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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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schwach sein. Drei Tage, vier … Sie wusste nicht, wie lange es her war.
    »Der Unterpräfekt in Rouen hat den Laissez-passer selbst unterschrieben«, erklärte Grey gerade. »Ein angenehmer Mensch. Er hatte großes Interesse an meinen Berechnungen bezüglich der Lichtbrechung in Flüssigkeiten. Ich habe ihm eine Abschrift des Vortrags zukommen lassen, den ich in Würzburg über dieses Thema gehalten habe. Er hat meine Reisedokumente höchstpersönlich versiegelt. Unmöglich, dass irgendetwas mit ihnen nicht stimmt.«
    »Es ist nicht so, dass die Papiere nicht in Ordnung wären«, erwiderte der Gendarm sehr geduldig. »Doch der Reisestempel von Marley-le-Grand fehlt.«
    »Reisestempel? Was ist das für ein Reisestempel? Man hat mir nichts von Reisestempeln erzählt.«
    Ein Paar Stiefel, in denen zweifelsohne der bewundernde Leutnant steckte, näherten sich. Sie hielt die Augen gesenkt und legte eine Hand flach auf den Bauch. »Ich glaube, ich muss mich übergeben.« Sie sprach mit fester, tragender Stimme deutsch. »Mir ging es besser, als die Kutsche noch fuhr. Zumindest war dann ein wenig Wind.«
    »Oje.« Adrian zeigte sich der Lage gewachsen. »Armes Adelinachen. Meinst du, es würde dir helfen, wenn du etwas trinkst?«
    Sie schüttelte energisch den Kopf, und die Hand auf ihrem Bauch wurde ganz subtil zur unmissverständlichen, seit Urzeiten geltenden Geste des Beschützens eines ungeborenen Kindes. Keinem dieser Männer würde die Bedeutung entgehen. Normalerweise waren französische Gendarmen mutig wie Löwen, aber es musste schon ein sehr tapferer Leutnant sein, der es wagte, eine von morgendlicher Übelkeit geplagte Frau zu sehr zu belästigen.
    »Vielleicht etwas Brot? Oder ein trockener Keks? Ich bin sicher, wir haben noch irgendwo Kekse.« Adrian amüsierte sich. Sie hatte Männer wie ihn kennengelernt, brillante Spione und eine echte Plage für alle, die mit ihnen zusammenarbeiten mussten.
    »Bitte rede nicht von Essen. Das macht es noch schlimmer. Wie lange werden wir hier halten, Fritz?«
    Seit dem letzten Jahrzehnt hatte Frankreich mit mehreren deutschsprachigen Ländern Krieg geführt. Die Chance, dass irgendeiner aus dieser Truppe wenigstens ein bisschen deutsch sprach, war recht groß. Und am wahrscheinlichsten war es bei einem Mann, dem Leutnant, dessen Schritte zwar immer langsamer wurden, aber dennoch näher kamen.
    »Ich glaube nicht, dass sie uns lange aufhalten. Am Ende werden sie einsehen, dass man seine törichte, junge Frau doch nicht zum Schmuggeln mitnimmt.«
    »Ich bin nicht töricht. Ich hoffe, dass man in England nicht so finster dreinblickt und die ganze Zeit nach Papieren fragt.« Ihr wurde schwindlig – das Opium meldete sich zurück. Sie taumelte und musste sich an der Kutschwand abstützen. »Ich wünschte, es wäre nicht so heiß. Mir ist wirklich furchtbar übel.«
    »Bitte übergib dich jetzt nicht vor dem Leutnant, Liebes.« Adrian wechselte ins Französische. »Leutnant, wenn wir noch länger aufgehalten werden, gibt es hier dann zumindest irgendwo einen Platz im Schatten? In ihrem Zustand – «
    »Ich bedauere die Unannehmlichkeiten für Madame zutiefst.« Seiner Stimme nach musste er noch ein sehr junger Leutnant sein. Jung und ein wenig nervös. »Es dauert nur noch einen winzigen Moment.«
    »Von einem örtlichen Reisestempel war nie die Rede. Man hat mir nicht gesagt … Entschuldigt bitte, Leutnant.« Grey eilte zu ihnen. Er hätte sich nicht so zu sorgen brauchen, dachte sie. Damit kam sie schon alleine klar.
    »Fritz, was hat er gesagt? Ich bin mir nicht sicher, ob ich noch länger … « Sie ließ den Kopf hängen, legte die Hand an den Mund und versuchte, blass zu wirken.
    Adrian sagte gedehnt: »Karl wird sehr böse sein, wenn du wieder erbrichst. Vor allem auf die Stiefel des Leutnants.«
    Der Leutnant verstand Deutsch. Er trat hastig zurück. Dann stand Grey schon vor ihm, damit er ihr Gesicht nicht sehen konnte, und Adrian machte eine Bemerkung, um ihn weiter abzulenken. Was für ein Vergnügen, so mit diesen gerissenen Männern zu arbeiten. Wie ein Spiel, bei dem sich Kinder einen Ball zuwarfen, der immer in der Luft bleiben musste. Der Leutnant hatte nicht die leiseste Chance gegen sie.
    »Man hat mir nicht gesagt, dass wir einen regionalen Stempel für unsere Pässe benötigen.« Grey wählte seine Worte mit kleinlicher Präzision und schirmte Annique hinter sich ab. »Meine Botschaft in Paris hat mir versichert, dass sie alle erforderlichen Genehmigungen

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