John Corey 01 - Goldkueste
Vielleicht hatte er schon einen anderen Partner auf Plum Island gehabt, aber dann war irgendetwas schiefgegangen, und der oder die Betreffende war jetzt tot. Ich würde feststellen müssen, ob ein auf Plum Island Beschäftigter vor zwei bis drei Jahren vorzeitig zu Tode gekommen war.
Ich erkannte, dass ich Fredric Tobin gegenüber unfairerweise höchst voreingenommen war - dass ich mir wirklich wünschte, er wäre der Mörder. Nicht Emma, nicht Max, nicht Zollner, nicht einmal Stevens. Fredric Tobin... Freddie auf den elektrischen Stuhl!
Obwohl ich mich bem ühte, andere in der Rolle des Mörders zu sehen, kam ich in Gedanken immer wieder auf Tobin zurück. Beth verdächtigte Paul Stevens, auch wenn sie das nicht ausdrücklich sagte, und ich musste zugeben, dass er wahrscheinlich eher als Täter in Frage kam als Tobin. Meine Überlegungen in Bezug auf Freddie waren zu eng mit meinen Gefühlen für Emma verknüpft. Vor meinem inneren Auge erschien immer wieder das Bild, wie die beiden es miteinander trieben. Ich meine, solche Gefühle hatte ich seit mindestens zehn Jahren nicht mehr gehabt.
Ich wollte Freddie nicht f älschlich beschuldigen, aber ich beschloss, von der Annahme auszugehen, er sei es gewesen, und zu versuchen, ihm den Doppelmord nachzuweisen.
Was Paul Stevens betraf, konnte auch er in die Sache ver wickelt sein - aber wozu hätte Tobin die Gordons gebraucht, wenn er Stevens angeworben hatte? Und hatte Stevens von dem Plan gewusst, ohne daran beteiligt gewesen zu sein? Hatte er wie ein Geier darauf gewartet, herabzustoßen und sich seinen Anteil von der Beute zu holen, sobald andere sie nach langer, mühsamer Jagd erlegt hatten? Oder hatte Stevens dies mal nicht als Tobins Komplize, sondern auf eigene Faust gehandelt? Mit etwas Glück konnte ich's vielleicht schaffen, Stevens und Tobin auf den heißen Sitz zu bringen.
Und dann kam natürlich auch ein bisher unbekannter Täter in Frage...
Ich dachte darüber nach, wie alles gewesen sein musste, bevor Tom und Judy Gordon eines Tages mit Kopfschüssen dagelegen hatten. Ich glaubte zu sehen, wie Tom, Judy und Fredric zu luxuriös lebten, zu viel ausgaben und die Erfolgsaussichten ihres Unternehmens bald zuversichtlich, bald verzweifelt und sorgenvoll beurteilten.
Sie gingen umsichtig und gr ündlich vor, um die Voraus setzungen für den sogenannten Schatzfund zu schaffen. Interessanterweise beschlossen sie, ihn nicht auf Tobins Grundstück am Wasser zu entdecken. Stattdessen hielten sie sich an die hiesige Überlieferung von Captain Kidds Felsterrasse. Natürlich hätten sie später behauptet, eigene Nachforschungen hätten sie zu dieser Stelle geführt, und auch zugegeben, die arme Margaret Wiley bewusst reingelegt zu haben. Die Gordons hätten Mrs. Wiley später ein hübsches Schmuckstück als Trostpreis überreicht.
Bei Mordermittlungen suche ich oft die einfachste Erklärung, die war hier wirklich einfach: Geldgier. Freddie hatte nie teilen gelernt, und selbst wenn er hätte teilen wollen, fragte ich mich, ob sein Anteil groß genug gewesen wäre, um seine Schulden zu begleichen und seine Weingut zu retten. Sein Anteil, der höchstens fünfzig Prozent betragen haben konnte, hätte sich durch Steuern nochmals um die Hälfte verringert. Selbst wenn der Schatz zehn Millionen Dollar wert gewesen wäre, hätte Freddie bestenfalls zweieinhalb Millionen bekommen. Bei weitem nicht genug für einen Verschwender wie Lord Tobin. Und falls er einen weiteren Partner hatte -zum Beispiel Paul Stevens -, mussten die Gordons umso dringender beseitigt werden.
Auch unter der Voraussetzung, dass die Gordons den Schatz auf Plum Island ausgegraben hatten, blieben noch Fragen offen. Hatten sie ihn an dem Tag, an dem sie auf ihrer Terrasse erschossen wurden, vollständig mit herübergebracht? Hatten sie ihn in ihrer Aluminiumkiste transportiert? Und wo war die Originalschatzkiste, die so vergraben werden musste, dass die Umstände ihrer »Entdeckung« selbst neugierige Archäologen oder Finanzbeamte zufriedenstellte?
Während ich mir das alles überlegte, achtete ich kaum auf die Ereignisse am Roulettetisch. Roulette ist gut für Leute, die andere Dinge im Kopf haben, weil es wie die Spielautomaten ein reines Glücksspiel ist. Aber bei Automaten bestimmt man das Spieltempo selbst und kann die ganze Nacht in katatonischem Zustand mit schlaffem Unterkiefer vor einem einarmigen Banditen verbringen, ohne vielmehr als das wöchentliche Haushaltsgeld zu verlieren. Sitzt man
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