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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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mit Schubladen, aus der Bensler die Waffe gefischt hatte.
Alles wirkte flüchtig eingerichtet, nicht für länger gedacht. Einer der anderen
Räume war das Schlafzimmer. Die zerwühlten Laken deuteten darauf hin, dass
Bensler und Eva ein Paar waren. Auf den Nachttischen standen leere Limonadengläser.
Die beiden hatten es sich gemütlich gemacht. So weit weg vom langen Arm
Berlins, da ließ man die Zügel schleifen. Aber Krauss wusste, dass die beiden
kein echtes Liebespaar sein konnten. Dazu waren sie zu krank im Kopf.
    Lustlos durchwühlte er die Schubladen. Einige waren leer, in anderen fand
er etwas Kleidung, genug für ein paar Tage. Sie waren gerade erst angekommen,
dachte Krauss, hatten sich noch nicht eingelebt, warteten. Worauf? Das konnte
ihm nur einer beantworten. Er hockte sich neben Bensler, der lang hingestreckt
auf dem Boden lag, stieß ihn unsanft mit dem Lauf der Walther an die Brust.
    Der Deutsche stöhnte. Unter seinem Knie und neben seiner Schulter hatten
sich Blutlachen auf dem Teppich gebildet. »Bensler, du Ratte.«
    Krauss griff sich
einen Stuhl und zog ihn neben den angeschossenen Deutschen. Er setzte sich und
trat Bensler kräftig in die Seite. »Wach auf! Du warst doch sonst so hart im
Nehmen.«
    »Leck mich am Arsch, Krauss.«
    Bensler quetschte
die Worte zwischen den Zähnen hervor. Die Augen hielt er geschlossen.
    »Immer noch der
Alte. Ungehobelt und geschmacklos. Schau dir nur an, wie du aussiehst. Du bist
in London, Erich, hier rennt man nicht in Unterwäsche herum. Du siehst aus wie
ein Bauer, der gleich die Schweine füttern will.«
    Bensler öffnete die Augen. »Du hast Eva umgebracht.«
    »Und du bist der Nächste.«
    Bensler räusperte sich. Seine Stimme klang trotzdem belegt. »Ich habe nie
wirklich an deinen Tod geglaubt, Krauss. Das war alles zu glatt, zu inszeniert.
Aber Edgar wollte nichts davon hören. Er hat lange gelitten. Er leidet immer
noch.« Bensler leckte sich mit der Zunge über die Unterlippe. »Wenn du noch
lebst, lebt auch der Junge. Was ist mit ihm? Ist er wohlauf? Wo ist er, wo
hältst du ihn versteckt? Was hast du deinem Volk nur angetan, Krauss?«
    »Halt die Schnauze! Wieso seid ihr hier? Wegen mir ja wohl kaum.«
    »Hast du eine Zigarette?«
    »Liegen im Wagen. Wieso seid ihr hier?«
    Bensler stützte sich auf seinen gesunden Arm, richtete sich mühsam auf und
rutschte mit dem Oberkörper an die Wand. Schmerzwellen verzerrten sein Gesicht.
Aber er hatte aufgehört zu stöhnen.
    »Edgar ist nicht mehr derselbe wie früher. Nach deinem Tod, deinem
vermeintlichen Tod hat er monatelang kaum mit uns gesprochen. Später hat er
mir erzählt, wie sehr er bereue, was passiert ist. Du würdest dich wundern,
Richard. Er würde dich in seine Arme schließen.« Bensler verzog reflexhaft den
Mund. »Wir alle würden das.«
    »Zum letzten Mal: Wieso seid ihr hier? Ich will eine Antwort, kein
Geschwätz.«
    Bensler fuhr ihn plötzlich an. »Du weißt doch gar nicht, wie es abgelaufen
ist. Welchen Druck er gemacht hat. Auf uns alle. Uns blieb doch keine Wahl.«
    »Ihr habt Hanna getötet.« Krauss schaute Bensler lange an. »Und so viele
andere. Dafür gibt es keine Entschuldigung.«
    »Du hast genauso gemordet wie wir. Vergiss das nicht!« Bensler erwiderte
den Blick. »Du bist einer von uns. Immer noch. Edgar weiß das.«
    »Du irrst dich. Ich war nie einer von euch. Ihr hattet mich zu etwas
gemacht, was ich nicht war. Nie sein wollte.«
    »So ein Quatsch. Du bist einer von uns, du bist arisch bis ins Mark, genau
wie dein Bruder. Du trägst das Zeichen, wie wir anderen auch. Reines Blut,
reines Herz, reines Volk. Du bist ein Sohn Odins. Du hast Pflichten zu
erfüllen.«
    Krauss zielte mit der Waffe zwischen Benslers Augen. »Ich kann diese
Scheiße nicht mehr hören, Bensler. Noch ein Wort von diesem Gewäsch, und du
bist ein toter Mann. Also: Wieso seid ihr hier?«
    »Du tötest mich doch sowieso. Wieso sollte ich dir etwas erzählen?«
    »Weil du es vorziehst, schnell zu sterben.«
    »Du bist keiner,
der gerne foltert. Daran hat sich wohl nichts geändert.« Schmerz löschte
Benslers Lächeln gleich wieder aus.
    Krauss lehnte sich zurück. Die Hand mit der Waffe ruhte auf seinem
Oberschenkel, der Lauf zeigte in Richtung des Nazis.
    »Vielleicht hast
du recht. Andererseits: So brennend interessieren mich deine Antworten auch
wieder nicht. Eigentlich sind sie mir sogar ziemlich egal. Das Einzige, was
zählt, ist, dass du nicht mehr die gleiche Luft atmest wie ich.«

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