Joel 3 - Der Junge der im Schnee schlief
wieder fehlte. Und der Windhund kicherte mit ihren Freunden. Vielleicht hatten sie schon angefangen einander Zettel zu schicken, auf denen sie sich erzählten, was gestern Abend passiert war?
Joel drückte die Hände gegen den Bauch. Er tat weh. Jetzt war es nicht Samuel, der da drinnen saß und kniff. Jetzt war es der Windhund. Joel kroch wieder ins Bett. Angezogen streckte er sich unter der Decke aus. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er war blamiert. Ihm blieb nichts anderes übrig als abzuhauen. Spurlos zu verschwinden. Das würde morgen in den Zeitungen stehen.
Joel Gustafsson, der unter mysteriösen Umständen verschwand.
Der Fall Joel Gustafsson.
Der Junge, der sich in Rauch auflöste.
Er würde auf Pitcairn Island sitzen und lesen, was in den Zeitungen stand. Aber dann würde er nicht mehr Joel heißen. Dann hieß er Fletcher. Und er hatte eine der Nachkommen der Meuterer geheiratet. Eines Morgens war sie ihm am Strand in durchsichtigen Schleiern entgegengekommen. Sie hatte ihn an den Windhund erinnert. Aber sie war schöner. Sie hatte rote Lippen und sie konnte sogar noch schneller laufen als der Windhund. Schon hatte er einen Sohn, der Joel hieß. Joel Fletcher jun. Niemand wusste, dass Fletcher es gewesen war, der einmal als Joel Gustafsson auf einem Stuhl gesessen und die Lippen gespitzt hatte.
Es tat weniger weh im Bauch, wenn er träumte. Aber es war schwer, den Traum festzuhalten. Ständig wollte er ihm davonlaufen. Und dann war der Windhund wieder da mit ihren lachenden Freunden.
Joel spürte, dass er nicht zu Hause bleiben konnte. Aber wohin sollte er gehen ?
Er stellte sich ans Fenster. Draußen stürmte es. Und es hatte angefangen zu schneien.
Simon, dachte er. Der Einzige, zu dem ich gehen kann, ist Simon Urväder. Ich kann nicht zu Gertrud gehen. Sie würde geradewegs durch mich hindurchsehen und mir Fragen stellen. Und die will ich nicht beantworten.
Er zog sich an. Es war gut, dass es stürmte. Niemand würde ihn draußen auf den Straßen entdecken. Nicht einmal der Oberlehrer, der so scharfe Augen hatte. Alle würden sich vor dem Wind ducken und auf den Boden starren. Er ging hinaus ins Unwetter. Es stürmte wirklich heftig. Er musste gegen den Wind ankämpfen. Aber er hatte sich entschieden. Er würde Simon Urväder besuchen. Dort würde er seine Ruhe haben. Dort konnte er seine Flucht nach Pitcairn Island planen. Die damit begann, dass er morgen Abend den Nachtzug bestieg. Samuel sollte vergeblich auf ihn vor dem Schuhladen warten. Das Geld für die Stiefel brauchte er für die Reise. Er würde es sich von Samuel leihen. Später würde Joel ihm das Geld um ein Vielfaches zurückzahlen. Für jede Krone, die er sich geliehen hatte, würde er tausend Kronen zurückgeben.
Er kam gerade am Bahnhof vorbei. Der Bus nach Ljusdal würde gleich abfahren. Die Scheibenwischer kämpften, um dem Fahrer die Sicht freizuhalten. Joel dachte daran, wie er einmal unter genau diesen Bus geraten war und wie durch ein Wunder dem Tod entgangen war. Jetzt fragte er sich, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn er damals gestorben wäre. Dann wäre es ihm jedenfalls erspart geblieben, sich auf den verdammten Stuhl zu setzen, den der Windhund ihm hingestellt hatte.
Der Sturm zerrte. Der Schnee wirbelte. Joel kämpfte sich weiter. Jetzt war er am Krankenhaus vorbei, war auf dem Weg hinaus aus dem Ort. Auf der Landstraße hatten sich schon hohe Schneewehen gebildet. Bald war sie ganz zugeschneit. Die Autos würden in den Wehen stecken bleiben und warten müssen, bis die Räumfahrzeuge kamen.
Fast hätte Joel die Abzweigung zu Simons Haus verpasst. Er stapfte durch den hohen Schnee. Dort stand der alte Laster, halb eingeschneit. Jetzt hatte er das Haus erreicht. Er hämmerte gegen die Tür. Keine Antwort. Dann öffnete er und trat ein. Das Haus war leer. Simon war nicht da. Auch die Hunde nicht. Im offenen Kamin glomm noch schwache Glut. Joel klopfte sich den Schnee ab und stellte sich vor den Kamin, um seine Hände aufzuwärmen. Wohin konnte Simon mit den Hunden gegangen sein? Der Laster war da. Und Simon war keiner, der unnötig herumspazierte. Wenn er irgendwohin musste, nahm er den Laster.
Plötzlich wusste Joel, dass irgendetwas nicht stimmte. Er setzte sich die Mütze auf, zog die Handschuhe an und ging wieder nach draußen. Fußspuren waren nicht zu sehen, weder von Simon noch von den Hunden. Sie waren zugeschneit oder verweht worden. Joel stapfte zum Laster und es gelang ihm, eine Tür zu öffnen,
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