Joe Kurtz 01 - Eiskalt erwischt
meus ad metas sudet oportet equus ...«
»Blödsinn«, antwortete Soul Dad. »Dum abast quod avemus, id exsuperare videtur. Caetera, post aliud, quum contigit, illud, avemus. Et sitis aequa tenet!«
Pruno wechselte zu etwas, was wahrscheinlich Griechisch war, und begann zu schreien.
Soul Dad antwortete. Kurtz nahm an, dass es sich um Hebräisch handelte. Geifer spritzte.
»Ich bedanke mich für das Abendessen und die Konversation, meine Herren«, verkündete Kurtz, stand auf und ging auf den niedrigen Eingang zu.
Die beiden Männer stritten sich jetzt in einer Sprache, die er nicht einmal annähernd zuordnen konnte. Sie hatten vollkommen vergessen, dass Kurtz da war.
Er fand den Weg nach draußen alleine.
KAPITEL 30
Kurtz stellte seinen Wagen neben Docs rostigen alten Pick-up mit dem Wohnwagenaufbau. Der Schneefall nahm zu und der düstere Himmel schien mit den schwarzen Gebäuden zu verschmelzen. Kurtz steckte die kleine 38er in seine Manteltasche, vergewisserte sich, dass er noch Reservepatronen dabeihatte, und marschierte dann über den dunklen, spiegelglatten Parkplatz in den Rachen des verlassenen Stahlwerks hinein.
Im selben Augenblick, als er durch die offenen Türen trat, merkte Kurtz, dass hier etwas nicht stimmte. Alles sah aus und roch wie immer – kaltes Metall, erkaltete offene Hochöfen, riesige Schmelztiegel, die wie bedrohliche Suppenlöffel in der Höhe hingen, gewaltige Halden von Koks und Schlacke, ein paar Oasen vereinzelten Lichts, das von den Hängelampen ausging, und das entfernte Glimmen von Docs Kontrollraum, der zehn Meter über allem thronte – und trotzdem stimmte irgendetwas ganz und gar nicht. Kurtz spürte ein Prickeln im Nacken und kalte Schauer rieselten über seine Haut.
Statt durch das offene Areal zwischen den kohlschwarzen Abraumhalden hindurchzuspazieren, duckte sich Kurtz und rannte auf den Irrgarten verrosteter Maschinen zu seiner Rechten zu. Er glitt hinter eine niedrige Stahlwand, die 38er im Anschlag.
Nichts. Keine Regung. Kein Geräusch. Nicht einmal der Ansatz einer Bewegung.
Kurtz blieb eine Minute lang, wo er war, vergewisserte sich, dass er von allen Seiten Deckung besaß, und kam langsam wieder zu Atem. Er wusste nicht, was ihn aufgeschreckt hatte – aber weil er auf solche Gefühle hörte, waren über elf Jahre Gefängnis glimpflich an ihm vorbeigegangen, obwohl den Großteil dieser Zeit ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt gewesen war.
Er hielt sich weiter im Schatten und arbeitete sich langsam zum Kontrollraum vor. Er überlegte kurz, durch die Tür zum parkenden Buick zu rennen, aber dafür musste er zu viel Distanz ohne Deckung zurücklegen. Falls ihn sein Gefühl trog und Doc einfach dort oben auf ihn wartete, war Kurtz’ melodramatische Annäherung vielleicht etwas peinlich, aber Kurtz hätte Peinlichkeit jederzeit einer Kugel im Schädel vorgezogen.
Er schob sich am Rand des leeren Runds entlang und näherte sich dem Kontrollraum mit kurzen Sprints von fünf Metern oder sogar weniger. Er bemühte sich darum, immer in Deckung hinter Rohren oder Stahlträgern oder teilweise demontierten Maschinen zu bleiben. Er heftete sich an die tintenschwarzen Schatten und umging so die Gefahr, dass man aus dunkleren Ecken auf ihn schoss. Er vermied jeden Lärm. Zwei Drittel der Entfernung funktionierte das hervorragend, aber als er ans Ende der Maschinen gelangte, blieben immer noch 20 oder 25 Meter bis zur Stahlleiter, die zu Docs Kontrollraum führte.
Kurtz überlegte einen Moment, den anderen zu rufen, entschied sich aber sofort dagegen. Selbst wenn ihn jemand beim Hineingehen beobachtet hatte, würden die im Augenblick nicht so genau wissen, an welcher Stelle des Gebäudes er sich befand. Falls sie nicht große Knarren und Nachtsichtgeräte mit sich herumschleppten wie die Nazis im Kühlhaus. Kurtz verbannte den Gedanken aus seinem Kopf. Von einem Gegner mit Gewehren und Nachtsichtgerät wäre er bereits direkt nach dem Passieren des Haupttors ausgeschaltet worden.
Wer verflucht noch mal sind die?, überlegte Kurtz, beschloss dann aber, sich darüber später den Kopf zu zerbrechen.
Er ging zurück und kroch unter ein Verbundsystem aus Rohren, die alle einen Durchmesser von mindestens einem Meter besaßen. In dem Metall tat sich nichts, die Rohre waren leer. Kälte stieg vom Betonfußboden auf und schmerzte in den Beinen und Füßen. Kurtz ignorierte das unangenehme Gefühl.
Hier. Von Docs Kontrollraum aus konnte man über Laufstege jede Ecke der riesigen
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