Joe Kurtz 01 - Eiskalt erwischt
gleich kaputtlachen, war sein letzter Gedanke, bevor er auf dem Boden auftraf und sich abrollte.
Doc war schon kaputt, aber nicht vom Lachen. Der alte Mann lag vor einem verschlossenen Warenschrank. Mindestens vier großkalibrige Einschusslöcher bedeckten seinen Körper: drei in der Brust, ein weiteres im Hals. Er hatte viel Blut verloren und die rote Lache verteilte sich auf mehr als einem Drittel des schäbigen Teppichbodens. Kurtz schwang seine mickrige Pistole nach links und rechts, aber abgesehen von ihm und der Leiche war der Raum leer.
KAPITEL 31
Kurtz näherte sich Docs Körper in gebückter Haltung, achtete darauf, dass sein Kopf immer unterhalb der Fenster blieb, und ignorierte das Blut an seinen Knien und seinen Schuhen. Das Vorhängeschloss, das den hinteren Raum abriegelte, schien unbeschädigt zu sein.
Kurtz hielt die Pistole auf den Eingang gerichtet, während er Docs alte Lederjacke und die blutige Hose abtastete. Die Taschen waren leer. Doc bewahrte die Schlüssel zum Vorhängeschloss gemeinsam mit allen weiteren, die er für seinen Job als Nachtwächter benötigte, an einem großen Metallring auf. Der Schlüsselring war verschwunden. Kurtz kroch durch den Raum und sah in den Schubladen und sogar den Ablagekästen für die Akten nach, wurde aber nicht fündig.
Er überlegte, ob er das Schloss aufschießen sollte, aber noch während er das Für und Wider gegeneinander abwog, hörte er Schritte unten in der Halle. Ein Mann, der davonrannte.
Scheiße! Kurtz tastete nach oben und schaltete die Schreibtischlampe und damit die einzige Lichtquelle im Raum aus. Seine Augen passten sich schnell an die dunkle Umgebung an. Schon nach wenigen Sekunden kamen ihm die Rechtecke der Fenster und Türen sehr hell vor. Das Geräusch war verstummt.
Kurtz packte Doc am Kragen seiner Jacke und zerrte den alten Mann über den besudelten Fußboden. Sein alter Kumpel fühlte sich sehr, sehr leicht an und Kurtz überlegte vage, ob das daran liegen mochte, dass bereits sämtliches Blut aus ihm herausgeflossen war.
Es tut mir leid, Doc , dachte er, stemmte den alten Mann auf die Knie und positionierte ihn dann als menschlichen Schutzschild aufrecht im Türrahmen. Er benutzte den linken Arm, um ihn zu fixieren, während er sich hinter der Tür verbarg und um den Rahmen herumlugte.
Die erste Kugel traf Doc erneut weit oben in die Brust, die zweite riss dem alten Mann die Schädeldecke oberhalb des Haaransatzes weg.
Kurtz ließ den Leichnam fallen, hob die .38 und feuerte drei Schüsse auf einen rund 20 Meter entfernten Punkt an der Maschinenfront, wo das Mündungsfeuer aufgeflammt war. Kugeln prallten von dem harten Stahl ab. Kurtz warf sich gerade noch rechtzeitig nach hinten, als vier weitere Schüsse das Fenster rechts von ihm zerfetzten und in die offene Tür zu seiner Linken einschlugen.
Da feuerte nur ein einzelnes Gewehr. Vermutlich eine Neun-Millimeter-Halbautomatik.
Er wusste, das bedeutete nicht zwangsläufig, dass lediglich ein Schütze da unten auf ihn wartete. Auf so viel Glück konnte er wirklich nicht hoffen.
Drei weitere Schüsse in kurzer Folge. Eine Kugel flog durch die offene Tür herein, prallte von der Stahldecke ab und schlug Funken auf dem Fußboden und an zwei Wänden, bevor sie sich in die Tischplatte bohrte.
Für ein paar Sekunden herrschte Stille, während der Schütze ein neues Magazin nachlud. Kurtz nutzte die Unterbrechung, um die drei Patronen nachzuladen, die er abgefeuert hatte. Die leeren Patronenhülsen rollten in die rotschwarze Blutlache hinter ihm und blieben dort kleben.
Fünf weitere Schüsse von unten folgten direkt nacheinander. Das Knallen der Explosionen hallte durch die Fabrikhalle. Vier der Kugeln sausten als Querschläger durch Kurtz’ kleines Versteck. Eine schlug mit dem Geräusch eines Hammers, der auf eine Melone trifft, in Docs nach oben gerichtetes Gesicht, eine weitere zerfetzte das Schulterpolster von Kurtz’ Mantel.
Kein guter Ort zum Sterben, dachte er. Weitere Kugeln flogen aus der Ansammlung von Trägern und demontierten Maschinenteilen rechts des Kontrollhäuschens heran. Es war gut möglich – sogar wahrscheinlich –, dass ein zweiter und dritter Schütze irgendwo links von ihm lauerten wie Jäger auf der Fuchsjagd. Aber Kurtz blieb keine andere Wahl.
Er hechtete in den Eingang und feuerte alle fünf Patronen nach rechts in die Dunkelheit ab. Der Schütze erwiderte das Feuer – vier Schüsse, vielleicht auch mehr. Die letzten beiden fetzten an
Weitere Kostenlose Bücher