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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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wetterte Grey mit dem knackigen Akzent eines Städters. »Früher war es noch nicht so schlimm. Fritz, ich kann dir sagen, die Franzosen haben sich verändert, und das nicht zum Besseren. In Paris weiß niemand meine Arbeit zu schätzen. Hier kommt noch so ein Trupp Tölpel in Uniform und hält uns auf.« Er hielt sie weiterhin im Arm und vermittelte ihr etwas von seiner unbeugsamen Sturheit.
    Als sie standen, drückte Grey sie noch einmal kurz und schwang dann die Kutschtür auf. »Herrschaften, kann ich Ihnen behilflich sein?« Nun sprach er ein Pariser Französisch mit einem starken deutschen Akzent, wobei seine Stimme auch diesmal nicht nach ihm klang.
    Adrian berührte sie am Arm, damit sie wusste, wo er war, sodass sie sich wenigstens darüber keine Sorgen zu machen brauchte. »Wir halten nur für eine Minute. Karl wird sich darum kümmern, Adelina.« Sein Deutsch war genauso fehlerlos wie ihres, sein Akzent echt genug. Er flüsterte ihr ins Ohr: »Vertraut ihm. Er bringt uns hier raus. Er scheitert nie.«
    Adrian ging es wohl besser, dachte sie. Seine Stimme klang kräftig, und sein Arm, der ihr etwas Sicherheit vermittelte, war frei von fiebriger Hitze. Er war wie ein zähes Wildtier, dieser Kerl. Er würde überleben, wenn sie nicht zufällig alle von den Gendarmen erschossen wurden. Sie wollte, dass die Rettung von Adrians Leben nicht nur ein flüchtiger Erfolg blieb.
    Adrian flüsterte weiter. Ein deutsches Flüstern. »Sie haben keinen Verdacht geschöpft. Sieht nur nach einer Routinekontrolle der Papiere aus. Sieben Mann. Örtliche Truppen, alle mit geschulterten Waffen. Hängen gelangweilt in den Sätteln. Solange sie nicht irgendetwas entdecken, sind wir sicher. Im Augenblick will keiner von ihnen Bayern beleidigen. Sieht so aus, als hätten sie gerade zu Mittag gegessen. Sie werden gute Laune haben.«
    Wie oft hatte sie das schon getan, Soldaten einschätzen, mit einem überzeugenden Lächeln gefälschte Papiere vorzeigen? Zu Vaubans Zeiten hatte sie genau so einer Gruppe angehört. Sie erinnerte sich daran, wie es sich anfühlte, wenn fünf oder sechs von ihnen zu einer Einheit verschmolzen und sich gegenseitig auf ihren Verstand und ihre Fähigkeiten verließen. Dieses Gefühl lebte jetzt wieder auf. Als Grey auf die Soldaten zuspazierte, konzentrierte sich ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihn. Sie wartete auf ihr Stichwort.
    Es tat gut, wieder an solchen Dingen teilzuhaben, und sie spürte, wie Grey all ihre Konzentration auf sich zog.
    Einige der Gendarmen waren abgestiegen, um mit ihm zu reden. Sie hörte Stiefel im Staub der Straße scharren. Inmitten von stapfenden Hufen schaffte Grey es, nach einem steifen, herablassenden Professor zu klingen, einem aufgeblasenen Mann, der in seiner kleinen Welt sehr bedeutend war. »Papiere? Natürlich könnt Ihr die Papiere sehen. Josef, reich mir doch mal die rote Kiste herunter, die Cordoba. Ich verstehe nicht, warum man hier Reisende aufhält, mitten in – «
    Einer der Gendarmen erklärte es höflich. Er sprach langsam, wie man es bei Leuten machte, denen nicht das große Glück zuteilgeworden war, Franzosen zu sein.
    Grey bemerkte: »Wir sehen doch wohl kaum wie Schmuggler aus, guter Mann. Darf ich Euch erzählen, dass wir in München gar keine Schmuggler haben, und wenn Ihr nur … Ja, Josef, genau die.«
    Adrian sagte leise: »Ihr seid zu hübsch, Annique. Der Leutnant hat Euch entdeckt. Er kommt auf uns zu … voller Bewunderung. Oh, oh!«
    »Wenn Grey nicht möchte, dass mich ein Leutnant anschaut, sollte er mich nicht in so ein Kleid stecken. Ich muss aus der Kutsche raus, um unter seiner Augenhöhe zu sein. Schafft Ihr das?«
    »Natürlich«, schaltete Adrian sofort auf Deutsch um. Sie wusste nicht, ob es einfach war, ihr aus der Kutsche zu helfen oder nicht. Es spielte auch keine Rolle. Das Wichtigste war, dass der Gendarm nichts von ihrer Blindheit bemerkte.
    Natürlich spielte Adrian seine Rolle sehr gekonnt. Man würde nur sehen, wie er sich eifrig um sie bemühte. Dass er den Gendarmen mit seinem Körper die Sicht nahm und ihr einen Platz neben der Kutsche aussuchte, wo sie diese zwar berühren, aber niemand hinter ihr auftauchen konnte, bemerkte keiner. Von Nutzen war auch, dass junge Damen wie Dummköpfe behandelt wurden, sodass es nicht ungewöhnlich schien, wenn er ihr nicht von der Seite wich. Er lehnte sich neben ihr an die Kutsche; wahrscheinlich um sich abzustützen. So kurz nachdem die Kugel herausgeholt worden war, musste er noch

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