John Corey 01 - Goldkueste
deinen Besuch.«
Sie fuhr los, aber anstatt in Richtung Stra ße weiterzufahren, kam sie nach einem Vollkreis zurück, trat auf die Bremse und rief beinahe atemlos: »John! Du hast gesagt, die Gordons hätten einen vergrabenen Schatz gesucht. Vielleicht einen archäologisch wichtigen Fund... auf Plum Island... auf Staatsbesitz... sie haben ihn dort stehlen und auf eigenem Grund und Boden vergraben müssen... Mrs. Wileys Grundstück. Richtig?«
Ich lächelte, reckte einen Daumen hoch, wandte mich ab und ging ins Haus.
Dann klingelte das Telefon, und ich nahm ab. Beth war am Apparat. »Was haben sie ausgegraben?« fragte sie.
»Das Telefon ist nicht abhörsicher.«
»John, wann können wir uns treffen? Wo?«
Ihre Stimme klang aufgeregt, was nur verst ändlich war.
»Ich melde mich bei dir«, sagte ich.
»Versprochen?«
»Klar. Aber vorläufig solltest du das lieber für dich behalten.«
»Ja, ich verstehe.«
»Bye...«
»John.«
»Ja?«
»Danke.«
Ich legte auf. »Nichts zu danken.«
Dann verlie ß ich über die Veranda das Haus und schlenderte bis ans äußerste Ende des Bootsstegs. Wie ich aus Erfahrung wusste, konnte man dort gut nachdenken.
In dem über der Bay liegenden leichten Morgennebel sah ich einen Mann in einem Skiff vorbeirudern. Als ein Kabinenkreuzer auf Kollisionskurs auftauchte, griff der Ruderer nach einem Gegenstand, der vor ihm lag, und sogleich hörte ich ein lautes Warnsignal wie von einem Nebelhorn. Ich dachte an Druckluftfanfaren, die diesen Ton erzeugten - gewisserma ßen das Nebelhorn des kleinen Mannes. Auf dem Wasser ertönte dieses Warnsignal so häufig, dass man es gar nicht mehr beachtete, vermutlich selbst bei klarem, sonnigem Wetter nicht. Und wenn es in unmittelbarer Nähe erklang, konnte es zwei rasch nacheinander abgefeuerte Schüsse übertönen. Der Schalldämpfer des kleinen Mannes. Eigentlich recht clever.
Tats ächlich passte jetzt alles zusammen, sogar die winzigen Details. Ich war davon überzeugt, das Tatmotiv zu kennen: Captain Kidds Schatz. Aber es gelang mir nicht recht, Tobin, Stevens oder sonst jemanden mit den Morden in Verbindung zu bringen. In paranoiden Augenblicken glaubte ich sogar, auch Max und Emma könnten in die Sache verwickelt sein.
Angesichts des engen Beziehungsgeflechts hier draußen konnte eine regelrechte Verschwörung vorliegen. Aber wer hatte geschossen? Ich versuchte, mir Max, Emma, Tobin, Stevens und vielleicht sogar Zollner als Gruppe auf der Holzterrasse der Gordons vorzustellen... Oder einen ganz anderen Täter, an den ich nie gedacht hatte, weil ich ihn nicht einmal kannte. Bevor man jemanden als Mörder bezeichnet, sollte man sich seiner Sache verdammt sicher sein.
Au ßerdem musste ich - nicht aus eigenem Interesse, sondern weil alle anderen scharf darauf sein würden - den Schatz finden. Little Johnny als Schatzsucher. Aber er musste ein paar ausgekochte Piraten überlisten und den Schatz aufspüren und ihn dem Staat übergeben. Ein deprimierender Gedanke.
Ich fragte mich, ob ein paar Millionen Dollar in Gold und Edelsteinen mich glücklich machen würden. Gold, das Heilige in Versuchung führt. Bevor ich mich in diese Idee hineinsteigerte, dachte ich an all die Menschen, die wegen dieses Goldes gestorben waren - erst vermutlich die Mannschaft des von Kidd gekaperten Schiffs, dann einige von Kidds eigenen Leuten, dann Kidd selbst, als er an der Themse gehenkt wurde, dann eine unbekannte Anzahl von Männern und Frauen, die in den vergangenen dreihundert Jahren auf der Suche nach Captain Kidds sagenhaftem Schatz ihr Vermögen oder ihr Leben verloren hatten. Und zuletzt Tom und Judy Gordon. Ich hatte die böse Vorahnung, dass sie noch nicht die letzten waren.
27. Kapitel
Gegen Mittag fuhr ich zu Whitestone Florist und überreichte den Nachttopf. Da ich noch nicht gefrühstückt hatte, lud ich Emma zum Mittagessen ein, aber sie sagte, sie habe zu viel zu tun. Freitags herrschte im Blumenland Hochbetrieb - Partys, Abendgesellschaften und so weiter. Dazu kamen drei Beerdigungen, die ihrer Natur nach unvorhersehbare Ereignisse sind. Außerdem hatte Emma einen Dauerauftrag von Tobin Vineyards, jeden Freitag frische Blumen für Eingangsbereich und Restaurant zu liefern. Und am Samstagabend würde natürlich Tobins große Soiree steigen. »Zahlt er seine Rechnungen pünktlich?« fragte ich.
»Nein. Daher bestehe ich auf Zahlung bei Lieferung. Cash oder Kreditkarte. Keine Schecks. Und sein persönliches Kundenkonto habe ich auch
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