John Corey 01 - Goldkueste
Treppe hinunter. Beth zog ihre 9-mm-Pistole und folgte mir.
Der alte Keller mit der Decke aus Eichenbohlen war kaum zwei Meter hoch. Auf den ersten Blick schien hier unten nur ein Heizkessel mit Warmwasserboiler zu stehen. Ich konnte mir nicht vorstellen, worauf Eva uns hatte aufmerksam machen wollen.
Dann fiel der Lichtstrahl meiner Taschenlampe auf die unverputzte Ziegelwand, die den hinteren Teil des Kellers abtrennte. Mitten in dieser Trennwand prangte eine prachtvoll geschnitzte Eichentür. Meine Taschenlampe ließ ein blankgeputztes Messingschild mit der Aufschrift Seiner Lordschaft Privatweinkeller aufblitzen.
Da seine Lordschaft keinen Sinn für Humor besaß, vermutete ich, dass das Schild ein Geschenk einer Bewunderin war, vielleicht sogar von Emma.
»Sollen wir hineingehen?« flüsterte Beth.
»Nur wenn die Tür unversperrt ist«, antwortete ich. »Das besagen die Vorschriften für Durchsuchungen und Beschlag nahmungen.« Ich gab ihr die Taschenlampe, drückte die massive Messingklinke nach unten, und siehe da, die Tür war abgesperrt. »Sie ist nicht abgeschlossen, sie klemmt nur.« Diesmal waren mehrere Axthiebe notwendig, bis die Eichentür nach innen aufschwang.
Beth hatte die Taschenlampe ausgeschaltet, sobald sich die Tür öffnete. Mit schussbereiten Pistolen standen wir rechts und links an der Ziegelwand.
»Polizei!« rief ich. »Hände hoch und rauskommen!«
Keine Antwort.
Ich warf meine Axt durch die T ür und hörte sie metallisch klirrend aufschlagen. Aber niemand schoss darauf.
»Du gehst vor«, flüsterte ich Beth zu. »Mich hat's dieses Jahr schon erwischt.«
»Danke«, sagte Beth ebenso leise. »Ich gehe nach rechts.« Sie verschwand rasch durch die Tür, und ich folgte ihr. Ich machte einige Schritte nach links, und wir blieben mit schussbereiten Waffen stehen.
Ich konnte nichts erkennen, aber der Raum war k ühler und vielleicht auch trockener als der vordere Keller. »Polizei!« rief ich wieder. »Hände hoch!«
Wir warteten ungefähr eine halbe Minute lang, dann schaltete Beth die Taschenlampe ein, deren Lichtstrahl auf Weinregale fiel. Sie bewegte ihn langsam weiter. In der Mitte des Raums stand ein Tisch mit zwei Kerzenleuchtern. Ich sah Streichhölzer auf dem Tisch liegen und zündete die zehn Kerzen an, deren flackernder Schein den Weinkeller beleuchtete und von den Flaschen zurückgeworfen wurde.
Wie in einem Weinkeller zu erwarten war, standen überall an den Wänden hölzerne Flaschenregale, aber auch stapelweise Weinkisten und -kartons, die zum Teil geöffnet waren, und auf niedrigen Gestellen lagen sechs Weinfässer mit eingesetzten Zapfhähnen. An den Wänden waren hinter Plexiglas geschützt Kühlschlangen montiert. Die Decke des Raums schien mit Zedernholz verkleidet, und der Fußboden bestand aus sorgfältig verfugten Natursteinplatten. »Meine zwei Flaschen Wein stehen im Küchenschrank«, erklärte ich Beth.
Sie nahm mir die Taschenlampe aus der Hand und beleuchtete damit die staubigen Flaschen in einem der Regale. »Französische Weine edler Jahrgänge«, sagte sie.
»Seine eigenen Weine lagert er wahrscheinlich in der Garage «, vermutete ich.
Beth richtete die Taschenlampe auf die an der Kellerwand gestapelten Weinkartons. »Hier stehen die eigenen Sorten«, stellte sie fest. »Und auf den Fässern kleben seine Etiketten.«
»Okay.«
Wir sahen uns weiter um und inspizierten eine altmodische Kredenz mit Gl äsern, Korkenziehern, Servietten und so weiter. An den Wänden verteilt hingen Thermometer, die alle etwa sechzehn Grad Celsius anzeigten.
Schlie ßlich fragte ich: »Warum hat Eva uns hier runter geschickt?«
Beth zuckte mit den Schultern.
Ich sah Beth im Kerzenschein an. Beth sah mich an. »Vielleicht sollten wir uns die Weinkisten und -kartons ansehen«, meinte sie.
»Gute Idee.«
Wir machten uns daran, die Holzkisten und Pappkartons umzustapeln. Dabei rissen wir einige Kartons auf, aber sie enthielten nur Weinflaschen. »Was suchen wir überhaupt?« fragte Beth schließlich.
»Keine Ahnung. Jedenfalls keinen Wein.«
In einer Kellerecke waren Kartons mit Autumn Gold von Tobin Vineyards aufgestapelt. Ich stellte mich davor und fing an, sie achtlos in den Raum zwischen zwei Weinregalen zu werfen. Erst klirrten zerbrochene Flaschen, dann breitete sich süßlicher Weingeruch aus.
»Du brauchst keinen guten Wein zu verschütten«, sagte Beth tadelnd. »Gib mir die Kartons, dann stelle ich sie weg.«
Ich schenkte ihr keine Beachtung.
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