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Jodeln und Juwelen

Jodeln und Juwelen

Titel: Jodeln und Juwelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Grund, die Sachen
ausgerechnet jetzt wieder herauszuholen, und doch tat Emma genau das. Die
Schmuckstücke waren schließlich alte Bekannte. Die anstehende Iolanthe- Aufführung
war bereits die fünfte, die sie mit den Piraten vorbereitete. Nein, sogar die
sechste, ganz zu schweigen von den vielen anderen Stücken, mit denen sie in der
Zwischenzeit aufgetreten waren. Oh Gott, wo waren bloß all die Jahre geblieben?
Sie nahm die Krone der Feenkönigin mit dem großen Diamantschmetterling in die
Hand und setzte sie sich in Erinnerung an die guten alten Zeiten auf den Kopf,
während sie die restlichen Klunker auseinanderklaubte. Dann war sie also nicht
erst vier, sondern sogar schon fünf Mal die Herrin am Feenhof gewesen. Und
genauso oft hatte sie sich heimlich in den Soldaten verliebt, bevor sie der
Wahrheit ins Gesicht gesehen und ›Halt‹ gerufen hatte.
    »Gib auf, solange du noch gut
aussiehst«, hatte Mae West gesagt. Emma erinnerte sich noch gut daran, wie sie
und Bed bei ihrem allerersten Rendezvous ohne Anstandswauwau heimlich mit dem
Zug nach Boston gefahren waren, um Maes neuesten Film zu sehen. Sie hatten im
Copley Plaza gegessen, mit einem Scheck von Beds Vaters bezahlt, und waren dann
ins Tremont gegangen. Oder war es das Majestic gewesen? Ihr war so schwindelig
gewesen vor lauter Verliebtheit und Aufregung, dass sie sich später nicht mehr
erinnern konnte, und leider hatte sie nie daran gedacht, Bed zu fragen.
    Damals hatte man sich noch
herausgeputzt. Emma hatte ihr Debütantinnenkleid getragen, allerdings nicht mit
weißen, sondern mit pinkfarbenen Rosen. Und dazu die flaschengrüne Samtstola,
die Bed immer so geliebt hatte. Emma konnte sich nur zu gut daran erinnern. Bed
hatte seinen Smoking getragen und darin so attraktiv ausgesehen, dass sich die
Leute nach ihm umgeschaut hatten. Bed hatte so getan, als bemerke er es nicht.
Aber der liebe Kerl hatte sich nie gut verstellen können. Und der Kinopalast
war ein wunderschönes Durcheinander von Rokokowirbeln, bemalten Decken,
karminroten Samtvorhängen, riesigen Spiegeln in breiten Goldrahmen und schier
unglaublichen, unvorstellbaren Kronleuchtern.
    Neulich hatten ihre Enkelkinder sie ins
Kino geschleppt. Sie hatten in einem kahlen viereckigen Saal gesessen, der
genauso gut ein Vortragssaal in einem Lehrkrankenhaus hätte sein können, und
sich einen Film angesehen, der von sprechenden Robotern handelte. Die armen,
prachtentwöhnten Kinder, sie hatten ja keine Ahnung, was man ihnen alles
vorenthielt. Emma nahm die Krone wieder ab und schaute in die Tasche, um einen
geeigneten Platz für das Glitzerding zu finden.
    Im Laufe der Jahre hatte die alte
Ledertasche eine Menge aushalten müssen. Selbst das dünne Kalbslederfutter war
an einigen Stellen zerrissen und ausgebeult. Ein Riss war viel länger, als Emma
sich erinnern konnte, irgendetwas schien sich darunter verfangen zu haben. Sie
zog das betreffende Schmuckstück heraus und wäre vor Schreck fast in Ohnmacht
gesunken. Emma besaß genug Diamanten, um echten Schmuck mit einem Blick zu
erkennen. Dies war keine einfache Halskette, sondern etwas, das ihre Großmutter
spöttisch als Hundehalsband bezeichnet hätte, ein drei Zentimeter breites, mit
vier Diamantreihen besetztes Collier mit erbsengroßen Steinen. Daran baumelten
an diamantenbesetzten Platinkettchen drei birnenförmige Anhänger. Der Erste mit
einem blauen Diamanten, der mehr als halb so groß wie der berühmte Hope war,
der Zweite mit einem genauso großen gelben Diamanten, der Dritte mit einem
feurigen dunklen Stein, bei dem es sich nur um einen der seltenen schwarzen
Diamanten handeln konnte. Die drei Steine waren in weitere, kleinere Diamanten
eingebettet, die jeder etwa ein halbes Karat haben mochten.
    Emma überlegte, was ein derartiges
Schmuckstück wohl auf dem heutigen Markt wert war, und gab auf. Die Frauen, die
sie kannte, kauften keine Diamanten. Entweder sie erbten sie oder bekamen sie
von ihren rechtlich angetrauten Ehegatten. Sie selbst hatte die hübsche
edelsteinbesetzte Rosettenbrosche ihrer Großmutter und den bescheidenen Schmuck
ihrer Mutter geerbt, außerdem besaß sie den Ring, den Bed ihr in jener
schicksalsträchtigen Nacht, als sie vom Lambda Chi-Ball zurückkamen, an den
Finger gesteckt hatte, und die Ohrstecker, die er ihr nach Bed Juniors Geburt
geschenkt hatte. Alles solide Schmuckstücke, mit denen sich eine Frau in Emma
Kellings Position durchaus zu bestimmten Anlässen schmücken konnte. Aber wer in
aller

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