Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
schlummerte. Oda
setzte die Spritze in der Armbeuge an und traf gleich beim ersten Mal. Sie
machte ihre Sache gut.
    »Gleich sehe ich alles in einem angenehmeren Licht, vermute ich.«
    »Sie werden sich wohler fühlen, das ist wahr. Und
etwas schlapp.«
    Edgar schaltete sich ein. »Damit du nicht so herumstrampelst, wenn du im
Fass nach Fischen suchst. Wir wollen ja nicht, dass du dich verletzt.« Er
lachte höhnisch.
    Krauss spürte einen leichten Schwindel. Wahrscheinlich hatten sie ihm
Morphium oder Heroin injiziert. Beides würde seine Kräfte lähmen und ihn in
einen Zustand versetzen, in dem er die Dinge nicht mehr klar beurteilen konnte.
Edgar wollte böse Überraschungen vermeiden. Eine wohlige Mattigkeit legte sich
über Krauss' Glieder. Wärme breitete sich in seinen Eingeweiden aus. Oda
betrachtete ihn aufmerksam.
    Edgar beugte sich über seinen jüngeren Bruder. »Genieße deine
    Träume, solange du noch kannst. Wir lassen dich jetzt einen Moment
alleine. Aber wir kommen zurück. Versprochen.«
    Oda, Edgar und Grünberg verließen den Raum, die Tür krachte ins Schloss.
    Krauss konnte kaum noch die Augen offenhalten. Der Stuhl schien unter ihm
wegzusacken oder zumindest seine feste Form aufzugeben.
    Merkwürdigerweise passte sich sein Körper den fließenden Linien des Stuhles
an. Auch der Raum verlor seine Struktur, wirkte plötzlich organisch. Krauss
fühlte sich getragen von einer weichen Welle aus Wärme, die den Schrecken der
vergangenen Stunden hinwegspülte. Ab und zu blitzte ein Funken der Erkenntnis
auf, mahnte ihn zu Vorsicht, zu Wachsamkeit. Vergebens. Die Woge war zu
vollkommen, schluckte Zeit und Raum. Sie hatte Hannas Gesicht. Er gab sich ihr
hin.
    Als sich der Nebel etwas lichtete, wusste er mit seiner Situation erst
nichts anzufangen. Allmählich dämmerte ihm das Ausmaß seiner Misere. Er
erinnerte sich nicht daran, dass Edgar, Grünberg oder die Frau namens Oda
zurückgekommen waren. Sie hatten ihn seinem Rausch überlassen. Irgendetwas
stimmte da nicht. Allerdings hatte ihn sein Zeitgefühl komplett verlassen. Vielleicht
waren erst fünf Minuten verstrichen, seit sein Bruder gegangen war. Es hätten
auch fünf Stunden sein können. Er fror. Ein Indiz dafür, dass er schon länger
in diesem Kellerloch saß.
    Plötzlich knallte
die Tür auf. Oda kam herein. Ihr eher fürsorglicher Gesichtsausdruck, als sie
ihm die Spritze gegeben hatte, war Entschlossenheit gewichen. Sie baute sich
vor Krauss auf. In der rechten Hand hielt sie eine Luger mit Schalldämpfer.
Krauss fürchtete das Schlimmste. Sie sprach schnell, wählte die Worte sorgfältig.
    »Hören Sie mir gut zu, Richard. Unsere Zeit ist knapp. Ich arbeite für
eine kommunistische Widerstandsgruppe. Bensler hat sich heute Nacht bei Edgar
gemeldet. Er glaubt zu wissen, wo der Junge steckt. Wir wollen nicht, dass er
in seine Hände fällt. Deshalb hole ich Sie hier heraus. Ich habe Edgar, Franz
und zwei weitere Männer erschossen. Das verschafft uns ein paar Minuten. Haben
Sie mich verstanden?«
    Krauss hatte sie zwar gehört, traute aber seinen Ohren
nicht. Das war doch völliger Wahnsinn. Ein Trick. Niemals konnte Bensler den
Jungen aufspüren. Sein Bruder würde sich nicht von einer Blondine erschießen
lassen. Andererseits machte Oda einen harten Eindruck. Und seine Chancen,
diesem Schlamassel zu entkommen, standen draußen deutlich höher als in diesem
stinkenden Keller. Er nickte. Seine Zunge fühlte sich an wie ein aufgequollener
Lappen.
    »Verstanden.«
    »Ich schneide Sie jetzt los.«
    Oda legte die Luger auf den Tisch und zog ein Messer aus ihrer
Jackentasche. So geschickt, wie sie die Spritze gesetzt hatte, befreite sie
Krauss von den Riemen. Er drückte sich aus dem Stuhl hoch, taumelte aber sofort
nach vorne.
    »Das sind die Nachwirkungen des Heroins. Ihr Kreislauf macht schlapp.«
    Krauss keuchte. »Sie hätten mir auch Kochsalz injizieren können.«
    »Reden Sie keinen Quatsch. Edgar ist kein Dummkopf - war kein Dummkopf.«
    Krauss sah sie an. Diese Frau sollte seinen Bruder getötet haben, nach all
den Jahren, in denen er auf seine Rache gewartet hatte? Was soll's? dachte er.
Wenn es stimmte, war es gut. Tot ist tot. Die Luger, die Oda jetzt wieder in
der Hand hielt, sah nicht aus wie ein Spielzeug.
    »Wir können hier nicht ewig warten. Wie fühlen Sie
sich?«
    »Ich glaube, es geht.«
    Krauss versuchte, alleine zu stehen. Oda stützte ihn ab. Sie hatte einen
festen Griff. In Krauss' Hinterkopf rotierte ein Kreisel.

Weitere Kostenlose Bücher