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Joel 2 - Die Schatten wachsen in der Daemmerung

Joel 2 - Die Schatten wachsen in der Daemmerung

Titel: Joel 2 - Die Schatten wachsen in der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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die vor ihrem Laden Krach machten. Dann kam sie mit der Lockenzange aus der Tür gestürzt und schrie und drohte, und alle fürchteten sich ein wenig vor ihr, weil man nie ganz sicher sein konnte, was sie eigentlich sagte in ihrer komischen Sprache. Jetzt saß sie da und hielt Joels Hand.
    Joel guckte noch einmal, um sich zu vergewissern, daß er sich nicht getäuscht hatte.
    Vorsichtig drehte er den Kopf, um zu sehen, in was für einem Auto er lag.
    Ein Krankenwagen. Das einzige Auto, in dem es ein Bett gab.
    Als er im Krankenhaus auf eine andere Trage hinübergehoben wurde, dachte er, es sei das beste, ein bißchen zu stöhnen. Nicht sehr, aber ein bißchen jedenfalls. Vielleicht war es besser, die Menschen nicht allzu schnell wissen zu lassen, daß er ein Mirakel erlebt hatte.
    Oberarzt Stenström untersuchte ihn. Joel gefiel es nicht, daß die Krankenschwester ihm alle Sachen auszog. Am allerwenigsten gefiel ihm, daß sie das große Loch in seiner Unterhose sehen würde. Und er war auch nicht ganz sicher, ob seine Füße sauber waren. Ein Mensch, der ein Mirakel erlebt, sollte vielleicht frisch gebadet sein?
    Plötzlich hörte er Stenströms dröhnende Stimme. »Dieser Junge hat ein unglaubliches Glück gehabt«, sagte er. »Landet unter einem Bus und kriegt nicht eine einzige Schramme ab. Das kann man ein Mirakel nennen.« Mirakel!
    Das stimmte. Oberarzt Stenström hatte es verstanden. Joel schlug die Augen auf.
    Starkes Licht strahlte ihm mitten ins Gesicht. Ein Geruch stach ihm in die Nase. Die Lampe brannte wie eine Sonne. Wie weiße Schatten ahnte er die Gesichter, die ihn anschauten.
    Plötzlich fiel ihm Jesus ein, der übers Wasser gegangen war. Das war Frau Nederströms Lieblingsgeschichte aus der Bibel. Wie viele Male sie die schon erzählt hatte, wußte Joel nicht. Aber oft genug, daß er sie fast auswendig konnte.
    Was hatten die Menschen, die am Ufer gestanden hatten, Jesus zugerufen, als er über die Wellen ging?
    Das lange und schwere und unbegreifliche Wort. »Halleluja!« rief Joel, als es ihm einfiel.
    »Das kann man wahrhaftig sagen«, sagte Oberarzt Stenström. »Laß mal sehen, ob du dich aufrichten kannst.« Eine Krankenschwester half ihm. Er saß auf dem Untersuchungstisch und baumelte mit den Beinen. Auf einem Stuhl lag die Unterhose mit dem großen Loch.
    Dann sprang er auf den Fußboden.
    »Nicht eine Schramme«, sagte Oberarzt Stenström. »Rat mal, wer sich freuen wird.«
    »Papa Samuel«, sagte Joel, weil er dachte, das sei als Frage gemeint gewesen.
    »Da bin ich sicher«, antwortete Oberarzt Stenström.
    »Aber der Chauffeur, der den Bus gefahren hat, wird sich mindestens genauso freuen.«
    Joel wollte sich anziehen.
    »Wir behalten dich lieber über Nacht hier«, sagte der Oberarzt, »damit wir ganz sicher sein können.« »Ich muß nach Hause, Kartoffeln kochen«, sagte Joel. »Sonst macht sich Papa Sorgen.«
    »Er ist schon auf dem Weg hierher«, sagte eine der Krankenschwestern. Plötzlich erkannte Joel ihre Stimme. Sie war die Mutter einer seiner Klassenkameradinnen. EvaLisa, die schneller laufen konnte als alle anderen in der Klasse. Sie war wie ein Windhund.
    Joel legte sich wieder auf den Untersuchungstisch. In diesem Augenblick wollte er am liebsten in Frieden gelassen werden. Immer noch wußte er ja kaum, was passiert war. Als ob alle im Zimmer seine Gedanken gelesen hätten, ließ man ihn allein. Schnell sprang er vom Tisch und legte die Unterhose unter das Hemd, so daß das Loch nicht mehr zu sehen war. Dann guckte er nach, ob seine Füße sauber waren.
    Das waren sie nicht. Er nahm ein paar Wattebäusche aus einer Glasschale und goß aus einer braunen Flasche etwas darauf, das stark roch. Dann rieb er die Füße sauber. Er war gerade wieder unter das Laken auf dem Tisch gekrochen, als die Tür geöffnet wurde.
    Und da stand der Busfahrer.
    Joel erkannte ihn. Er hieß Eklund und hatte mal einen Bären geschossen. Er fuhr immer den Bus nach Ljusdal. »Junge«, sagte er, »wenn du nur wüßtest. Wenn du wüßtest, wie froh ich bin.«
    »Ich hab nicht aufgepaßt«, sagte Joel. »Hoffentlich ist der Bus nicht kaputtgegangen.«
    »Was kümmert mich der Bus«, sagte Eklund und wischte sich mit seiner großen roten Hand Rotz von der Nase. Joel sah, daß er rote Augen hatte.
    »Ich konnte nicht rechtzeitig bremsen«, sagte Eklund.
    »Plötzlich warst du genau vor dem Bus. Ich hätte nie geglaubt, daß du das überlebst. Nie.«
    »Es war wohl ein Mirakel«, sagte Joel.
    Eklund

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