Jodeln und Juwelen
mit einem Privatdetektiv
verheiratet und fand sich häufig in weit bizarreren Situationen wieder. Sarah
und Emma waren sogar einmal gemeinsam betäubt und beraubt worden. Ja, so musste
es gewesen sein. Warum sonst hätte jemand außer der Tasche auch noch den Becher
mitgenommen? Auch auf einer Fähre gab es sicher Medikamente, bestimmt hatte
irgendjemand Valium oder ein Mittel gegen Seekrankheit dabei. Bei ihr hätte
wahrscheinlich schon ein Aspirin gewirkt. Sie hatte sich vorhin so müde
gefühlt, dass es sicher kinderleicht gewesen war, sie außer Gefecht zu setzen.
Die Fähre musste zumindest einmal
angelegt haben, während Emma im Kaffeekoma gelegen hatte, denn soweit sie sehen
konnte waren deutlich weniger Passagiere an Bord als bei der Abfahrt. Die
Tasche war wohl von einem der Passagiere mit an Land genommen worden. Oder
vielleicht doch nicht? Ein Blick in das Innere hätte eigentlich genügen müssen,
um alle Illusionen des Diebes zu zerstören. Vielleicht hatte er seine
enttäuschende Beute irgendwo auf der Fähre zurückgelassen. Emma stand auf, griff
nach ihrer Tasche und machte sich auf die Suche.
Der Feenschmuck war völlig wertlos und
auch die Reisetasche war keine Kostbarkeit, doch Diebstahl war ein persönlicher
Affront. Und Affronts nahm Emma Kelling nicht einfach sang- und klanglos hin.
Das Personal, das sie finden konnte,
war leider nicht sehr hilfreich. Man wies sie lediglich auf die Schilder hin,
die überall verkündeten, dass für das Gepäck von Passagieren keine Haftung
übernommen werde. Ein junger Mann erklärte sich zwar bereit, die Augen offen zu
halten, klang jedoch nicht besonders überzeugend. Emma beschloss, die Fähre auf
eigene Faust zu inspizieren.
Natürlich war nirgends eine alte
schwarze Ledertasche zu sehen. Sie erfuhr, dass die Fähre nicht nur einmal,
sondern sogar zweimal angelegt hatte, während sie sich in ihrem entstellenden
Stupor befunden hatte. Als sie schließlich in den Schiffsrumpf vorgedrungen
war, der an eine Höhle für Bergtrolle erinnerte und zum Gotterbarmen nach
Autoabgasen stank, sah sie, dass nur noch drei Fahrzeuge übrig waren. Außerdem
gab es einen Container mit Lebensmitteln, deren Ziel laut Aufkleber Pocapuk
Island war, wie sie erleichtert feststellte. Vincents Vorbereitungen liefen
anscheinend bereits auf Höchsttouren.
Der einzige für diesen Bereich der
Fähre zuständige Matrose war entweder einsamer oder gelangweilter als seine
Kollegen auf den Decks, jedenfalls hörte er sich Emmas Geschichte geduldig an.
Nein, er habe niemanden bemerkt, der mit einer alten schwarzen Ledertasche von
Bord gegangen sei. Es sei auch keiner der Passagiere nach unten gekommen, um
ein zusätzliches Gepäckstück im Wagen zu verstauen. Doch wenn sie wolle, sei er
gern bereit, ihr bei der Suche zu helfen. Die Wagenschlüssel befanden sich noch
in den jeweiligen Fahrzeugen, für den Fall, dass sie verstellt werden mussten,
bevor die Eigentümer zu ihnen konnten.
Emma kam sich unhöflich und neugierig
vor, als sie in die Kofferräume blickte und die voll gestopften Rücksitze
völlig fremder Menschen inspizierte, und erwartungsgemäß war die ganze Mühe pure
Zeitverschwendung. Sie gab dem hilfsbereiten jungen Mann ein moderates
Trinkgeld von drei Dollar, weil sie nicht denselben Fehler machen wollte wie
bei dem Taxifahrer. Dann ging sie wieder auf Deck, in der Hoffnung, nicht doch
zu geizig gewesen zu sein.
Inzwischen war es fast halb drei. Sie
war immer noch nicht sonderlich hungrig nach dem Riesenfrühstück, hielt es
jedoch für besser, eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen. Sie befanden sich jetzt
in Sichtweite der vorletzten Anlegestelle, und an der Snackbar gab es nur noch
ein wenig einladendes Doughnut, das anscheinend in ranzigem Fett gebacken und
dann in eine honigähnliche Substanz getaucht worden war. Emma erstand das
dubiose Gebäck in der Hoffnung, dass selbst dies immer noch besser sei als gar
nichts. Nach dem ersten Bissen wusste sie, dass sie sich erneut geirrt hatte.
Sie warf die Scheußlichkeit in einen Abfalleimer und begab sich wieder nach
draußen.
Sie erreichten gerade die Docks. Da
Emma die beiden letzten Stopps verschlafen hatte, fühlte sie sich verpflichtet,
wenigstens diesmal an der Reling zu stehen und sich das Schauspiel anzusehen
wie ein echter Tourist. Es bestand immer noch eine winzige Chance, dass vor
ihren Augen einer der Passagiere mit ihrer Tasche die Fähre verließ. Aber was
sollte sie in diesem Fall tun? Über die Reling
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