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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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kenne Sie nicht einmal mehr, ich bin
Ihnen sogar nie begegnet. Und auch sonst wird sich niemand in England an Sie
erinnern. Wenn Sie sich dafür entscheiden, den Auftrag anzunehmen, werden wir
Sie zwar nach Deutschland schleusen, aber dann sind Sie auf sich alleine
gestellt. Jede Hilfe von unserer Seite könnte unsere Regierung kompromittieren.
Wir werden Ihre Tat als die eines wahnsinnigen Einzeltäters verurteilen, eines
Mannes, der nur sein Rachebedürfnis stillen wollte. Und noch eines möchte ich
Ihnen nicht verheimlichen: Die Chancen, dass Sie diese Sache überleben, stehen
schlecht. Wenn Sie mich fragen: sehr schlecht.«
    Doyle machte eine
kleine Pause. Krauss hatte ihn die ganze Zeit neugierig betrachtet, wie ein
Wissenschaftler, der eine seltene Amöbenart unter dem Mikroskop untersucht. Der
Brite hatte ihm längst alles verraten. Man musste kein Prophet sein, um zu
ahnen, worauf das Gerede hinauslief.
    »Ich soll Adolf Hitler töten.«
    Doyle blieb ungerührt. »Sie haben es erfasst.«
     
    Die Engländer waren schon ein verrücktes Völkchen. Absurditäten gehörten
zum Alltag, jeder pflegte seine Schrullen wie ein exotisches Haustier. Daran
hatte Krauss sich gewöhnt. Aber ein Attentat auf Hitler, das war abenteuerlich.
Wobei Krauss zugeben musste, dass die Idee einen gewissen Reiz besaß. Niemand
in der deutschen Führungsriege war auch nur annähernd in der Lage, den Diktator
zu ersetzen. Nein, er musste sich korrigieren. Niemand litt unter denselben
Wahnvorstellungen wie Hitler. Besessen von faschistischen Ideen waren sie
alle, aber meist noch halbwegs bei gesundem Menschenverstand. Selbst Hetzern
wie Goebbels oder Ribbentrop traute Krauss alleine nicht zu, das nationalsozialistisch
regierte Land komplett ins Verderben zu reißen. Sie brauchten Hitler als
dämonische Instanz. Außerdem hieß der zweite starke Mann im Reich Hermann
Göring. Und das konnte tatsächlich eine Trumpfkarte sein: Krauss schätzte
Göring als jemanden ein, der sein eigenes Wohl über alles andere stellte, als
verwöhnten Bonvivant, der gerne im Luxus schwelgte. Würde er Hitler beerben,
hätten sie vielleicht eine Chance, Deutschland im Zaum zu halten. Vielleicht.
    Was tatsächlich
passieren würde, war schwer vorherzusagen. Doch je länger er über die Sache
nachdachte, desto mehr leuchtete ihm ein, dass der Faktor Hitler eine
entscheidende Rolle spielte. Ihn auszuschalten, schien vielversprechend.
Allerdings war das Risiko, vorsichtig ausgedrückt, immens. Dass er nah genug
an Hitler herankommen würde, schien Krauss undenkbar. Andere hatte es auch
schon versucht und waren gescheitert. Selbst von einem geplanten Attentat der
englischen Regierung an Hitlers Geburtstag, das am Ende verworfen wurde,
munkelte man hier und da in Geheimdienstkreisen. Angeblich existierte eine
Sektion X beim Special Operations Executive, deren Hauptaufgabe es war,
Nazi-Größen zu beseitigen. Bisher ohne durchschlagenden Erfolg. Vielleicht war
der neue Plan auch auf dem Mist des SOE gewachsen. Und so abwegig war er gar
nicht. Gelang es dem Geheimdienst, Krauss in Deutschland einzuschleusen, ohne
dass eine Spur zurückführte, könnten die Engländer glaubhaft jede Verwicklung
bestreiten. Krauss wäre der missratene Sohn, der sich für sein verlorenes
Leben rächte. Ein Einzeltäter. Ein Psychopath. Und vor allem: ein Deutscher.
    So sympathisch
Krauss der Plan bei aller Verstiegenheit war, er hatte andere Sorgen. Bensler,
Edgar, Christa, der Junge. Es fiel ihm schwer, sich zu sortieren. Er hatte
Bensler unterschätzt und zu intuitiv gehandelt. Die Frau hatte ihn
wahrscheinlich nicht einmal erkannt, sie wäre also keine Gefahr gewesen. Er
hätte sie laufen lassen und Bensler erledigen müssen. Jetzt lebte der Dreckskerl
noch, auch wenn zwei 22er Projektile in seinem Körper steckten. Sicher erholte
er sich in irgendeinem Schlupfloch in London und schmiedete Rachepläne. Zudem
ahnte er, dass der Junge wohlauf war. Selbst wenn er nicht den geringsten Schimmer
hatte, wo er nach ihm suchen sollte. Allein die Tatsache, dass er Bescheid
wusste, war ein Fiasko. Wahrscheinlich hatte er Edgar längst informiert. Wenn
nicht, würde er es bald tun.
    Krauss hatte Christa noch einmal angerufen, ihr alles erzählt. Vorläufig
mussten sie sich keine Sorgen machen. Aber irgendwann brauchten sie einen
Plan. Im Moment sah Krauss keine Möglichkeit, Bensler aufzuspüren. Vielleicht
gelang es ja der Polizei, wobei er nicht genau wusste, ob er sich das wünschen
sollte.

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