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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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hundert Meter weiter. Dort
stellte ich den Wagen ab, ließ Philipp auf der Rückbank und ging zu Fuß durch
ein kleines Wäldchen, hinter dem unser Haus lag.«
    Krauss' Adamsapfel verschwand für einen Moment. Er schluckte und hustete,
versuchte seine Gefühle zu unterdrücken. Oda entging das nicht. Fast
verwundert registrierte sie, wie verletzlich dieser Mann wirken konnte. Die
Wunden in seinem Gesicht verstärkten diesen Eindruck. Vor einer Stunde noch
hatte sie die Ähnlichkeiten der beiden Brüder bemerkt, nun fing sie an, die
Unterschiede zu erkennen.
    Krauss sprach stockend weiter. »Ich bin auf unser Haus oder das, was davon
noch übrig war, zugegangen, immer in Deckung von Bäumen oder Büschen. Das Haus
bestand nur noch aus verkohlten Trümmern, zwei Seitenwände waren eingestürzt.
Alles qualmte. Um das Haus herum standen Edgars Männer, vielleicht zehn oder
zwölf Leute, schwerbewaffnet. Auch Edgar war dabei, ich hatte ihn nicht gleich
erkannt. Es dämmerte bereits. Er sprach mit jemandem, den ich nicht sehen
konnte, weil er von zweien seiner Männer verdeckt wurde. Als sie beiseite
traten, sah ich sie. Hanna. Sie kniete vor Edgar. Mir stockte der Atem. Ich
wusste nicht, ob ich mich darüber freuen sollte, dass sie noch am Leben war,
denn damit hatte ich erst nicht gerechnet. Oder ob ich mich fürchten musste.
Ich vermutete, dass er sie schlagen würde, um etwas über mich zu erfahren. Als
er die Waffe auf sie richtete, habe ich fast geschrien. Mein erster Impuls war,
zu ihr zu laufen und Edgar zu erschießen, aber irgendetwas hielt mich davon ab.
Nicht die Angst um mein Leben, denn das zerrann ohnehin gerade. Es war die
Sorge um das Kind und eine plötzliche Eingebung, dass Hanna dies alles so
gewollt haben könnte. Zum ersten Mal hatte sie mich weggeschickt, auf eine
Strecke, für die ich einen ganzen Tag benötigte. Außerdem vertraute sie mir den
Jungen an, auch dies war eher ungewöhnlich. In dem Moment war es mir nicht
komisch vorgekommen, aber sie hatte so eine Art, die Leute zu überzeugen. Es
gab nur wenige, die ihr etwas abschlagen konnten. So wartete ich hinter meinem
Busch auf das, was geschah. Es war mein Fegefeuer, ein Besuch in der Hölle.
Ich weiß nicht, ob ich je wieder herausgekommen bin. Edgar drehte die Trommel
des Revolvers, es war ihre 38er, und sagte etwas zu ihr. Hanna schüttelte den
Kopf. Edgar hielt ihr die Waffe an den Kopf und drückte ab. Es löste sich kein
Schuss. Er lachte, und einige seiner Männer mit ihm. Er drehte erneut die
Trommel, sagte wieder etwas zu Hanna, was ich aus meiner Position nicht
verstand, und drückte erneut ab. Es knallte, und Hanna sackte zusammen. Edgar
fluchte. Mein Herz hörte auf zu schlagen.«
    Krauss sah alles genau vor sich. Er roch den beißenden Qualm, der mit dem
leichten Wind zu ihm herüber getrieben wurde und ihn im Hals kratzte. Er hörte
den Gesang der Zikaden, der pünktlich mit der Dämmerung einsetzte und die ganze
Nacht anhielt. Trotzdem nahm er das dumpfe Geräusch wahr, das Hannas Körper
erzeugte, als sie vornüber in den Staub fiel. Dunkelheit umfing ihn, aber es
war nur der Schock, der ihn kollabieren ließ. Er lag auf dem Rücken in einem
Busch und hatte den Willen zu atmen verloren. Nur die Instinkte seines Körpers
bewahrten ihn vor dem Tod. Er schnappte nach Luft, quälte sich wieder hoch und
sah, wie Edgars Männer in den Trümmern herumstocherten. Nach einer Weile kamen
sie mit etwas zurück, dass Krauss aus der Distanz als Schädel und Knochen
identifizierte. Er traute seinen Augen nicht. Hanna hatte alles arrangiert.
    »Edgar hat Hanna gefoltert und hingerichtet. Ich habe es mit eigenen Augen
gesehen. Die Männer fanden im Haus die verkohlten Schädel eines Erwachsenen
und eines Kindes, dazu einige Knochen. Sie nahmen sie mit. Hanna ließen sie
liegen. Ich wartete, bis sie verschwanden. Es gab für sie keine Veranlassung
mehr, eine Wache aufzustellen. Ich bin zu Hanna gegangen und habe sie begraben.
Ich hatte Angst, dass Edgar zurückkommen würde. Danach suchte ich den Arzt auf,
der uns geholfen hat. Er erklärte mir alles. Sie hatte sich ihm anvertraut,
weil sie unter Ahnungen litt, dass wir aufgespürt werden. Sie suchte nach
einem Ausweg, um das Kind und mich zu retten. So war sie eben. Sie plante,
sollten Edgars Schergen uns aufspüren, unseren Tod vorzutäuschen. Sie weihte
den Arzt ein, weil sie Beweise für unser Ableben brauchte, aber sie verriet ihm
nicht, dass sie vorhatte, sich zu opfern.«
    Krauss

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