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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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angetroffen.
Offensichtlich herrschte selbst unter den Berufsdiplomaten die Ansicht, dass
eine friedliche Lösung der Krise möglich war. Beinahe ansteckend empfand der
Schwede diesen Optimismus, vor allem wenn man bedachte, wie reserviert die
Briten normalerweise waren. Forbes begegnete ihm mittlerweile ausgesprochen
herzlich. Die Vorsicht, die der Brite bei Dahlerus' nächtlichem Besuch ihm
gegenüber gezeigt hatte, war wie fortgeblasen.
    Nach seiner Visite in der Botschaft war dem Schweden nichts anderes übrig
geblieben, als den Tag irgendwie herumzubringen, in der Hoffnung, dass sich
alles zum Guten wenden würde. Er verabredete sich mit Geschäftsfreunden zum
Abendessen und zog sich auf sein Hotelzimmer zurück, wo er stundenlang herumtigerte,
bis ihn Oberstleutnant Conrad erlöste. Obwohl Dahlerus in den vergangenen zwei
Tagen so gut wie gar nicht geschlafen hatte, war er nach dieser guten
Nachricht zu aufgedreht, um ins Bett zu gehen. Stattdessen griff er zum Hörer
und rief seine Frau in Djursholm an. Er wollte mit einem geliebten Menschen
sprechen.
    »Dahlerus«, meldete sich eine müde Frauenstimme. »Hallo Elisabeth, ich
bin's.«
    »Birger.« Seine
Frau klang erfreut, die Müdigkeit war wie weggewischt. »Es ist mitten in der
Nacht. Ist etwas Schlimmes passiert?«
    Dahlerus lachte leise. »Nein, nein. Ganz im Gegenteil. Es läuft alles gut.
Sogar sehr gut. Besser, als ich dachte. Deshalb rufe ich an.«
    »Heißt das, es gibt keinen Krieg?« Elisabeth wirkte jetzt aufgekratzt.
    Dahlerus zögerte. »Nun ja, so weit sind wir noch nicht. Aber wir kommen
voran. Ich will dich nicht mit Einzelheiten langweilen. Nur so viel: Hitler
hat den Briten ein Angebot gemacht, und Chamberlain ist darauf in einigen
Punkten eingegangen. Es sieht so aus, als könnten sich die beiden an einen
Verhandlungstisch setzen.«
    »Das hört sich für mich nicht gerade nach einem Durchbruch an.«
    »Mag sein. Doch so nah dran wie jetzt waren wir bisher noch nie. Alle sind
aufgekratzt, und alle glauben plötzlich daran. Zumindest soweit ich das
beurteilen kann. Ich spüre selbst, dass wir es in der Hand haben. Heute oder
morgen entscheidet es sich, ob es Krieg oder Frieden gibt. Das fühle ich.«
    Elisabeth ließ ein paar Sekunden verstreichen.
    »Was sagt Göring?«
    »Viel, wie immer. Aber wenig Konkretes. Gestern Morgen hat er mir
demonstriert, wie überlegen die deutsche Wehrmacht ist.« »Das hört sich nicht
nach Frieden an.«
    »Ach, das muss man nicht überbewerten. Du kennst Göring doch. Er brüstet
sich gerne damit, wie schlagkräftig das deutsche Heer und was für ein toller
Feldherr er selbst ist. Dabei sitzt er am liebsten daheim am Kamin, schmaucht
österreichische Zigarren und genießt einen teuren Wein.«
    Elisabeth klang ernst. »Hoffentlich täuschst du dich nicht in ihm.«
    »Hoffentlich
täuschen wir uns nicht alle.« »Hoffentlich, hoffentlich. Was anderes höre ich
seit Wochen nicht mehr.«
    »Hoffnung ist alles, was uns bleibt.« Beide schwiegen.
    Elisabeth durchbrach als Erste die Stille. »Und wie geht es dir, Birger?«
    »Wie soll es mir schon gehen?«
    »Du darfst das alles nicht zu nahe an dich herankommen lassen, sonst wird
es dich zerstören. Hörst du mich? Ich weiß, dass du dir die Dinge sehr zu
Herzen nimmst, aber wenn die Verhandlungen scheitern, ist das nicht deine
Schuld. Du hast alles getan, was du konntest. Mehr als die meisten anderen je
tun würden. Du musst auch an dich denken, Birger.«
    »Das sagt sich so leicht, Elisabeth. Es geht hier nicht um dich oder mich,
sondern um das Schicksal von Millionen von Menschen. Wie soll ich da an mich
denken? Oder mir etwas nicht zu Herzen nehmen? Für jeden Menschen gibt es im
Leben wahrscheinlich einen Moment, wo er alles geben muss. Bei den meisten
zieht er unbemerkt vorüber. Ich habe das Glück oder das Pech, dass ich ihn
kenne. Wenn ich jetzt nicht alles gebe, wann dann? Ich würde mir das immer
vorwerfen, das weißt du. Und das wäre mindestens genauso schlimm.«
    Wieder schwieg seine Frau. Dahlerus meinte, sie schlucken zu hören. Er
hoffte, dass sie nicht weinte. Nicht um ihn. Um die Welt musste man weinen.
    Als Elisabeth sprach, wirkte sie gefasst. »Du bist eben ein Dickschädel,
Birger. Deshalb liebe ich dich ja so sehr.«
    »Ich liebe dich auch, Elisabeth.«
    »Viel Glück, Birger. Du wirst es brauchen.«
     
    17.
    Berlin
    29. August Schein-Carinhall, früher Nachmittag
    Nachdem Göring und Oda gegangen waren, untersuchte Krauss den

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