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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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abzuwenden? Interessiert es Sie nicht, etwas über die beiden
größten Verbrecher des Jahrzehnts zu erfahren?«
    Dahlerus fiel
plötzlich wieder ein, woher er den Mann kannte. Dessen demoliertes Gesicht
hatte ihn abgelenkt. Vor drei Tagen waren sie im selben Flugzeug von London
nach Berlin geflogen. Blaue Augen, blonde Haare, asketisches Gesicht, ein
Vorzeige-Arier, hatte er damals gedacht. Jetzt war er völlig durcheinander.
    »Verfolgen Sie mich?«
    Der Mann sah ihn erstaunt an. »Wie kommen Sie denn
darauf?«
    »Sie saßen neben
mir im Flugzeug nach Berlin, vor drei Tagen. Das kann ja wohl kein Zufall
sein.«
    Der Mann atmete hörbar ein. »Ist es aber. Es hatte nichts mit Ihnen zu tun.
Gleichwohl kenne ich Sie. Das wiederum liegt an meinem Job. Ich arbeite für den
englischen Geheimdienst. Ich bin ein deutscher Überläufer. Mein Name ist
Richard Krauss. Wenn Sie mehr wissen wollen, brauche ich Ihr Wort, dass Sie
schweigen. Niemand wird von unserer Zusammenkunft erfahren, das verspreche ich
Ihnen. Ihre Mission ist nicht gefährdet.«
    Dahlerus wusste
nicht mehr, was er denken sollte. Was hier vorging, überforderte sein
Vorstellungsvermögen. Um Licht ins Dunkel zu bringen, musste er diesen Mann,
der sich Krauss nannte, erzählen lassen. Er hatte ihn geschickt an einen Punkt
gebracht, an dem Dahlerus die Sache nicht hätte beenden können, ohne beständig
damit zu hadern, was hinter dieser Sache steckte. Außerdem schien Krauss zwar
unberechenbar, in seiner direkten, fordernden Art aber auch aufrichtig.
Dahlerus entschied sich fürs Zuhören.
    »Reden Sie! Aber so, dass ich die Zusammenhänge
begreife.«
    »Ich habe Ihr Wort?«
    »Sie haben mein Wort.«
    Krauss begann seine Geschichte vor Hitlers Machtergreifung. Er schilderte
in aller Kürze den Siegeszug von SA und SS und wie die verschiedenen Nazi-Führer
danach trachteten, innerhalb dieser Apparate Eliteeinheiten aufzubauen. Eine
dieser Truppen in der Truppe war das nur Hitler unterstellte Kommando von
Edgar Krauss, das sich später »Söhne Odins« nannte. Als Dahlerus hörte, wie der
martialisch-mystische Name entstanden war, rümpfte er angeekelt die Nase.
Krauss registrierte es aufmerksam. Er berichtete von seiner Flucht mit Hanna,
den furchtbaren Ereignissen in Frankreich und davon, wie er mit Hitlers Sohn
nach London entkommen war. Allzu schreckliche Details sparte er aus, genauso
verzichtete er darauf, den Hass, den er für seinen Bruder empfand, zu sehr in
den Vordergrund zu stellen. Er erzählte nüchtern, faktisch, wie ein
Wissenschaftler, der einen Vortrag hält, einen Vortrag über menschliche Abgründe.
Einige Sachen ließ er ganz aus. Das Desaster in der Canal Street zum Beispiel.
Und den Auftrag, für den Doyle ihn nach Berlin geschickt hatte.
    Dahlerus sollte kein allzu fürchterliches Bild von ihm bekommen; außerdem
wollte er den Schweden nicht gefährden. Stattdessen verschleierte er den Grand
seiner Reise nach Berlin, führte seine geheimdienstliche Arbeit ins Feld. Die
Ereignisse in Berlin waren schnell zusammengefasst, ebenfalls um ein paar Tote
reduziert. Krauss endete mit Görings Intervention.
    Dahlerus hatte
die ganze Zeit schweigend zugehört. »Erwarten Sie von mir, dass ich Ihnen das
abnehme? Hitler wollte einen Erben zeugen? Das ist doch abstrus.«
    »Glauben Sie, ich
besitze die Phantasie, mir so etwas auszudenken? Schauen Sie mich an: Ich bin
ein Mann der Tat, kein Schöngeist. Außerdem: Warum sollte ich das tun? Was
hätte ich davon?«
    Dahlerus dachte
an seine erste Nacht in der englischen Botschaft. Forbes hatte ihn ähnlich
ungläubig angesehen wie er jetzt diesen Mann namens Krauss, und der Schwede
hatte damals ähnlich argumentiert, wie der Deutsche es gerade tat. Man musste
wohl akzeptieren, dass in diesen Zeiten viel Absonderliches und Ungeheuerliches
geschah. Was nicht automatisch bedeutete, dass Krauss die Wahrheit sprach.
    Dahlerus räusperte
sich. »Was Sie davon haben? Das werden Sie mir wohl gleich erzählen.«
    »Es geht hier nicht um mich, wenn Sie das denken. Sie sollen mir helfen,
den Jungen und seine neue Familie zu retten.«
    »Hitlers Sohn.«
    »Das war er mal. Jetzt ist er ein normaler englischer Junge, mit Freunden,
Hobbys und vernünftigen Zukunftsaussichten. Ich möchte, dass das so bleibt.«
    Dahlerus
versuchte sich vorzustellen, Hitlers Sohn besuche eine Londoner Schule wie
jedes andere Kind. Aber warum nicht? Wenn denn ein solcher Sohn überhaupt
existierte.
    »Was sollte ich Ihrer Ansicht nach

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