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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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erinnerte sich an ein Gespräch, das er mit Hanna an einem lauen
Abend hinter dem Haus geführt hatte. Sie war sehr ernst gewesen.
    »Was würdest du tun, wenn ich nicht mehr da wäre?«, hatte sie ihn gefragt.
    Er war aus allen Wolken gefangen. »Was soll das? Hast du vor zu verschwinden?«
    »Red keinen Unsinn. Wir müssen uns auf alles vorbereiten. Ich weiß
schließlich auch, was ich tun werde, wenn du nicht mehr da bist.«
    »Ach ja. Und was wäre das?«

»Philipp beschützen. Ihn in deinem Sinne erziehen. Das hat oberste
Priorität.«
    Die Nacht war
sternenklar gewesen. Er hatte in den Himmel gesehen. »Du willst von mir hören,
dass ich für Philipp sorge. Ist es das?«
    Hanna hatte ihn angelächelt. »Ich möchte, dass du es aus freien Stücken
tust, nicht weil ich es hören will. Ich liebe Philipp, ich möchte sicher sein,
dass es ihm gutgeht.«
    »Natürlich kannst du sicher sein. Glaubst du wirklich, ich lasse ihn im
Stich? Er ist unser Kind.«
    »Versprichst du mir das?«
    Krauss hatte in Hannas Gesicht vergeblich nach etwas gesucht, das ihm ihre
Motive offenbaren würde.
    »Das muss ich dir nicht versprechen. Es gibt keine Alternative. Es gab nie
eine. Aber ich möchte ihn mit dir gemeinsam aufziehen. Versprichst du mir,
dass du mich nicht verlässt?«
    Hanna hatte seine Hand genommen. »Versprochen.«
    Statt Hanna saß nun Oda vor ihm. Wie hätte sie sich
verhalten?
    Krauss nahm den Faden wieder auf. »Eines Tages bekam Hanna Informationen
zugespielt, dass ein deutscher Gestapo-Trupp im Nachbardorf herumstöberte. Sie
aktivierte ihren Plan. Mit dem Arzt hatte sie besprochen, dass er ihr aus der
Pathologie zwei Schädel besorgte, den eines Erwachsenen und den eines Kindes.
Das war kein Problem. Er brachte noch ein paar Knochen mit, die zu
Studienzwecken dort lagerten. Sie hatte alles genau berechnet. In der Nacht, bevor
sie mich nach Bordeaux schickte, informierte sie anonym die >Söhne
Odins<. Sie wollte den Zeitpunkt, an dem sie uns aufspürten, selbst
bestimmen. Als ich mit dem Jungen unterwegs war, besorgte sie sich die Schädel
und legte sie ins Haus. Sie benutzte viel Benzin. Sie wollte ein vernichtendes
Feuer. Als Edgar erschien, fand er nur noch eine Ruine vor. Und halbverkohlte
Knochen.« Krauss stierte auf seine Hände. »Sie hat nicht einmal einen
Abschiedsbrief hinterlassen, um ihr Täuschungsmanöver nicht zu gefährden.
Hanna wollte, dass alle Spuren endgültig abbrechen.«
    Krauss schluckte
wieder. Mehrere Minuten sagte er nichts. Für einen Moment hatte er vergessen,
wo er war.
    Als Oda auf ihrem Sessel herumrutschte, sprach er weiter. »Geblieben ist
mir nur ihre Waffe. Die 38er, mit der Edgar sie erschossen hat. Er warf sie
danach einfach weg. Ich habe sie gefunden und eingesteckt. Es ist der
Revolver, den ich bei mir hatte, als Edgar mich bei Maybaum gestellt hat. Ich
hänge sehr an ihm.«
    Oda räusperte sich. »Was ist danach passiert?«
    »Ich bin nach England, habe eine neue Familie für den Jungen aufgetrieben.
Bei mir wäre es zu gefährlich gewesen. Außerdem war ich ohne Hanna nicht in der
Lage, ein Kind aufzuziehen. Ich hatte ihr zwar etwas anderes versprochen, aber
es ging nicht. Ich wäre kein guter Vater gewesen. Hier endet die Geschichte. Zumindest
für dich.«
    Krauss dachte
daran, wie er sich in London an Christa gewandt hatte, eine Freundin aus
Jugendtagen. Er war vielleicht zwei Jahre bei der Gestapo gewesen, da hatte er
sie kennengelernt. Christa fühlte sich zu ihm hingezogen und er zu ihr, aber
sie war angewidert von der Ideologie der Nazis. Solange Krauss bei ihnen mitmischte,
gab es für sie keine gemeinsame Zukunft. Christa entfernte sich allmählich von
ihm, und irgendwann war sie wirklich verschwunden, nach London, um dort, in
einer liberalen Gesellschaft, zu leben und zu arbeiten. Als Krauss Jahre
später mit Philipp in London eintraf, spürte er sie auf und schaffte es,
erneut ihr Vertrauen zu gewinnen. Alles, was sich gegen das nationalsozialistische
Regime richtete, fand in Christa eine bereitwillige Unterstützerin. Er konnte
sich auf sie verlassen, das spürte er, auch wenn die Flamme der Liebe zwischen
ihnen erloschen war. Mit ihrer Hilfe fand er eine Familie, die den Jungen ohne
offizielles Procedere aufnahm und Christa als Hausdame gleich dazu. Die Eltern
wussten nichts von der Vergangenheit des Jungen, wollten es auch nicht wissen.
Sie waren nur glücklich. Ein Zustand, den Krauss lediglich aus Erinnerungen
kannte. Die Zukunft des Kindes würde er

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