John Corey 03 - Nachtflug
wir nach Hause fuhren.
New York bei Nacht. Davon musste ich in den kommenden Monaten zehren.
Das Reisebüro des FBI war so aufmerksam gewesen und hatte für uns am JFK zwei Flüge im Abstand von zwei Stunden gebucht. Kate flog mit Delta nach Kairo, und ich mit American Airlines nach London. Von dort aus sollte ich über Amman, Jordanien, nach Aden weiterfliegen, und Kate direkt nach Daressalam in Tansania. Mit etwas Glück trafen unsere Waffen mit dem Diplomatengepäck vor uns ein.
Unser Portier wünschte uns eine gute Reise, und wir nahmen uns eine Limousine zum Flughafen, die uns zunächst zum Delta-Terminal brachte. Wir verabschiedeten uns am Gehsteig, ohne eine Träne oder allzu viel Gesülze.
»Komm heil wieder. Ich liebe dich. Bis dann.«
»Komm du heil wieder«, erwiderte sie und fügte hinzu: »Zum Ausgleich für den Urlaub, den wir nicht nehmen konnten, sollten wir zusehen, dass wir uns auf dem Heimweg in Paris treffen.«
»Abgemacht.«
Ein Gepäckträger brachte ihre Koffer ins Terminal, und sie folgte ihm. Wir winkten uns durch die Glastür zu.
Ich stieg wieder in die Limousine und ließ mich zu American Airlines bringen.
Wir hatten beide Diplomatenpässe, was in unserem Gewerbe üblich ist, daher ging das Einchecken für die Business-Klasse relativ mühelos vonstatten. Die Kontrolle war teils großes Getue, teils der pure Witz. Vermutlich hätte ich dem hirnlosen Kontrolleur meine Glock aushändigen und hinter dem Metalldetektor wieder in Empfang nehmen können.
Ich musste ein paar Stunden Zeit totschlagen, deshalb begab ich mich in die Lounge der Business-Klasse, las die Zeitungen und trank kostenlose Bloody Marys.
Dann klingelte mein Handy, und Kate meldete sich.
»Ich begebe mich gerade an Bord«, sagte sie. »Ich wollte mich nur von dir verabschieden und dir sagen, dass ich dich liebe.«
»Ich liebe dich auch«, sagte ich.
»Du hasst mich also nicht, weil ich dich in diese Sache reingezogen habe?«
»Was für eine Sache. Ach, diese Sache. Mach dir darüber keine Gedanken. Das ist nur ein weiteres Kapitel in der Sage vom heldenhaften Corey.«
Sie schwieg einen Moment, dann fragte sie: »Sind wir mit TWA 800 fertig?«
»Voll und ganz. Und noch was, Jack, falls du zuhören solltest, es war ein technischer Defekt im mittleren Treibstofftank.«
Wieder schwieg sie eine Weile, dann sagte sie: »Vergiss nicht, mir eine E-Mail zu schicken, wenn du ankommst.«
»Desgleichen.«
Wir versicherten uns noch ein paarmal, dass wir uns liebten, und beendeten dann das Gespräch.
Ein paar Stunden später, als Kate längst über dem Atlantischen Ozean war, wurde mir per Videoschirm mitgeteilt, dass die Passagiere meines Flugs nach London an Bord gebeten wurden, worauf ich mich zum Flugsteig begab.
Seit der Gedenkfeier für die Opfer von TWA-Flug 800 war genau eine Woche vergangen, und in dieser einen Woche hatte ich allerhand Neuigkeiten erfahren, die mir momentan aber gar nichts nützten.
Aber in diesem Spiel muss man langfristig denken. Man redet. Man bohrt nach. Man zermartert sich das Hirn. Dann macht man das Ganze noch einmal.
Zu jedem Rätsel auf dieser Welt gibt es auch eine Lösung. Man muss nur lange genug leben, um sie zu finden.
DRITTES BUCH
SEPTEMBER
DAHEIM
Schluss folgerungen: Die Analysten der CIA glauben nicht, dass
TWA-Flug 800 von einer Rakete abgeschossen wurde ...Es gibt
keinerlei Hinweise, Spuren oder anderweitige Erkenntnisse, die
darauf hindeuten, dass eine Rakete zum Einsatz kam.
Analytische Einsch ätzung der CIA, 28. März 1997
32
Daheim.
Ohne mir Malaria eingefangen zu haben, verschleppt, gekidnappt oder ermordet worden zu sein, traf ich am Freitag nach Labor Day um 16.05 Uhr mit einem Delta Flug aus London am John F. Kennedy Airport ein, nachdem ich rund vierzig Tage und Nächte in den wilden Wüsteneien des Jemen verbracht hatte.
Fürs Protokoll: Die Gegend ist ätzend.
Kate war noch in Daressalam, sollte aber innerhalb einer Woche heimkommen. Ihr gefiel es anscheinend in Tansania, jedenfalls hatte sie mir in ihren E-Mails von den freundlichen Menschen, dem guten Essen, der interessanten Landschaft und dergleichen mehr berichtet. Reib's ihm rein.
Dass wir mit derart kurzen Auslandstourneen davonkamen, war genaugenommen rätselhafter als der Grund, weshalb man uns ins Exil geschickt hatte - der war überhaupt nicht rätselhaft. Möglicherweise meinten Jack Koenig und seine Kollegen, dass es sich genauso wie mit einer Haftstrafe verhielt - mit einer kurzen wird
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