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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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des Schreibtisches. »Du musst uns jetzt entschuldigen, da wir – wie Robert schon sagte – spät dran sind.«
    »Du kannst sie doch nicht einfach … Ich meine, wohin wollt ihr eigentlich mit ihr?«
    Galba hob die Augenbrauen. »Hast du etwa vergessen, welcher Tag heute ist?«
    »Tag?« Lord Cummings war irritiert.
    »Es ist Sonntag, wie ich eingangs bemerkte. Wir gehen in die Kirche. Ich wünsche dir noch einen angenehmen Tag.«

31
    Die Droschke wartete am Bordstein auf sie. Annique folgte Galba schicklich die Stufen hinunter und zuckte nicht ein Mal mit der Wimper, obwohl sie vor Erheiterung hätte platzen können. Grey hielt den Schlag auf, und Galba war ihr beim Einsteigen behilflich.
    »Die Männer sind auf ihren Posten?« Grey schlüpfte neben sie. Als sich die Kutsche in Bewegung setzte, öffnete er eine Klappe in den Polstern, holte eine Waffe hervor, überprüfte sie und legte sie zurück. Dann langte er an ihr vorbei und machte dasselbe auf der anderen Seite. Dieser Fiaker war wirklich außerordentlich gut mit Waffen bestückt. Auch in Greys Jacke steckte eine. Sie spürte sie, als sie gegen ihren Oberschenkel schlug.
    »Will ist schon seit fünf auf den Beinen. Er hat mir versichert, dass wir angemessenen Schutz haben.« Galbas mächtiger Leib füllte den Sitz schräg gegenüber aus. Sie hätte ihn nicht fett nennen dürfen. Er war einfach nur jemand, der etwas mehr Raum beanspruchte, wie ein alter Baum, dessen Stamm noch voller Saft und Kraft war. Seine Waffe, die aus seiner Jackentasche hervorblitzte, war klein.
    »Nun, das war recht amüsant.« Während die Kutsche fuhr, suchte Grey mit systematischem Blick die rechte Straßenseite ab. Galba behielt die linke im Auge. »Annique war nicht das, was er erwartet hatte.«
    »Reams ist ein Idiot.«
    »Was auch immer noch geschieht, Cummings wird Reams die Hölle dafür heißmachen, dass Sie ihn wie einen Trottel haben aussehen lassen. Annique, warum hast du gesagt, der Verräter säße in Reams’ Büro?«
    Er sah ihr direkt in die Augen. Schlagartig wurde sie daran erinnert, dass Grey nicht nur ihr Liebhaber, sondern auch der Chef der Abteilung England und der Vorgesetzte zahlreicher Spione war. Sie musste sich auf der Stelle überlegen, welche Informationen sie den Briten gab.
    Unter den Hufen der Pferde gingen gute hundert Meter dahin. Taten sich etwa schon die Abgründe des Verrats auf? Kleine und unwichtige Enthüllungen, aber auch größere? Das trübe Wasser, in dem sie watete, wurde immer tiefer.
    Doch sie hatte keine Wahl, außer, ihr stand der Sinn danach, Colonel Reams’ interessante Kellerräume zu besuchen. »In einem Punkt liegt Seine Lordschaft falsch. Nicht Vauban stand in Kontakt zu dem Verräter in Eurem Inlandsgeheimdienst, sondern Leblanc.«
    Grey und Galba schwiegen. Bei Verhören ist Schweigen eine mächtige Waffe. Nachdem weitere hundert Meter verflogen waren, eröffnete sie: »Unser Spion sitzt in Reams’ Büro. Er ist schon seit drei Jahren für Frankreich tätig und ließ sich nur des Geldes wegen anheuern. Wir haben ihm Hunderte und Aberhunderte Pfund über ein Konto bei der Hoare’s Bank zukommen lassen. Sein Name ist Frederick Tillman.«
    Wie ein Boxer versetzte Grey dem Kissen neben sich einen kräftigen Hieb. »Wir haben ihn! Wir haben den Mistkerl! Tillman, Reams’ Schwager, Himmelherrgott. Sein Stellvertreter.« Er grinste grimmig mit zusammengepressten Lippen. »Das wird Reams zu Fall bringen.«
    Galba lächelte.
    Die beiden waren sehr zufrieden. Mit einer kleinen Enthüllung hatte sie sich ein wenig Sicherheit erkauft. Ihre Freude hielt sich allerdings stark in Grenzen.
    Jetzt hatte es also angefangen. Nicht mit der dramatischen Entscheidung, die Geheimnisse der Albion-Pläne zu lüften, sondern nur mit dem Namen einer ziemlich unwichtigen, gierigen Ratte. Die Briten würden ihr ein Geheimnis nach dem anderen entlocken, mal aus diesem, mal aus jenem Grunde, bis sie sie völlig zu ihrem Werkzeug gemacht hatten. Sie wusste, wie so etwas vor sich ging. Was Entschlossenheit oder auch Raffinesse anging, konnte sie mit diesen Männern nicht mithalten.
    Grey musste sie nur kurz anschauen, um zu erkennen, was in ihr vorging. »Das ist kein unbedeutender kleiner Anfang, Annique. Du weißt genau, was du tust.«
    Das stimmte, und deshalb fühlte sie sich besser. In Fouchés Akten in Paris lief Tillman unter nicht vertrauenswürdig und austauschbar. Er hatte ausgedient. Jeder französische Agent – in Bedrängnis – konnte

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