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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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einzuschätzen. Das
joviale Angebot des Feldmarschalls schien ehrlich gemeint zu sein, entsprang
aber dessen wechselhaftem Gemüt. Allzu harsche Kritik mochte Göring nicht
hören, weder an seiner Politik noch an seiner Person. Stellte man sein Denken
oder Handeln in Frage, musste man sorgsam vorgehen. Aber der Schwede hatte
nicht vor, dem Deutschen dessen Verfehlungen vorzuwerfen - er wollte ihm nur
einen Vorschlag unterbreiten.
    »Ich weiß das zu schätzen, Herr Göring«, antwortete Dahlerus. »Denn es
zeigt, dass Sie mir vertrauen. Und in der derzeitigen Situation ist es von
größter Bedeutung, dass wir auf das Wort des anderen zählen können.«
    »Das ist doch selbstverständlich. Sie sind für mich ein Ehrenmann,
Dahlerus, ohne Wenn und Aber. Also raus mit der Sprache.«
    Treffen mit Göring unter vier Augen folgten eigenen Regeln. Insofern war
Dahlerus eher zwiegespalten, was ihre Inselrundfahrt betraf. Einerseits sprach
Göring einiges vielleicht offener an, so dass sich daraus etwas von seinen
wahren Absichten ableiten ließ, andererseits landeten sie vielleicht bei einer
Diskussion über die Jagdgewohnheiten der alten Germanen.
    »Wir, das heißt, die englische Delegation und ich, haben heute Morgen noch
einmal die Ergebnisse des gestrigen Tages besprochen. Wenn ich eines vorneweg
schicken darf, Herr Feldmarschall: Die Briten sind rundum zufrieden über den
Verlauf unserer kleinen Konferenz.« »Das will ich auch meinen.«
    »Außerdem soll
ich Ihnen von Sir Charles Spencer herzliche Grüße ausrichten, im Namen aller
Anwesenden natürlich. Spencer hält Sie für einen großen Staatsmann, einen Mann
von Ehre und Gewissen.«
    »Das freut mich. Bitte geben Sie ihm das Kompliment zurück. Ein
beeindruckender Mensch, dieser Spencer. Hat sich große Verdienste um sein Land
erworben. Ein wacher Geist, dabei nie überheblich. Sehr angenehm.« Göring zog
an seinem Mundstück und schickte zarte Rauchwölkchen in die Sylter Sommerluft.
Er fuhr gemächlich, warf gelegentlich einen anerkennenden Blick auf die
Insellandschaft.
    »Da sind wir schon an einem Punkt. Sir Spencer hält zwar auch viel von
Ihnen, aber er hegt ein gewisses Misstrauen, was den Rest der deutschen
Führungsebene angeht.«
    Göring setzte eine zweifelnde Miene auf.
    »Vielleicht auch, weil er persönlich niemanden außer Ihnen kennt. Man war
sich heute morgen jedoch einig darüber, dass sich die Verbindlichkeit von
Gesprächen extrem erhöhen werde, wenn man den Kreis der verhandelnden Parteien
vergrößern würde. Genauer gesagt: Die englische Delegation plädiert für eine
neue Vier-Mächte-Konferenz, für ein zweites München. Italien und Frankreich
sollten mit am Tisch sitzen, wenn es um die Zukunft Europas geht. Letzten Endes
wären auch sie unmittelbar betroffen - vor allem, wenn die Verhandlungen
scheitern und Deutschland in Polen einmarschiert.«
    »Nun malen Sie den Teufel mal nicht an die Wand, Dahlerus. So schnell
schießen die Preußen nicht, das müssten Sie doch auch wissen. Sie und Ihre
Freunde neigen etwas zur Übertreibung. Aber wahrscheinlich müssen wir die Dinge
etwas überspitzen, um zum Ziel zu kommen. Eine neue Vier-Mächte-Konferenz, ein
zweites München also. Da haben Sie sich ja was Schönes ausgedacht.«
    Göring steuerte
einen Parkplatz vor den Dünen an. Ein schmaler Fußweg führte von dort zum
Strand. Der Feldmarschall suchte eine passende Lücke, bugsierte den Mercedes
hinein, stellte den Motor ab und zog die Handbremse an. Mit einem lauten
Knurren verstummte die Maschine.
    Göring schaute Dahlerus belustigt an. »Lust auf einen kleinen Spaziergang?«
    Der Schwede zuckte mit den Achseln. Ihm blieb nichts anderes übrig, als
einzuwilligen. Er hoffte nur, dass hier niemand mit einer Nazigröße rechnete,
Göring nicht erkannt würde und sie ungestört blieben. Den Deutschen kümmerte
das nicht im Geringsten, er lief gut gelaunt auf die Dünen zu. Dahlerus hatte
Mühe, mit dem wesentlich korpulenteren Mann Schritt zu halten.
    »Ein herrlicher Tag, was, Dahlerus?«
    »Sie wollen hoffentlich nicht eine Runde mit mir schwimmen gehen, Herr
Göring, da muss ich nämlich passen.«
    »Nun seien Sie nicht so ängstlich, ich will Ihnen nur etwas zeigen.«
    Auf dem höchsten Punkt der Düne ließ sich die Küste ausgezeichnet
überblicken. Strandkörbe, Handtücher und Menschen sprenkelten den Strand, Väter
bauten mit ihren Söhnen Sandburgen, Mütter cremten ihre Töchter ein, überall
tollten Wasserratten in der kühlen

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