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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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ist. Glaubst du etwa, sie sitzt irgendwo im Quartier Latin herum und wartet Däumchen drehend auf dich? Auch wenn sie nicht bei dem Engländer ist, wird sie zum Kanal gehen. Sie will zu Soulier, weil sie sich dort sicher glaubt.«
    Henri blieb stur. »Ich denke – «
    »Du denkst überhaupt nichts. Pfui Teufel. Bin ich nur von Idioten umgeben?«
    Die Situation entglitt ihm allmählich. Selbst in diesem Augenblick könnte Annique geschlagen vor dem Engländer zu Kreuze kriechen und ihm alles verraten, was er wissen wollte. Auch über Brügge.
    Die Karte knisterte, als er die Faust über der Normandie ballte. Das war keine Katastrophe. Nein, keine Katastrophe. Er würde sie wie Käfer hochnehmen. Der Engländer wäre gestoppt. Selbst wenn er irgendeine absurde Geschichte über Brügge erzählen sollte … wer glaubte denn schon dem Gefasel eines englischen Spions? Man könnte alles für weit hergeholt erklären, Punkt für Punkt. Jedem, der darüber sprach, konnte der Mund gestopft werden.
    Und wenn er die Albion-Pläne schon hatte … ventre bleu , ein cleverer Mann konnte Gold in unbegrenzter Höhe für diese Pläne fordern.
    Es würde anders laufen als in Brügge, wo er um seine ganze Arbeit und all seine Pläne betrogen worden war. Und wofür? Eine Handvoll Münzen. Lächerlich. Eine Beleidigung für das Gold.
    Er presste den Daumen auf die Stadt Rouen und wies auf die Straße zur Küste. »Du postierst Patrouillen und zwar hier, hier … und hier. Durchsucht alles, was sich bewegt.«
    »Wir können doch nicht jede … «
    »Halt nach einer blinden Frau Ausschau. Herrgott noch mal, das dürfte selbst für dich zu schaffen sein.«
    Die Albion-Pläne hatten sich in Brügge in Luft aufgelöst. Er hatte das ganze Wirtshaus auseinandergenommen, um sie zu finden. Diesmal würden sie ihm nicht durch die Lappen gehen, und wenn er sie dieser Nutte eigenhändig aus dem Leib schneiden musste.
    »Ich werde die Patrouillen aussenden.« Henri nickte knapp, frech. Noch so eine Ungehörigkeit, für die er eines Tages bezahlen müsste.
    Er würde die von Henri geschaffene Misere verwerten und die Invasionspläne zurückholen … und Annique Villiers zum Schweigen bringen. Wenn sie erst tot war, wäre er sicher.
    »Hier … und in diesem Gebiet … errichtest du Zollstellen. Lass unsere Leute zur Abwechslung mal was Nützliches tun. Schick sie hierhin.« Seine Finger spreizten sich spinnenartig über die in den blau getünchten Bereich, der den Kanal markierte, geschriebenen Namen. Dies waren die Dörfer; winzige, nach Fisch stinkende Dörfer, mit je fünfzig Hütten und drei Dutzend umgedreht im Sand liegenden Booten. »Sie kennt die Küste seit der Vendée . Unter den Schmugglern fand sie Verbündete, Männer, deren Namen in ihren Berichten fehlten. Dorthin geht sie, falls sie frei ist.« Er ließ sich abrupt in den Stuhl fallen, zog ein Seidentuch aus der Tasche und wischte sich die Stirn ab. Der Raum war zu warm. »Sofern sie nicht damit rechnet, dass ich sie suche. Vielleicht … « Er blickte finster auf den Süden. »Wenn wir die Patrouillen hier verteilen … «
    Henri starrte das Ölgemälde an, welches an der goldroten Wand des Salons hing und einen Landstrich darstellte, der einst dem Bürgermeister von Paris gehört hatte. »Möglichkeiten über Möglichkeiten.«
    Er würde sich um Henri kümmern. Oh ja, er würde sich todsicher um diese Respektlosigkeiten kümmern. »Geh. Geh schon. Und sorg dafür, dass ich alle Papiere erhalte, die sie bei sich hat. Ungeöffnet. Nur ich. Verstanden?«
    »Nur Ihr. Ungeöffnet. Natürlich.« Henri hielt sich für gerissen. Sollte er es jedoch wagen, einen Blick in die Albion-Pläne zu werfen, würde er ganz schnell merken, wie entbehrlich er war. »Was ist mit Annique?«
    »Nimm sie dir, wenn du mit der Hinterlassenschaft eines Engländers vorliebnehmen möchtest. Setze sie als Belohnung für die Männer ein, die sie aufstöbern. Danach bring sie zu mir.«
    »Und der Engländer?«
    »Umbringen.«

10
    Annique, die neben ihm auf dem Kutschbock saß, hatte nun schon seit fast einer Stunde nicht einen Laut von sich gegeben. Was schließlich doch ihr Schweigen brach, war der von Doyle in einem sehr verletzten Ton vorgetragene Hinweis, sie müsste nicht den ganzen Weg nach Calais so mit dem Arsch herumrutschen. Er würde ihr schon nicht auf die Pelle rücken. Der gekränkte Tonfall und das vulgäre Wort untergruben ihre Entschlossenheit schließlich. Obwohl sie ihre Lippen fest

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