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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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aufeinanderpresste, konnte sie das Kichern nicht unterdrücken.
    »Schon besser«, stellte Doyle zufrieden fest. »Hab mich schon gefragt, ob Ihr je mit mir reden würdet.«
    »Mir ist nicht nach Reden zumute. Wegen der Entführung, versteht Ihr?«
    »Wir haben Euch ziemlich verwirrt, stimmt’s?«
    »In der Tat. Außerdem mag ich diese Höhe nicht.« Der Fahrersitz war ungepolstert und weit, sehr weit vom Boden entfernt. Bei jeder Unebenheit gab es einen Ruck. Sie konnte die Wagenspuren und Schlaglöcher nicht kommen sehen, also musste sie sich gut festhalten. Das Geländer neben dem Sitz hatte schon tiefe Abdrücke auf ihren Fingern hinterlassen. Am Ende des Tages würde sie ziemlich wund und völlig erschöpft sein, was ohne Zweifel Sinn der Sache war. Sie wäre in keiner guten Verfassung für einen nächtlichen Fluchtversuch. Grey hatte ihr, wie man so schön sagte, in die Suppe gespuckt.
    Die Kutsche schwankte wie wild. Sie hielt sich noch fester. »Ziemlich wackelig, diese Kutsche.«
    »Ich lass Euch schon nicht runterfallen.« Doyle hatte so einen wundervollen Akzent. Niemand außer einem geborenen Franzosen würde es wagen, so ein scheußliches Französisch zu sprechen. »War alles in allem etwas schwierig, Euch zu kriegen. Versteht Ihr was von Pferden, Miss?«
    Sie hatte Monsieur Doyle in die hinterste Ecke ihres Gedächtnisses gesteckt. Er hatte viele Namen. Ihre Mutter hatte sie vor langer Zeit in Wien auf ihn hingewiesen und gesagt, sie sollte ihn meiden, weil er so beharrlich und zäh wie ein Terrier und wahrscheinlich der beste noch lebende Spion da draußen wäre.
    »Nicht gerade viel«, antwortete sie.
    »Dann lassen wir Euch arbeiten, und ich kann mich etwas ausruhen. Ihr müsst nur … Genau. Ihr müsst nur das hier nehmen.«
    Er drückte ihr etwas in die Hand. Dann begriff sie, dass es die Zügel waren und die Pferde jetzt durch die Gegend trabten, ohne von irgendetwas anderem als ihren Händen an diesen schmalen Lederriemen gelenkt zu werden.
    Seit sie denken konnte, hatte das Leben sie mit Unerwartetem konfrontiert. Sie packte die Zügel, als hielte sie die Leinen eines Schiffs mitten auf dem Atlantik. » Nom de Dieu .«
    »Wollt Ihr wohl nicht so an den Zügeln zerren. Das macht die Gäule nervös. Ihr müsst die Riemen nur schön locker halten. Eigentlich soll man sie in eine Hand nehmen, aber fangen wir erst mal mit zweien an. Ihr nehmt … « Er legte einen Arm um sie und ergriff ihre Hände. »Nein, lasst die Finger da weg. Ich zeige es Euch. Ihr nehmt die Zügel so … der muss hier durch, seht Ihr?«
    »Würdet Ihr sie wieder nehmen? Bitte.«
    Er ordnete die Leinen in ihren Händen, bis sie mit ihren Fingern verwoben waren. »Der hier«, er rupfte ihr einen Zügel aus den Fingern, »kommt nach links. Der auf der linken Seite ist ’n schlecht gelaunter Teufel. Ich nenn ihn Nancy, weil er nicht mehr ganz, wie würdet Ihr sagen, vollständig untenrum ist. Old Nan ist ganz groß darin, nach einem zu schnappen, wenn er Aufmerksamkeit will. Nun, angenommen, Ihr wollt nach links – was nicht heißen soll, dass Ihr’s jetzt wollt, aber wenn’s mal so wär – , dann zieht Ihr schön gleichmäßig an dieser Leine. Merkt Ihr das?«
    »Doyle.« Sie klammerte sich kläglich an den albtraumartigen Gedanken, die Pferde könnten durchgehen. »Möglicherweise ist Ihnen entgangen, dass ich blind wie ein Maulwurf bin.«
    »Ja, Miss. Diese Leine hier, die quer über Eure Handfläche geht wie – «
    »Blind zu sein, Monsieur Doyle, bedeutet nicht nur, dass einem der Anblick des wunderbar blauen Himmels und der Felder, an denen wir vorbeikommen, vorenthalten wird, sondern dass man nicht einmal einfache und praktische Dinge tun kann. Wie zum Beispiel Kutsche fahren. Eine Tatsache, die für sich selbst spricht.«
    »Der Herr liebt Euch, Miss, Ihr müsst die Zügel nicht sehen können, um sie festzuhalten. Denn ich fahr auch meist mit geschlossenen Augen rum, weil ich ein Nickerchen mach. Die Pferde machen alles allein. Der Trick ist, sich zu merken, welche Leine was ist, damit man antworten kann, sollte mal jemand heraufgeklettert kommen und fragen.«
    Sie umklammerte das Leder so fest, bis ihr die Finger wehtaten. Das war nicht ein einzelnes, ruhiges Romapferd vor einem kleinen knarrenden Wagen, das Einzige, was sie je im Leben gefahren war. »Ich halte das für eine höchst abwegige Idee.«
    »Ist die beste Art für Euch, vorwärtszukommen, Miss, zu fahren, wenn Ihr mir den Rat gestattet. Es geht nichts

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