John Corey 01 - Goldkueste
nicht erst auszudenken.«
»Ich kann nicht mit Bestimmtheit behaupten, dass dort ein Boot angelegt hat, obwohl einiges daraufhin weist. Zum Beispiel frisch abgeknickte Schilfhalme. Allerdings haben wir im Schlamm keine Fußspuren gefunden, aber die Flut ist seit dem Mord achtmal hereingekommen und dürfte alle Spuren ausgelöscht haben.«
Ich nickte zustimmend. »Mann, das ist wirklich was anderes als ein Mord in der City. Ich meine, Binsen, Marschland, Spuren im Schlamm, Gezeiten und eine tiefe Bay, auf deren Boden Geschosse liegen. Klingt nach Sergeant Preston vom Yukon, finde ich.«
»Siehst du, was ich meine? Du bist ein richtiger Klugscheißer.«
»Entschuldigung...«
»Okay. Ich habe mit Max telefoniert, und er ist sauer auf dich, weil du Fredric Tobin in die Mangel genommen hast.«
»Max kann mich mal.«
»Ich habe ihm gut zugeredet und ihn wieder beruhigt«, erklärte sie mir.
»Oh, vielen Dank!«
»Hast du von Fredric Tobin etwas erfahren?« fragte Beth.
»Klar doch. Das richtige Verhältnis zwischen Weinlaub und Sonnenscheindauer. Traubensaftgärung unter Schalenzusatz. Was noch...?«
»Sollte ich ihn vernehmen?«
Ich überlegte einen Augenblick, dann antwortete ich: »Ja, das solltest du.«
»Kann ich damit rechnen, von dir zu erfahren, warum ich ihn vernehmen sollte?«
»Das kannst du. Nur nicht jetzt gleich. Ausklammern solltest du jedoch Drogen, Krankheitserreger, Impfstoffe und alles, was mit der Arbeit der Gordons zu tun hat.«
Diesmal entstand eine sehr lange Pause. »Weißt du das bestimmt?« fragte sie dann.
»Ganz bestimmt.«
»Und das Tatmotiv?« erkundigte sie sich. »Liebe? Sex? Eifersucht?«
»Nein.«
»Ihr von Mrs. Wiley gekauftes Grundstück?«
»Das gehört mit dazu.«
Beth schwieg nachdenklich.
Wir standen uns jetzt in der Nähe des Bootsstegs mit tief in den Jackentaschen vergrabenen Händen gegenüber. Ich versuchte herauszubekommen, was ich angesichts meiner Freundin Emma für diese Frau empfand, und Beth versuchte herauszubekommen, wer die Gordons ermordet hatte. Ich sah voraus, dass wir uns nach der Aufklärung dieses Falls alle würden überlegen müssen, was wir empfanden - und für wen wir's empfanden.
»Such dir einen Stein und wirf ihn, so gut du kannst«, forderte Beth mich auf.
»Ist das ein Wettkampf?«
»Natürlich.“
»Was gibt's dabei zu gewinnen?«
»Mach dir deswegen keine Sorgen. Du gewinnst nicht.«
»Na, na, sind wir nicht ein bisschen zu siegessicher?« Ich fand einen wirklich guten Hüpfstein: rund, unten flach, oben gewölbt - aerodynamisch perfekt. Ich holte aus, als sei dies meine letzte Chance, dem Spiel als Pitcher eine Wende zu geben, und ließ den Stein loszischen. Er traf auf, hüpfte, traf auf, hüpfte, traf auf, hüpfte, traf auf, hüpfte und versank. Wow! »Viermal«, sagte ich für den Fall, dass sie nicht mitgezählt hatte.
Beth hatte bereits ihren Hüpf stein gefunden: rund, etwas größer als meiner und auf beiden Seiten gewölbt. Das ist die andere Theorie. Sie zog ihre Jacke aus und ließ sie mich halten. Sie wog den Stein prüfend in der Hand, als überlege sie, mir damit den Schädel einzuschlagen, dann holte sie - vielleicht von der Vorstellung angestachelt, dort draußen tauche mein Kopf aus dem Wasser auf - gewaltig aus und warf.
Der Stein hüpfte viermal und wäre dann versunken, aber er traf eine kaum sichtbare Welle und stieg noch einmal in die Luft, bevor er unterging.
Beth wischte sich die Hände ab und ließ sich ihre Kostümjacke zurückgeben.
»Ausgezeichnet«, sagte ich.
»Du hast verloren«, stellte sie fest. Sie zog ihre Jacke wieder an. »Erzähl mir, was du weißt.«
»Du bist doch die große Detektivin. Ich gebe dir einfach ein paar Hinweise, und du ziehst die nötigen Schlüsse. Okay, Pass gut auf: das gemietete Haus am Wasser und das Rennboot, das von Mrs. Wiley gekaufte Grundstück, die Peconic Historical Society, die Geschichte von Plum Island mitsamt den umliegenden Inseln, die Urlaubswoche in England... was noch... die Zahl 44106818... was sonst noch?«
»Paul Stevens?«
»Vielleicht.“
»Fredric Tobin?«
»Vielleicht.«
»In welcher Rolle? Verdächtiger? Zeuge?«
»Nun, Mr. Tobin und sein Weingut sind möglicherweise pleite. Das hab' ich irgendwo gehört. Also ist er möglicher weise verzweifelt. Und verzweifelte Menschen verüben Ver zweiflungstaten.«
»Gut, ich lasse seine finanzielle Lage prüfen«, entschied Beth. »Vorerst besten Dank für deine wertvollen Hinweise.«
»Damit
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