des Menschen gesehen. Ob das Herz bei Zauberern wohl an derselben Stelle saß wie bei normalen Menschen?
»Drück fester«, sagte Simon.
Jinx presste, so fest er konnte. Das Blut sickerte hindurch auf seine Hand. Er hätte die Zeit so gern zurückgedreht auf den Morgen dieses Tages, noch mal neu angefangen und alles ganz anders gemacht.
»Du hast doch gesagt, die Wachen können dir nichts anhaben.«
»Gelogen«, sagte Simon nur.
»Simon!«
Jinx war so froh, diese Stimme zu hören.
Wie eine
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