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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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dafür tun?«
    »Sie sollen eine Nachricht überbringen.«
    Dahlerus runzelte
die Stirn. »Ist das nicht ein wenig kompliziert, junger Mann? Schicken Sie ein
verschlüsseltes Telegramm. Das gehört doch wohl zu Ihrem Job.«
    »Sie wissen, dass das nicht so einfach ist. Für jeden Code gibt es einen
Schlüssel. Ich brauche einen zuverlässigen Kurier. Zuverlässig und
unauffällig.«
    Der Schwede
wusste, dass Krauss recht hatte, was den Nachrichtenverkehr anging. Seine
Vermutung, dass auch die Hotelzimmer abgehört wurden, schien dagegen paranoid.
Dahlerus haderte mit sich. Wenn er Krauss half und man fand den Brief bei ihm
oder die Sache flog aus anderen Gründen auf, war er für alle Zeiten diskreditiert.
Die Vermittlungsbemühungen wären zum Scheitern verurteilt. Das würde er sich
nie verzeihen. Dahlerus sah in Krauss' Gesicht. Unter dem demolierten Äußeren
schwelte eine stille Wut. »Ich glaube, ich kann Ihnen nicht helfen.«
    Krauss ballte beide Hände zu Fäusten und zischte ihn an. »Geben Sie sich
einen Ruck! Sie sollen eine Nachricht übergeben, mehr nicht.«
    Dahlerus war etwas erschrocken über die Schärfe, die plötzlich in den
Worten des Deutschen lag. Der Schwede hatte den Eindruck, er müsse sich
rechtfertigen.
    »Bedenken Sie, was hier auf dem Spiel steht. Auch mir geht es nicht um
meine Person, das wissen Sie genau. Es geht um die Menschen in Europa,
Millionen von Menschen. Ich versuche seit Monaten zu verhindern, dass diese
Menschen in einen verheerenden Krieg schlittern. In meinem Kopf ist für nichts
anderes mehr Platz, ich träume davon, ich denke daran, wenn ich aufstehe, aber
meistens schlafe ich gar nicht erst. Ich komme nicht mehr zur Ruhe, weil ich
immer wieder brennende Häuser vor meinem inneren Auge sehe, und Menschen, die
daraus hervorstürzen, lebende Fackeln, die zu Asche zerfallen. Das treibt mich
unablässig um, und damit es nicht passiert, fliege ich hin und her zwischen
London und Berlin und versuche, die Männer, die dort regieren, dazu zu bringen,
miteinander darüber zu reden, wie man den Frieden erhalten kann. Ich verkneife
mir jedes Urteil, korrigiere nur hier ein wenig und lenke dort ein bisschen
nach, um das täglich Unausweichlichere vielleicht doch noch zu verhindern. Und
dann kommen Sie und sagen, ich solle eine Nachricht überbringen - an Hitlers
Sohn. Wenn davon nur ein Detail, eine vage Vermutung öffentlich würde, wäre ich
erledigt. Es gäbe keine Gespräche. Keine Annäherung. Alles wäre umsonst
gewesen.« Dahlerus legte eine kurze Pause ein. »Ich weiß ja nicht einmal, ob
das stimmt, was Sie mir erzählt haben. Vielleicht wollen Sie ja die
Verhandlungen boykottieren. Vielleicht arbeiten Sie im Auftrage von Ribbentrop.
Sie sind Deutscher. So eine Intrige wäre ein cleverer Schachzug. Niemand macht
sich die Hände schmutzig, und ich stehe am Ende dumm da.«
    Krauss presste die Lippen zusammen. Er musste sich
beherrschen, sprach aber so ruhig er konnte. »Herr Dahlerus, ich arbeite weder
für den Außenminister noch verfolge ich persönliche Motive, ein Zustandekommen
der Gespräche zu verhindern. Ich habe Ihnen erklärt, in welchem Verhältnis ich
zu dem Jungen stehe. Mir geht es nur darum, das Kind zu retten. Die Frau, die
ich mehr als alles in der Welt geliebt habe, hat sich für dieses Kind geopfert,
obwohl es die Gene eines geisteskranken Tyrannen in sich trägt. Sie wollte mir
damit zeigen, dass sie den Jungen für unschuldig hält. Verstehen Sie das? Wenn
dieses Kind aufwächst wie jedes andere, wenn dieses Kind ein normales Leben leben
kann, wenn dieses Kind eine Zukunft hat, dann haben wir sie auch. Hanna wollte
mir beweisen, dass das Böse nicht in jedem von uns schlummert, sondern dass es
eine Frage der Erziehung, der äußeren Umstände ist, ob das Böse Besitz von uns
ergreift. Und sie wollte es an einem Kind beweisen, das die schlimmstmöglichen
Voraussetzungen mitbringt. Am Kind eines rücksichtslosen Mörders. Dieses Kind
ist es wert, gerettet zu werden, meine ich, und es ist es wert, dass Sie dafür
ein Risiko eingehen.«
    Der Mann erzählte
die Wahrheit, das war Dahlerus mittlerweile klar. Krauss war ein Getriebener,
besessen von einer fixen Idee. Deshalb die unterdrückte Wut. Das machte ihn so
gefährlich.
    Dahlerus
versuchte, Krauss zu beschwichtigen. »Vielleicht sagen Sie ja doch die Wahrheit.
Wenn es so ist - und davon gehe ich jetzt einmal aus -, kann ich Ihren Zorn und
Ihre Verzweiflung verstehen. Aber Sie müssen sich auch einmal in

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