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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sondern nur
vom Hörensagen. Abgesehen von Schweden natürlich, wo er ein paar Jahre gelebt
hatte. Er war alles andere als ein Kosmopolit und deshalb anfällig für jedwedes
Vorurteil. Wann immer sich die Gelegenheit ergab, versuchte Dahlerus auf Göring
einzuwirken, ihm die Augen über die Menschen in Europa zu öffnen. Am
schwierigsten empfand er es, die Mauer aus Unwissen, kruden Behauptungen und
gezielt gestreuten Unwahrheiten zu durchdringen, die Görings Berater in jahrelanger
Kleinarbeit aufgebaut hatten. Erschwerend kam hinzu, dass Göring kaum Englisch
beherrschte, geschweige denn eine andere Fremdsprache. Zwar umgab er sich gerne
mit internationalen Gästen, sah sich in der Rolle des weltgewandten Repräsentanten
des Reiches, staatstragende Dialoge aber bedurften eines sprachmächtigen
Vermittlers. Dahlerus gefiel das nicht. Wie sollte Göring beurteilen, was die
Menschen in England oder Frankreich dachten und fühlten, was sie sich erhofften,
wovon sie träumten, wovor sie sich fürchteten? Wer alles mochte ihm sein Wissen
einflüstern? Der Schwede hatte einige Vertraute Görings kennengelernt, und es
fiel ihm leicht, sich deren Ratschläge auszumalen.
    Als Österreich ans Dritte Reich »angeschlossen« und die Tschechoslowakei
auf der Münchner Konferenz ihrem Schicksal überlassen wurde, fasste Dahlerus,
getrieben von der Schreckensvision eines brennenden Europas, den verwegenen
Plan, Göring die Augen zu öffnen. Er wollte ihn teilhaben lassen am Denken der
Menschen, die zu treffen er alleine nicht in der Lage war, auf dass sie ihm die
Augen öffneten über das Unvermeidliche, das sie alle erwartete. Mehr als zehn
Jahre hatte Dahlerus in England gelebt, seine Firma pflegte immer noch die
besten Handelsbeziehungen. Er besaß Zugang zu den höchsten wirtschaftlichen
und politischen Kreisen des Empire, genoss das Vertrauen bedeutender Männer,
bezeichnete viele gar als Freunde. Ausgestattet mit ihrem Vertrauen entwarf er
sein gewagtes wie verzweifeltes Vorhaben. Einer seiner eifrigsten Mitstreiter
war Charles Spencer, Mitglied der Konservativen Partei und erfolgreicher
Unternehmer, ein Gentleman der alten Schule, aufrecht, entschlossen, unnachgiebig.
Dahlerus und ihn verband eine tiefe, von gegenseitigem Respekt geprägte
Freundschaft, sie teilten dieselben Ansichten, hofften beide, dass es ihnen
gelänge, das Schlimmste abzuwenden. Allerdings, und das betonte Spencer bei
jeder sich bietenden Gelegenheit, nicht um jeden Preis. Der Brite weigerte sich
kategorisch, Zugeständnisse an die Deutschen zu machen, weil Hitler sich über
alle getroffenen Vereinbarungen hinwegsetzte. Spencers Haltung entsprach der
Linie der Regierung. Die Engländer erwarteten ein Entgegenkommen von deutscher
Seite, nicht umgekehrt. In jedem Fall würde man die vertraglich festgelegten
Beistandsverpflichtungen gegenüber Polen erfüllen. So lautete die Botschaft,
die Dahlerus und seine britischen Freunde Göring überbringen wollten - dass ein
Krieg mit Polen zwangsläufig einen Krieg mit England bedeuten würde.
    Bei einem
sonntäglichen Dinner im Londoner Constitutional Club am 2. Juli hielten die
Männer ihre Positionen schriftlich fest, entschlossen, sie Göring persönlich
darzulegen. Der Schwede ersuchte beim deutschen Feldmarschall erfolgreich um
einen Termin. Schon zwei Tage nach dem Gespräch in London saß Dahlerus Göring
in dessen nahe Berlin gelegener, im Andenken an seine erste Frau errichteten
Residenz Carinhall gegenüber. Rund zweihundert Gäste einer Gartenparty
warteten auf den Hausherrn, doch der diskutierte lieber mit Birger Dahlerus
über ein geheimes Treffen mit der englischen Delegation. Göring willigte nicht
sofort in den Plan des schwedischen Unternehmers ein, sondern behauptete, dass
die Engländer den Polen nicht beistehen würden, der Vertrag zwischen den beiden
Ländern das Papier nicht wert sei, auf dem er geschrieben stehe. Wie schon so
oft würden die Briten nur bluffen, von einer realen Gefahr könne keine Rede
sein.
    Dahlerus redete auf Göring ein, versuchte, ihn vom Gegenteil zu überzeugen,
was ihm nur teilweise gelang - aber immerhin gefiel dem Feldmarschall
irgendwann die Idee, die englischen Positionen aus berufenem Munde zu hören.
Der Schwede schlug ein neutrales Territorium vor, spekulierte darauf, dass
seiner Regierung eine solche Initiative nur recht sein konnte und schwedischer
Boden der ideale Ort dafür. Dass man in seiner Heimat diplomatische
Verwicklungen fürchtete und auf keinen

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