Jodeln und Juwelen
mitteilen, dass etwas
Furchtbares passiert ist. Das Personal ist wohlauf, da kann ich Sie beruhigen,
es betrifft einen Fremden, den niemand hier kennt. Anscheinend wusste er selbst
nicht, wer er war.«
Nach dieser Einführung hatte sie die
ungeteilte Aufmerksamkeit ihrer Zuhörer. Emma schilderte die ganze Geschichte:
wie Ted einen Fremden gefunden hatte, der einen zerrissenen Taucheranzug trug,
keinerlei Angaben über seine Identität machen konnte und selbst nicht wusste,
wie er nach Pocapuk gekommen war. Sie erzählte, dass er aus der Speisekammer
verschwunden war und tot am Fuß der Klippen im Wasser gelegen hatte, zusammen
mit ihrer Reisetasche, inmitten ihrer falschen Juwelen.
»Kann man vielleicht verwerten.« Joris
Groot machte sich an seiner Kamera zu schaffen. »Ist er noch da?«
»Nein.« Emma nahm an, dass man einem
Illustrator vermutlich nicht verübeln konnte, wenn er sich auf die grafischen
Möglichkeiten konzentrierte, trotzdem fühlte sie sich von seiner Reaktion
abgestoßen. Wont hatte wenigstens genügend Anstand, den Mund zu halten, obwohl
Emma nicht entging, wie er Groot viel sagend zunickte. Hervorragender Stoff für
sein Buch.
Dafür war Lisbet Quainleys Reaktion
einigermaßen angemessen. »Oh, Mrs. Kelling, es tut mir ja so Leid! Gott sei
Dank hat er Ihnen nichts angetan! Aber woher wusste er, dass Sie den Schmuck
dabei hatten? Sie glauben doch nicht, dass jemand vom Personal — aber das würde
doch keiner von ihnen machen, oder? Ich meine, Mrs. Sabine hätte doch sicher
niemanden in ihrem Haus, der — « Sie bemerkte, dass sie sich auf schwankendem
Boden befand. »Außerdem gibt es hier kein Telefon. Oder gibt es vielleicht doch
eins?«
Emma wollte auf keinen Fall, dass es
zwischen den Gästen und dem Dienstpersonal zu Unstimmigkeiten kam. »Ich glaube,
dass der Mann die lächerliche Lügengeschichte geglaubt hat, die ein Taxifahrer
verbreitet hat. Er hat mich zur Fähre gebracht. Als ich einstieg hat er meine
Tasche genommen, um sie ins Taxi zu legen, und dabei ist der Verschluss kaputt
gegangen. Der Mann hat den Schmuck gesehen und mir daraufhin von Pocapuks
Schatz erzählt. Mir schwante, dass er meinen Schmuck für echt halten könnte,
daher habe ich ihm versichert, es handele sich nur um Modeschmuck, und ihm
gesagt, dass ich Mrs. Sabines neue Haushälterin sei. Offenbar hat er mir kein
Wort geglaubt.«
»Wer würde das schon?« murmelte Graf
Radunov. »Verehrte Mrs. Kelling, Ihre Fähigkeiten als Haushälterin sind sicher
unvergleichlich, doch niemals, wirklich niemals könnten Sie irgendjemanden
glauben machen, Sie gehörten zum Dienstpersonal.«
»Das könnte ich sehr wohl, wenn ich
genug Zeit hätte, die Rolle einzustudieren«, insistierte Emma. »Sie hätten mich
als Hannah in Ruddigore sehen sollen!«
»Ich werde bis zu meinem letzten
Atemzug bedauern, dass mir dieser Anblick nicht vergönnt war. Aber die
Geschichte, die Sie uns gerade erzählt haben, ist wirklich äußerst
bemerkenswert. Es erscheint mir reichlich unglaublich, wenn ich mir die
Bemerkung erlauben darf, dass jemand so schnell einen Taucheranzug auftreibt
und einer Fähre nachschwimmt. Immerhin ist es ein ganzes Stück bis nach
Pocapuk. Natürlich wäre es möglich, dass er mit uns zusammen auf der Fähre war
und über Bord gesprungen ist, als wir anlegten. Aber warum hat ihn dann keiner
von uns gesehen?«
»Wenn er gewartet hätte, bis wir an
Land gingen, und dann vom Heck aus ins Wasser gesprungen wäre, hätte er es
möglicherweise schaffen können«, meinte Black John Sendick. »Vielleicht ist er
auch in einem anderen Boot gekommen. Er hätte bis in die Nähe von Pocapuk die
Küste entlang fahren können und sich dann von einem Komplizen so nahe wie
möglich heranfahren lassen können. Er wäre von niemandem bemerkt worden und
wäre die restliche Strecke geschwommen. So würde ich es jedenfalls machen, wenn
es meine Geschichte wäre.«
»Wenn es deine Geschichte wäre,
könntest du natürlich nach Belieben einen Komplizen aus dem Ärmel schütteln«,
knurrte Joris Groot. »Vielleicht kannte der Mann ja niemanden, der ein Boot
hatte?«
»Er hätte doch jemanden bezahlen
können, oder? Und der Komplize hat ihn dann gestern Abend nicht wie besprochen
abgeholt. Und deshalb ist er ertrunken.«
»Klingt nicht besonders schlüssig.«
»Vielleicht müsste man an dem Plot noch
ein bisschen feilen«, gab Black John Sendick zu. »Aber irgendwie muss er
hergekommen sein, sonst wäre er jetzt nicht tot. Oder
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