John Corey 03 - Nachtflug
dem Jemen und New York.
Und es war auch belanglos, weil ich nicht vorhatte, zu diesem Treffen zu gehen.
39
Ich überlegte es mir anders.
Bei heimlichen Treffen gilt Folgendes: Sei immer eine Stunde vorher da und begebe dich niemals auf direktem Weg dorthin. Statt also meinen Wagen um sieben Uhr abends am Cupsogue Beach County Park abzustellen, fuhr ich über die Dune Road und entdeckte zwischen zwei Häusern einen Zugang zum Strand.
Mit Badehose und schwarzem T-Shirt bekleidet, lief ich barfuß am Ozean entlang. Ein Schild am Strand wies mich daraufhin, dass ich die Parkanlage betrat.
Sonnenuntergang war um 19.17 Uhr, und die Sonne war jetzt halb im Meer versunken. Das Wasser funkelte rot und golden.
Die wenigen verbliebenen Menschen am Strand packten ihre Sachen zusammen und kehrten zu ihren Autos zurück.
Als ich die Meerenge an der äußersten Spitze der Wallinsel sehen konnte, war ich die einzige Person am Strand, von einem Parkwächter in einem Geländewagen einmal abgesehen, der mit einem Megaphon am Strand entlang patrouillierte und bekanntgab, dass der Park geschlossen sei.
Er fuhr an mir vorbei und rief: »Der Park ist geschlossen. Bitte verlassen Sie den Park.«
Ich wandte mich landeinwärts und stieg auf eine Düne. Von oben konnte ich den Naturpfad sehen, der sich zwischen den Dünen hinzog. Zwei Leute, die Strandausrüstung schleppten, trotteten in Richtung Parkplatz. Es war Viertel nach sieben. Ich hatte noch fünfundvierzig Minuten Zeit, um zur Vernunft zu kommen. Eigentlich hatte ich schon fünfundvierzig Jahre dafür Zeit, und es war mir immer noch nicht geglückt.
Die Sonne ging unter, und der Himmel verfärbte sich von lilarot zu schwarz, während die nautische Dämmerung noch eine Weile den Horizont erhellte und dann erlosch. Sterne tauchten auf, und das hohe Gras rundum raschelte im Seewind. Mit sanftem, rhythmischem Geräusch lief die Brandung über den Strand. Hier und da klatschte ein kleiner Brecher auf den Sand.
Ich ging langsam zwischen den mit Gras überwucherten Dünen hindurch, bis ich zur letzten kam, von der aus ich die etwa fünfzig Meter entfernte Meerenge sehen konnte.
Rechts von der Landzunge lag die Mönches Bay, links der Ozean, beide durch die kurze Fahrrinne miteinander verbunden. Ein paar Vergnügungsboote mit brennenden Positionslichtern fuhren in die Bucht ein, und Hummerkutter nahmen Kurs aufs tiefere Gewässer. Auf der anderen Seite der Bucht konnte ich die Lichter des Stützpunkts der Küstenwache sehen.
Ich hatte keine Ahnung, wie meine sogenannte Informantin zu dem Treffpunkt an der Spitze der Insel gelangen wollte, aber ich war zuerst da, konnte das Gelände erkunden und mir die höher gelegene Stellung sichern. Trotzdem wäre mir noch wohler gewesen, wenn ich meine Knarre dabeigehabt hätte.
Als die Sonne noch am Himmel stand, war mir die Sache gar nicht so übel vorgekommen.
Auf meiner Digitaluhr war es 20:05, aber noch immer wartete niemand an der sandigen Landspitze auf mich. Meine Informantin verspätete sich oder wartete irgendwo in den mit Gras überwucherten Dünen darauf, dass ich zuerst zu der Spitze ging.
Um Viertel nach acht überlegte ich, ob ich den ersten Schritt tun sollte, aber das könnte womöglich auch mein letzter sein.
Ich horchte unverwandt auf irgendwelche Geräusche rundum, aber es war so nahezu unmöglich, jemanden zu hören, der durch den weichen Sand lief, obwohl ich meinte, das Seegras rascheln zu hören, als kein Wind ging.
Ich drehte langsam den Kopf um und versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen, aber nichts rührte sich.
Der Mond ging jetzt auf- ein heller Vollmond, der Strand und Meer in Licht tauchte. Das Seegras an meinem Standort bot im Mondschein nicht viel Deckung, und ich kam mir ein bisschen ungeschützt vor, als ich, nur von ein paar dünnen Grashalmen umgeben, auf der Düne hockte. Wenigstens waren meine Kleidung und meine Haut dunkel.
Um zwanzig nach acht wurde mir klar, dass ich eine Entscheidung treffen musste. Am schlauesten wäre es, wenn ich mich davonmachte, aber wegzukommen war nicht so leicht wie hinzukommen. Ich beschloss, die Sache auszusitzen. Derjenige, der sich mit mir hatte treffen wollen, musste den ersten Zug machen. Das ist die Regel.
Fünf Minuten später hörte ich ein Geräusch, das wie ein kurzes Husten klang, aber es hätte auch ein Hund sein können. Ein paar Sekunden später hörte ich es wieder, und allem Anschein nach kam es aus der Richtung der Sanddüne hinter mir.
Ich
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