Joe Kurtz 02 - Bitterkalt
zu besuchen. Er zahlte sowohl Petie, gleichzeitig Manager und Tagportier, als auch Gloria, dem Nachtportier, jeden Monat eine Stange Geld, damit sie ihn per Handy alarmierten, sobald sich ein Unbekannter auf dem Weg zum Aufzug oder zu den Treppen befand.
Jetzt betrat Kurtz das Hotel für den Fall, dass Brubaker seinen Partner Myers im Foyer postiert hatte, durch den Seiteneingang. Das erschien ihm allerdings unwahrscheinlich, denn Zivilbullen waren wie Schlangen oder Nonnen immer in Paaren unterwegs. Er nahm von der leer stehenden Küche im hinteren Teil des Hotels die Treppe zum zweiten Stock und stieg dann die muffige Haupttreppe bis zur siebten Etage hinauf. Im fünften Stock konnte Kurtz im Mörtelstaub, den er großzügig in der Mitte der Treppenstufen verteilt hatte, zwei Paar Fußabdrücke erkennen. Brubaker, der die größeren Füße hatte, wie Kurtz bei einem frühen Besuch aufgefallen war, lief mit einem Loch in der Sohle durch die Gegend. Das passte irgendwie zu ihm.
Die Fußabdrücke führten in der Mitte des staubigen, dunklen Korridors entlang – Kurtz hielt sich immer dicht an den Wänden, wenn er kam und ging – und endeten vor der offenen Tür seines Zimmers. Die Polizisten hatten sie eingetreten, das Schloss war zersplittert und das Holz aus den Angeln gerissen worden. Kurtz sammelte sich, spannte die Bauchmuskeln an und betrat sein Zuhause.
Myers kam hinter der Tür hervor und schlug ihm etwas, das sich wie ein Schlagring anfühlte, in den Magen. Kurtz ging zu Boden und versuchte, sich zur Wand zu rollen. In diesem Moment tauchte Brubaker von der anderen Seite des Raums auf und wollte Kurtz einen Tritt an den Kopf verpassen. Er erwischte jedoch nur Joes Schulter, als der sich duckte und noch einmal abrollte.
Myers trat ihm von hinten ans linke Bein und lähmte seinen Wadenmuskel, während Brubaker – der größere, hässlichere und gerissenere der beiden – seine Glock-9 zog und den Lauf gegen die weiche Stelle hinter Kurtz’ linkem Ohr presste.
»Nenn mir einen guten Grund«, zischte Detective Brubaker.
Kurtz bewegte sich nicht. Er konnte noch nicht wieder atmen, aber er wusste aus Erfahrung, dass sich seine verkrampften Bauchmuskeln und sein Zwerchfell von dem Schlag erholt haben würden, bevor er durch die mangelnde Sauerstoffzufuhr das Bewusstsein verlor.
»Nenn mir einen gottverdammten Grund! «, brüllte Brubaker und spannte den Hahn. Das war natürlich gänzlich überflüssig, weil es sich um eine Double-Action-Waffe handelte, aber es sah dramatisch aus und klang auch so.
»Hey hey, Fred!«, mahnte Myers, der ehrlich beunruhigt klang.
»Scheiß auf hey hey, Tommy«, erwiderte Brubaker und sprenkelte Kurtz’ Nacken mit Speichel. »Dieser elende Wichser ...« Er schlug Kurtz mit der Pistole hart in den Nacken und versetzte ihm dann einen Kick gegen sein Kreuz.
Kurtz grunzte und rührte sich nicht.
»Durchsuch ihn«, blaffte Brubaker.
Brubaker drückte ihm die Glock an die Schläfe. Kurtz blieb still liegen, während Myers ihn grob filzte und ihm die Knöpfe von der Jacke riss, als er sie aufzog und seine Taschen umkehrte.
»Er ist sauber, Fred.«
»Scheiße!« Der Lauf wurde nicht länger in die Haut neben Kurtz’ linkem Auge gepresst. »Hinsetzen, Arschloch, Hände hinter den Rücken, Rücken an die Wand.«
Kurtz parierte. Myers hockte auf der Armlehne des gefederten Sofas, das Kurtz hier heraufgehievt hatte und das ihm gleichermaßen als Sitzmöbel und Bett diente. Brubaker stand rund einen Meter entfernt, seine Neunmillimeter zielte immer noch auf Kurtz’ Kopf.
»Ich sollte dich auf der Stelle umlegen, du verfickter Schwanzlutscher«, verkündete Brubaker im jovialen Plauderton. Er klopfte auf die linke Tasche seines billigen Anzugs. »Ich habe hier eine unregistrierte Kanone. Wir lassen dich einfach liegen. Die Ratten werden dich zu drei Vierteln aufgefressen haben, bevor dich irgendein Arsch entdeckt.«
Sie werden mich sogar ganz aufgefressen haben, ehe mich hier oben jemand findet, dachte Kurtz. Doch er behielt seine Erkenntnis für sich.
»Jimmy Hathaways Geist könnte in Frieden ruhen«, sagte Brubaker mit angespannter Stimme, auch sein Finger am Abzug war angespannt.
»Fred, Fred«, beschwichtigte ihn Myers, der den guten Cop spielte. Oder zumindest den halb-vernünftigen Cop. Den nicht-wahnsinnigen Killercop.
»Scheiß drauf«, schimpfte Brubaker und senkte die Waffe. »Du bist es nicht wert, du Stück Rattenscheiße. Nicht, wenn wir dich sowieso bald
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