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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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»Haben Sie ein paar
Klamotten?«
    »Oben im Wagen. Er steht im Durchgang. Bis dahin müssen Sie es so
schaffen.«
    Auf Oda gestützt,
stolperte Krauss in den Gang. Vor der Tür lag ein Mann, das Gesicht dem Boden
zugedreht. Neben ihm hatte sich eine Blutlache ausgebreitet. Oda lotste Krauss
an dem leblosen Wächter vorbei. An der Treppe hielt sie inne. Die Tür zum
Aufenthaltsraum war halb geöffnet.
    Krauss sah Füße auf dem Boden liegen. Aus dem Raum drang ein Stöhnen.
    Oda flüsterte. »Halten Sie sich fest!«
    Krauss lehnte sich an die Wand. Oda ging zum Aufenthaltsraum und sah
vorsichtig hinein. Dann drehte sie sich in die Tür, die Waffe im Anschlag.
    Sie gab zwei
gedämpfte Schüsse ab. Krauss hörte es rumpeln. Oda verschwand im Raum und kam
nach wenigen Sekunden zurück.
    »Grünberg. Ein zäher Bursche.« »Ist mein Bruder da
drin? Kann ich ihn sehen?« »Er ist nicht hier. Er hat eine Wohnung zwei Häuser
weiter. Ich habe ihn dort getötet.« »Ich muss ihn sehen.«
    »Glauben Sie mir:
Er ist tot. Und wenn wir weiter hier herumstehen, sind wir es auch. Lassen Sie
uns verschwinden.«
    Während Oda im ersten Licht der Morgendämmerung mit ihrem Wagen, einem BMW
326, über Berlins ausgestorbene Straßen rumpelte, rekapitulierte Krauss,
geduckt auf der Rückbank, die letzte halbe Stunde. Was geschehen war, erschien
ihm zu aberwitzig, um real zu sein. Eine ihm unbekannte Frau, die seinem
Bruder offensichtlich eng verbunden war, hatte ihn aus den Fängen der Söhne
Odins befreit und angeblich mehrere Männer getötet, darunter Edgar. Ob diese
Männer wirklich tot waren, hatte er nicht selbst nachprüfen können - allerdings
hatte er einen Wächter in einer Blutlache vor seiner Zelle liegen sehen. Er
wusste nicht, was er glauben sollte, zu plötzlich kam ihm diese Wende der
Ereignisse. Allerdings fühlte er sich von der Spritze immer noch zu matt, um in
die Offensive gehen zu können. Er ließ die Dinge einfach geschehen, in der
Hoffnung, das Glück möge zu ihm zurückgekehrt sein.
    Zumindest hatte er wieder Kleider am Leib. Oda hatte ihm eine derbe
Arbeiterhose und ein weißes Hemd auf den Rücksitz gelegt. Er hatte sich die
Sachen gleich nach ihrer Abfahrt übergestreift. Jetzt fühlte er sich wieder
mehr wie ein Mensch und nicht wie ein Tier, das man zur Schlachtbank führt. Oda
hatte ihn angewiesen, den Kopf möglichst unten zu halten. Man könne nie
wissen. Krauss schätzte sie auf Anfang, Mitte dreißig, also etwa sein Alter.
Ihre Haare hatte sie zu einem Zopf gebunden. Sie trug einen Hosenanzug, der sie
männlich wirken ließ. Ihr entschiedenes Auftreten verstärkte diesen Eindruck.
Von der Zurückhaltung, die sie an den Tag gelegt hatte, als Edgar ihn
folterte, war nichts mehr zu spüren. Diese Frau schien genau zu wissen, was sie
wollte, und jedes Mittel einzusetzen, das sie ihrem Ziel näherbrachte. Krauss
mochte starke Frauen. Seit Hanna war er keiner mehr begegnet, die ihn auf
Anhieb so faszinierte wie Oda. Nur ihre Motive lagen für ihn im Dunkeln. Er
brauchte mehr Informationen. Auch über das, was sie von Bensler und dessen
angeblichen Plänen berichtet hatte.
    »Wie sicher sind die Informationen über Bensler?«
    »Das weiß ich nicht. Edgar hat mir gesagt, dass sie einen Funkspruch von
Bensler aufgefangen hätten. Und dass Richard, also Sie, bald eine böse
Überraschung erleben würde. Daraus habe ich geschlossen, dass Bensler dem Kind
auf der Spur ist. Für uns stand damit fest, dass wir handeln müssen.«
    »Uns? Wer ist uns?«
    »Ihre Leute - ich meine die Leute Ihres Bruders - nennen es die >Rote
Kapelle<. Aber es gibt nicht eine einzelne Gruppe. Der kommunistische
Widerstand fächert sich in Dutzende, wenn nicht Hunderte kleine Verbände auf.
Es gibt welche, die diskutieren, die Flugblätter schreiben und versuchen,
andere Menschen so auf die Misere in Deutschland aufmerksam zu machen. Und es
gibt welche, die handeln. Ich gehöre zu letzteren. Die Nazis verstehen nur
eine Sprache: die der Gewalt.«
    »Wenn Sie glauben, dass ich Ihnen den Jungen ausliefere, sind Sie falsch
gewickelt. Da hätte ich ihn ja gleich an meinen Bruder verschachern können.«
    Oda blickte kurz über die Schulter nach hinten. Ihre zusammengezogenen
Augenbrauen zeigten ihre Missbilligung. »Reden Sie doch keinen Quatsch. Wir
wollen dem Jungen nichts tun, ganz im Gegenteil. Wenn ich von Gewalt spreche,
meine ich damit die Nazis, keine unschuldigen Kinder. Sollte Bensler wirklich
an den Jungen herankommen, wird er

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