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Jodeln und Juwelen

Jodeln und Juwelen

Titel: Jodeln und Juwelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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wirklich beunruhigend. Aber wo
sollte sich diese Person denn verstecken? Ich war schon so gut wie überall,
außer im Dienstbotenflügel und in den Cottages. Um Gottes willen, Theonia!
Meinst du, dass Mrs. Fath nicht aus ihrem Cottage kommt, weil sie jemanden
unter ihrem Bett versteckt hat und nicht will, dass wir herumschnüffeln und ihn
finden?«
    »Möglich ist alles. Auf diese Weise
könnte sie die Person jedenfalls problemlos mit Nahrung versorgen. Er oder sie
könnte sich das Essen, das Bubbles bringt, mit Mrs. Fath teilen. Das würde
allerdings bedeuten, dass beide ziemlich kleine Portionen bekommen.«
    »Nicht, wenn Mrs. Fath die ganze Zeit
schläft«, insistierte Emma. »Selbst wenn sie nur so tut als ob, kann sie nicht
sehr hungrig sein. Immerhin ist sie völlig inaktiv. Vielleicht hat sie auch
Wonts ganze Gruppe eingeweiht, und alle steuern ein bisschen von ihren
Lunchpaketen bei. Die Männer verdrücken alle so ein Riesenfrühstück, dass sie
bestimmt das eine oder andere Sandwich entbehren können. Oder Lisbet Quainley
spendiert ihres. Sie isst ohnehin wie ein großer Spatz.«
    »Das wäre ein Fuchssperling«, sagte
Theonia. »Das ist die größte Sperlingsart.«
    »Stimmt, jetzt wo du es sagst, fällt es
mir auch wieder ein. Lisbet Quainley hat durchaus etwas Fuchsartiges. Sie ist
ziemlich gerissen. Wenn sie Malerin ist, bin ich Whistlers Mutter, aber
vielleicht hält sie sich auch nur selbst für eine Künstlerin. Dr. Wont scheint
sie jedenfalls von ihrem Talent überzeugt zu haben.«
    »Das ist gar nicht so selten«, sagte
Theonia. »Ich kann die Selbsttäuschung einiger Künstler durchaus verstehen.
Mich wundert nur, wie sie es schaffen, andere von ihren Phantasien zu
überzeugen. Aber ich bin eben altmodisch und liebe Traditionen.«
    »Das kommt daher, dass du aussiehst wie
ein Tizian«, sagte Emma.
    »Ah, du hättest mich sehen sollen, als
ich noch ein Boucher war!«
    Die beiden Frauen lachten immer noch,
als sie den Strand erreichten. Inzwischen war es den Männern gelungen, ein
merkwürdiges Sammelsurium von Ästen und Stämmen zusammenzunageln. Mit etwas
Glück würde es lange genug halten, um Dr. Wont auf Shag Rock auszusetzen,
dachte Emma.
    Als er Theonia sah, ließ Joris Groot
sofort den Hammer fallen, mit dem er wahllos Nägel ins Holz geschlagen hatte,
und griff nach seinem Skizzenblock. Black John Sendick nahm sich gerade noch
die Zeit, das zu Ende zu bringen, was er momentan tat und von dem er sich
anscheinend einen Sinn versprach, dann stand er stramm.
    Everard Wont war anscheinend gerade
dabei, Lisbet Quainley etwas zu diktieren. Die Frau diente ihm offenbar als
Privatsekretärin, vermutete Emma, einmal abgesehen von den anderen Diensten,
die sie ihm möglicherweise angedeihen ließ. Er hörte auf zu reden und bedachte
die beiden Kelling-Frauen mit einen merkwürdig hinterhältigen Blick. Miss
Quainley unterbrach ihre Kritzeleien auf dem gelben Papier, das sie auf ihren
Skizzenblock gelegt hatte, und starrte sie ebenfalls an.
    Miss Quainleys Blick war völlig anders,
als Emma ihn von einer relativ umgänglichen Frau, die viele Jahre jünger war
als sie, erwartet hätte. Sie nahm daher automatisch an, dass er nur Theonia
gelten konnte. Und wenn sie sich irrte? Bildete sich dieser weibliche
Kleiderständer tatsächlich ein, Beddoes Kellings Witwe könnte auch nur im
entferntesten an einem flegelhaften Wichtigtuer wie Everard Wont interessiert
sein? Das ist zu lachen, hätte Emmas einstige französische Gouvernante in
dieser Situation sicher gesagt.
    Doch Emma hatte für heute genug
gelacht. Sie musste den Sommergästen reinen Wein einschenken. Sie würden es
ohnehin erfahren, sobald die Polizei eingetroffen war. Black John gab ihr das
Stichwort.
    »Wollen Sie nachschauen, wie weit wir
mit unserer Arbeit sind, Mrs. Kelling?«
    »Nein«, erwiderte Emma. »Wir möchten
Ihnen berichten, was im Haus passiert ist. Sie sind sicher schon sehr
gespannt.«
    Wont bezog die Bemerkung naturgemäß auf
sich. »Warum sollte ich gespannt sein? Ich habe schließlich nichts damit zu
tun.«
    »Ich hoffe inständig, dass keiner von
uns damit zu tun hat, Dr. Wont. Doch es scheint ganz so, als müssten wir dies
der Polizei gegenüber erst noch beweisen.«
    Die Bemerkung verursachte allgemeine
Aufregung, doch Emma schaffte sich schnell Gehör. »Hören Sie bitte genau zu.
Dr. Franklin, der hiesige Gerichtsmediziner, war hier und hat die Leiche
unseres geheimnisvollen Fremden mitgenommen. Er erwartet den

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