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Joe Kurtz 02 - Bitterkalt

Joe Kurtz 02 - Bitterkalt

Titel: Joe Kurtz 02 - Bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Wadenkrampf?«, ätzte Angelina. »Ich bin froh, wenn ich es bis zum Wagen schaffe.«

Kapitel 6
    Es wurde gerade hell – das Grau der ausklingenden Nacht in Buffalo ging in das noch trübere Grau eines Morgens in Buffalo über –, als Kurtz zu seinem schäbigen Hotel zurückkehrte und feststellen musste, dass ihm die Detectives Brubaker und Myers auflauerten.
    Kurtz hatte verschiedene Kontrollen eingerichtet, die ihm verrieten, ob Besucher auf ihn warteten, aber an diesem Morgen waren sie überflüssig. Das Hotel lag in einem der weniger noblen Viertel der Stadt und die Kids aus der Straße hatten Brubakers zivilen Plymouth mit der Aufschrift ZIWILBULLEN auf der Fahrerseite – Rechtschreibung gehörte nicht zu ihren Stärken – und COPMOBIL – sie hatten den benötigten Platz falsch eingeschätzt – auf der Beifahrerseite besprüht. Kurtz gefiel der Klang des Wortes »Copmob«.
    Der Rest der Situation gefiel ihm weniger. Brubaker und Myers belästigten ihn ungefähr alle drei Wochen einmal, und bis jetzt hatten sie ihn noch nicht mit einer Waffe erwischt; aber wenn das passierte – und die Gesetze der Wahrscheinlichkeit sprachen dafür, dass es irgendwann passieren würde –, steckte er innerhalb von 24 Stunden wieder im Gefängnis. Für auf Bewährung freigelassene Gesetzesbrecher im Bundesstaat New York galt nicht das gottgegebene, von der Verfassung garantierte und von den Rednecks angebetete Recht jedes Amerikaners, so viel Artillerie mit sich herumzuschleppen, wie er mochte.
    Mit seiner .40 S&W in der einen Tasche und Angelina Farino Ferraras niedlicher, aber durchschlagkräftiger kleiner Compact Witness in der anderen stahl sich Kurtz in die schmale Straße an der Rückseite seines Hotels, wo er beide Waffen hinter einem Stein, den er vor zwei Wochen eigens für solche Fälle gelockert hatte, versteckte. Die Penner und Junkies, die sonst in der Gasse wohnten, waren zu dieser Tageszeit im Asyl oder verteidigten ihre Bänke, also blieben Kurtz schätzungsweise einige Stunden, bevor irgendjemand sein Geheimversteck fand. Und wenn seine Verabredung mit den Cops länger als einige Stunden dauerte, war er sowieso geliefert und brauchte die Knarren nicht mehr.
    Kurtz’ Residenz, das Royal Delaware Arms, war zu der Zeit, als Präsident McKinley vor knapp hundert Jahren in Buffalo erschossen wurde, schätzungsweise mal eine noble Herberge gewesen. Soweit Kurtz wusste, hatte McKinley sogar in der Nacht, bevor man ihn aus dem Verkehr zog, hier übernachtet. In den letzten 90 Jahren war es mit dem Hotel dann stetig bergab gegangen. Inzwischen schien es ein gesundes Gleichgewicht zwischen totalem Zerfall und sofortigem Einsturz gefunden zu haben.
    Das Royal Delaware Arms war zehn Stockwerke hoch und präsentierte stolz einen 20 Meter hohen Funkturm auf dem Dach, der Tag und Nacht Mikrowellenstrahlung in – wie viele der paranoider veranlagten Bewohner des Hotels überzeugt waren – tödlichen Dosen aussandte. Der Turm schien so ziemlich das Einzige auf dem Grundstück zu sein, das funktionierte. In den letzten Jahrzehnten hatte der Hotelteil des Gebäudes, die unteren fünf Etagen, den Weg von der Arbeiterunterkunft über ein billige Pension hin zu Sozialwohnungen für Einkommensschwache und wieder zurück zur billigen Absteige genommen. Die meisten der Bewohner waren auf Sozialhilfe, Lithium und/oder Chlorpromazin.
    Kurtz hatte den Hotelmanager überreden können, ihn im siebten Stock wohnen zu lassen, obwohl die oberen drei Etagen seit den 70ern leer standen. Dank einer Gesetzeslücke in den Brandschutz- und Baubestimmungen war es nicht direkt verboten , dass die Räume vermietet wurden oder irgendein Idiot sie mietete und dort oben zwischen abblätternden Tapeten, zersplitterten Holzbeschlägen und undichten Wasserrohren lebte – und genau das tat Kurtz. Das Zimmer verfügte immer noch über eine Tür, einen Kühlschrank und fließendes Wasser. Mehr brauchte Kurtz ohnehin nicht.
    Genau genommen handelte es sich um zwei große, miteinander verbundene Räume, die an der Ecke zur hinteren Straße lagen und nicht nur eine, sondern gleich zwei Feuerleitern als Fluchtmöglichkeit bereithielten. Die Aufzugtüren oberhalb des vierten Stocks waren versiegelt, deshalb musste Kurtz jedes Mal für die letzten drei Stockwerke die Treppe nehmen, wenn er kam oder ging. Doch das war ein geringer Preis dafür, dass er sehen konnte, wenn ihn jemand besucht hatte und umgehend eine Warnung erhielt, falls jemand versuchte , ihn

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