John Corey 01 - Goldkueste
müssen, bloß wusste ich nicht, wohin. Ich hatte keine Anrufe von Zeugen, Kriminalisten, Gerichtsmedizinern und so weiter zu erwarten. Nur sehr wenige Leute hätten gewusst, wohin sie mir einen anonymen Tipp hätten schicken sollen. Kurz gesagt: Ich kam mir wie ein Privatdetektiv vor, obwohl ich dafür nicht einmal eine Lizenz hatte.
Trotzdem hatte ich mehrere verblüffende Entdeckungen gemacht, seit ich Emma Whitestone kannte. Hätte ich noch daran gezweifelt, weshalb die Gordons ermordet worden waren, hätte die Zahlenreihe 44106818 in ihrem Seekartenband meine letzten Zweifel beseitigt.
Aber selbst falls Tom und Judy Gordon Schatzsucher gewesen waren, wovon ich inzwischen überzeugt war, folgte daraus nicht zwingend, dass ihre Schatzsucherei sie das Leben gekostet hatte. Existierte ein beweisbarer Zusammenhang zwischen ihren Grabungen auf Plum Island und den tödlichen Kopfschüssen auf der Holzterrasse hinter ihrem Haus?
Ich fragte meinen Anrufbeantworter ab. Zwei Nachrichten -eine von Max, der wissen wollte, wohin er meinen Eindollarscheck schicken sollte, und einer von meinem Bo ss, Detective Lieutenant Wolfe, der mich nochmals aufforderte, ihn dringend anzurufen, und andeutete, ich säße bereits tief in der Scheiße und sei dabei, ganz zu versinken.
Ich legte den Gang ein und gab Gas. Manchmal tut's einem gut, ein bisschen rumzufahren.
Im Radio sagte der Nachrichtensprecher: »Eine Meldung im Zusammenhang mit dem Doppelmord an zwei auf Plum Island tätigen Wissenschaftlern in Nassau Point. Die Southold Town Police und die Suffolk County Police haben eine gemeinsame Presseerkl ärung herausgegeben.« Dann las er diese Mitteilung wörtlich vor. Also wirklich, wenn wir die New Yorker Radio-und Fernsehleute dazu bringen könnten, unsere Pressemitteilungen kommentarlos vorzulesen, wären wir im PR-Himmel!
Die gemeinsame Erkl ärung brachte zum Ausdruck, dass der Doppelmord im Zusammenhang mit der Entwendung eines Ebola-Impfstoffs zu sehen sei. Die ebenfalls verlesene FBI- Pressemitteilung besagte, dass man noch nicht wisse, ob die Täter In- oder Ausländer seien, gehe aber mehreren Hinweisen nach. Die Weltgesundheitsorganisation äußerte Besorgnis wegen des Diebstahls dieses »lebenswichtigen Impfstoffs«, der in vielen Staaten der dritten Welt dringend gebraucht werde. Und so weiter.
Was mich wirklich ärgerte, war die Tatsache, dass die amtliche Version der Ereignisse meine Freunde Tom und Judy Gordon als zynische, herzlose Diebe abstempelte. Sie hatten auf Kosten ihres Arbeitgebers heimlich einen Impfstoff entwickelt und dann die Formel und vermutlich auch einige Proben entwendet, um sie für viel Geld zu verkaufen. Und inzwischen starben in Afrika Tausende an dieser schrecklichen Krankheit.
Ich konnte mir gut vorstellen, wie Nash, Foster und weitere Schadensbegrenzer aus dem Weißen Haus und dem Pentagon die Telefonleitungen zwischen Washington und Plum Island zum Glühen gebracht hatten. Sobald feststand, dass die Gordons mit gentechnisch veränderten Viren gearbeitet hatten, waren diese Genies auf den perfekten Vertuschungstrick gestoßen. Fairerweise musste ich zugeben, dass sie eine Massenpanik hatten vermeiden wollen, aber ich hätte meine potentielle Invalidenpension darauf verwettet, dass in Washington kein Mensch an den Ruf der Gordons und ihrer Angehörigen gedacht hatte, als man Tom und Judy als Diebe abstempelte.
Das Verrückte daran war, dass Nash, Fester und die Regierung zweifellos weiterhin glaubten, die Gordons hätten einen oder mehrere für biologische Kriegführung geeignete Krankheitserreger gestohlen. Vom Präsidenten abwärts schliefen alle Washingtoner Insider bestimmt noch immer mit Schutzanzügen über ihren Pyjamas. Der Teufel sollte sie holen!
In Cutchogue machte ich an einem Laden halt und kaufte mir einen Becher Kaffee und vier Zeitungen: die New York Times, die Washington Post, die Daily News und die auf Long Island erscheinende Newsday. Alle vier Zeitungen berichteten über den Fall Gordon nur noch in kurzen Meldungen im Blattinneren. Selbst Newsday war der Doppelmord auf Nassau Point nur mehr wenige Zeilen wert. Bestimmt waren viele Leute in Washington froh darüber, dass das Interesse an der Story abgeflaut war. Auch mir konnte das nur recht sein. Es gab mir ebenso freie Hand wie ihnen.
Und während Nash, Fester & Co. nach ausländischen Agenten und Terroristen fahndeten, hatte ich mich einer Ahnung folgend auf meinen Eindruck von Tom und Judy Gordon verlassen.
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