Job Future - Future Jobs
ermöglicht, Teile seines Lebens in Bangladesch zu verbringen. Er und seine Frau haben sich aktiv dafür entschieden, ihren Kindern häuslichen Unterricht zu erteilen und mit ihnen für ein Jahr nach Bangladesch zu übersiedeln. Ebenso haben sie sich für ein Mietverhältnis anstatt für Wohneigentum entschieden und auf einen eigenen Wagen verzichtet. Wie wir gesehen haben, führen John und Susan ein aktiv gestaltetes Arbeitsleben, das sie bewusst gewählt haben, ohne sich an althergebrachten Normen zu orientieren. Es ist auf einzigartige Weise auf sie zugeschnitten und unterscheidet sich von dem der anderen.
Wir können davon ausgehen, dass John 2025 – wenn die positivsten Szenarien der Zukunft wahr werden – keineswegs allein ist. Dann werden rund um den Globus Milliarden Menschen sich dafür entscheiden, ihr Arbeitsleben selbst zu bestimmen, und es im Einklang mit persönlichen Werten und Sehnsüchten gestalten. Dabei kann eine gewaltige Fülle an vielfältigen Lebenskonzepten entstehen. Wie kam es dazu? Für den Soziologen Anthony Giddens spiegeln Johns höchst persönliche Entscheidungen einen generelleren Wandel in der Gesellschaft wider: die Abkehr von den ausgetretenen Pfaden der anderen und die Hinwendung zu einem Weg, der individuelle Bedürfnisse und Vorlieben stärker berücksichtigt. Als Soziologe sieht Giddens diesen Wandel auch in den grundlegend veränderten Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und zwischen den Partnern einer Ehe widergespiegelt. Beide Veränderungen deuten auf eine bewusstere, stärker reflektierte und individuellere Wahrnehmung des Einzelnen von sich selbst und seiner Arbeit hin.
Wenn wir drei Jahrzehnte der Paarbeziehungen und der Ehe betrachten, zeigt sich auch auf einer anderen Ebene eine interessante Entwicklung. So signalisierte beispielsweise die Heirat meiner Großeltern in den 1920er-Jahren bereits einen Wendepunkt zwischen der Zeit, da Ehen noch aus wirtschaftlicher Notwendigkeit geschlossen wurden, und einer neuen, als sie auch als ein romantisches und emotionales Unternehmen galten. Meine Eltern heirateten sehr jung und zum Verdruss ihrer Mütter ganz aus eigenem Antrieb: Das Konzept der »romantischen Liebe« hatte sich durchgesetzt. 4
Im Familienleben hielt eine größere Vielfalt Einzug, die sich auch in den humoristischen TV-Familienserien widerspiegelte. In den 1960er- und 1970er-Jahren sahen wir überall in der westlichen Welt im Fernsehen gediegene häuslich orientierte Familien wie die einer Lucille Ball oder der Waltons, bei denen der Vater berufstätig, die Mutter Hausfrau und die Kinder wohlerzogen waren. Dagegen wuchsen meine Kinder im Stil der Simpsons auf: mit einem trotteligen Dad, aber in einer noch immer ziemlich stabilen Familie aus Mutter, Vater und drei Kindern. Dann sah man in der TV-Komödie Friends anstatt einer Familie eine eng verbundene Gruppe von über 20-Jährigen. Im Jahr 2010 bei meiner Familie besonders beliebt war die TV-Serie Modern Family über eine Familie, die unter anderem aus einem schwulen Paar bestand, das ein asiatisches Baby adoptiert hatte, sowie aus – die genaue Beziehung weiß ich nicht mehr – einem älteren geschiedenen Vater und einem kleineren Kind. Das Handlungsschema tragen Stiefmütter, Stiefväter und Stiefkinder. Die schiere Vielfalt solcher Familien spiegelt das wider, was Anthony Giddens »Reflexivität« nennt, die Erfindung von Identität durch Diskussion und Selbstreflexion. Ausgelöst wird die Debatte durch die Frage: »Wer bin ich?« Fragen wie diese führen dazu, dass wir uns eine persönliche Linie schaffen, die sich bereichernd durch unsere Lebensgeschichte zieht.
Das Ausmaß, in dem Reflexivität am Werk war, zeigt sich nicht allein an Familienstrukturen. Man muss sich nur kurz die Bücher anschauen, die man sich zur Selbstfindung und eigenen Entwicklung angeschafft hat. Wenn ich einen flüchtigen Blick in mein Bücherregal werfe, bleibe ich sofort an einem zerlesenen Exemplar von Gail Sheehys Passages von 1976 hängen, das ich meinen Aufzeichnungen zufolge 1978 gelesen habe. Es folgt ein Regalmeter, der meine Entwicklung und die meiner Kinder dokumentiert: Bücher, wie man Säuglinge aufzieht, mit Jugendlichen fertigwird und Scheidungen bewältigt, und Weiteres kommt sicher bald dazu. 5 Dass die dahinter stehenden Selbstanalysen ein relativ neues Phänomen sind, zeigt ein Blick auf den Lesestoff unserer Eltern. Unsere Mütter haben zum Thema »Ich« vielleicht ein oder zwei Bücher
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