Joel 3 - Der Junge der im Schnee schlief
die halb eingefroren war. Dort drinnen saß nur Simons Hahn und starrte ihn an. Joel schloss die Tür und versuchte sich umzuschauen. Der Sturm hatte zugenommen. In dem Schneetreiben konnte er fast nichts sehen. Er rief Simons Namen. Aber es kam keine Antwort. Es dröhnte in den Tannen, die sich im Wind beugten. Joel rief wieder. Immer noch keine Antwort.
Plötzlich zuckte er zusammen. Etwas hatte ihn berührt. Er drehte sich hastig um. Da stand einer von Simons Hunden. Er winselte. Joel bückte sich und streichelte ihm über den Kopf. Dann sah er sich um. Wo war der andere Hund? Wo war Simon?
»Wo ist Simon?«, fragte er den Hund. »Simon? Wo ist Simon?«
Der Hund winselte. Joel war unbehaglich zumute. Jetzt war er sicher, dass etwas passiert sein musste.
Er machte ein paar Schritte zur Seite und lockte den Hund. Der blieb stehen und winselte. Joel ging noch ein Stück weiter. Da lief der Hund davon. Joel folgte ihm. Der Hund verschwand im Wald. Joel konnte kaum mithalten. Er stapfte und stolperte voran. Schon war er außer Atem und durchgeschwitzt. Hier drinnen zwischen den Bäumen war der Sturm anders. Der Schnee fiel auch nicht so dicht. Aber die Tannen dröhnten noch genauso laut. Es war ein Geräusch wie bei einer Feuersbrunst. Ein Schneebrand und ein Sturmbrand. Der Hund führte ihn weiter und Joel folgte ihm. Er fragte sich, ob er jemals zurückfinden würde. Aber vor ihm war der Hund. Der fand den Weg.
Plötzlich blieb der Hund stehen. Joel erreichte ihn. Dort war der andere Hund. Und Simon. Ausgestreckt im Schnee. Neben seiner Hand lag eine Axt. Joel kniete sich hin und schüttelte ihn. Aber er öffnete nicht die Augen. Entsetzt dachte Joel, er sei tot. Er rüttelte ihn ganz fest und rief seinen Namen. Die Hunde winselten. Da hörte er, dass Simon schwach stöhnte. Joel konnte keine Verletzungen sehen. Aber es sah aus, als ob Simon sich übergeben hätte. Joel wusste nicht, was er tun sollte. Wenn Samuel doch hier gewesen wäre. Es war zu schwer für Joel. Damit wurde er nicht allein fertig. Simon war krank. Vielleicht lag er im Sterben. Joel versuchte nachzudenken. Sollte er loslaufen und Hilfe holen? Aber die Hunde würden bei Simon bleiben. Allein fand er vielleicht nicht wieder heraus aus dem Wald. Die Spuren im Schnee verschwanden schon wieder. Es gab nur eine Möglichkeit. Er musste Simon zurück zum Haus tragen oder ziehen. Dort könnte er ein Feuer im Kamin machen. Simon konnte im Bett liegen und warm werden, während Joel Hilfe holte. Er bückte sich und versuchte Simon aufzuheben. Aber er war zu schwer. Da packte er seine Arme und begann zu ziehen. Er zog, sosehr er konnte. Vielleicht schaffte er es, Simon einen Meter zu ziehen.
Es geht nicht, dachte er verzweifelt.
Aber er musste es schaffen. Und Joel zerrte ihn weiter. Wie lange er brauchte, bis er die Hütte erreichte, wusste er nicht. Ihm war es, als ob Stunden vergangen wären. Mehrere Male war Joel vor Erschöpfung hingefallen. Aber er war wieder aufgestanden und hatte Simon weitergezogen. Als sie die Hütte erreichten, war Joel so müde, dass er sich übergeben musste. Mit seinen allerletzten Kräften gelang es ihm, Simon in die Hütte und ins Bett zu schaffen. Dann machte er Feuer im Kamin. Seine Finger waren steif gefroren. Er hatte kein Gefühl mehr darin. Aber er wartete nicht ab, bis sie warm wurden. Sobald das Feuer im Kamin ordentlich brannte, lief er davon und hinaus auf die Landstraße, die jetzt ganz zugeschneit war. Der Sturm tobte um ihn herum. Die Tannen beugten sich, als ob jemand hinter ihnen wäre, der sie peitschte. Er kämpfte sich voran, Meter um Meter, und hoffte, dass ein Auto kam. Jetzt war es ganz dunkel und er war so müde, dass er nicht mehr lange gehen konnte. Er setzte sich in eine Schneewehe um sich auszuruhen. Kurz bevor er einschlief, zuckte er zusammen. Schlief er im Schnee ein, dann würde er sterben. Er zwang sich wieder auf die Beine und ging weiter.
Schließlich hörte er es. Etwas, das anders klang als der Sturm. Dann sah er einen flackernden Lichtschein zwischen den Bäumen. Er stellte sich mitten auf die Straße und fuchtelte mit den Armen. Es war ein Laster mit Schneepflug, der auf ihn zukam. Und er hielt an. Jemand kletterte aus dem Fahrerhaus und kam ihm entgegen.
»Da ist was mit Simon«, sagte Joel. »Er ist krank. Er braucht Hilfe.«
Was dann geschah, daran konnte er sich nur undeutlich erinnern. Jemand half ihm ins Fahrerhaus. Dort war es warm. Eine Stimme, die er nicht kannte, fragte
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