John Corey 03 - Nachtflug
persönlichen Rachefeldzug gegen etliche amerikanische Staatsbürger führte.
Das entsprach nicht ganz der Wahrheit, wie ich bestätigen kann, aber wenn ich das sagen würde, verstieße ich gegen das Gesetz, jedenfalls aufgrund einiger Eide und Gelöbnisse, die ich abgelegt beziehungsweise unterschrieben habe und bei denen es ausnahmslos um die nationale Sicherheit und so weiter ging.
Die Welt der nationalen Sicherheit und der Terrorbekämpfung war wahrlich eine ganz andere Welt als die, die ich gewohnt war, und ich musste mir jeden Tag aufs neue einreden, dass diese Leute wussten, was sie machten. Irgendwo in meinem ganz und gar unkomplizierten Hinterstübchen hatte ich allerdings gewisse Zweifel.
Ich stand auf, zog meine Jacke an und sagte zu Harry: »Piep mich an, wenn jemand eine Besprechung einberuft.«
»Wo willst du hin?«
»Auf einen gefährlichen Einsatz. Möglicherweise komme ich nicht zurück.«
»Wenn ja, kannst du mir dann ein polnisches Würstchen mit Brötchen mitbringen? Ohne Senf.«
»Ich tu mein Bestes.«
Ich brach rasch auf und warf einen kurzen Blick zu Kate, die auf ihren Computerbildschirm fixiert war. Ich fuhr mit dem Aufzug ins Foyer und ging hinaus auf die Straße.
Auch im Zeitalter der Handys sind noch ein paar Münztelefone übriggeblieben, und ich steuerte eins am Broadway an. Allmählich wurde es warm, und der Himmel bewölkte sich.
Ich nahm mein Handy, suchte Dick Kearns' Handynummer heraus und rief ihn dann per Münztelefon an.
Dick, ein alter Kollege von der New Yorker Mordkommission, war vor ein paar Monaten bei der ATTF ausgestiegen und war jetzt Zivilist, der auf Kontraktbasis Sicherheitsüberprüfungen für das FBI anstellte.
»Hallo«, meldete er sich.
»Sind dort die Kearns Investigative Services?«
»So ist es.«
»Ich glaube, meine Frau geht fremd. Kannst du sie beschatten?«
»Wer ist das? Corey? Du Arschloch.«
»Ich dachte, du machst Ehesachen.«
»Nein, aber in deinem Fall mach ich 'ne Ausnahme.«
»Hey, was machst du heute Mittag?« fragte ich.
»Bin beschäftigt. Was gibt's?«
»Was machst du jetzt?«
»Mit dir reden. Wo bist du?«
»Vor Federal Plaza 26.«
»Brauchst du mich gleich?«
»Jawohl.«
Er stockte kurz, dann sagte er. »Ich bin daheim. In Queens.« Und er fügte hinzu: »Ich arbeite daheim. Klasse Job. Solltest du dir auch überlegen.«
»Dick, ich kann nicht den ganzen Morgen lang quatschen. Können wir uns so schnell wie möglich in dem Laden in Chinatown treffen. Weißt du, in welchem?«
»One Hung Low?«
»Richtig. Neben dem Vietnamesen, der sich Phuc Yu nennt.« Ich hängte ein, entdeckte einen Imbisskarren und besorgte zwei polnische Würstchen mit Brötchen, eins ohne Senf.
Ich kehrte in die Federal Plaza 26 zurück und fuhr hinauf in mein Büro.
Ich gab Harry seine Polnische, ging in die Kaffeebar und holte mir eine Tasse schwarzen Kaffee. An der Wand hingen FBI-Fahndungsplakate in Englisch und arabisch, darunter auch zwei mit Mr. Osama Bin Laden - eines wegen dem Anschlag auf die USS Cole und eines wegen der Anschläge auf die Botschaften in Kenia und Tansania.
Fünf Millionen Dollar Belohnung waren auf seinen Kopf ausgesetzt, aber bislang hatte sie noch keiner kassiert, was ich sonderbar fand. Für fünf Millionen Kröten würden die meisten Menschen ihren besten Freund und ihre Mutter verpfeifen.
Die andere sonderbare Sache war, dass sich Bin Laden noch nie zu irgendeinem der Anschläge bekannt hatte, die er angeblich angestiftet hatte. Die CIA war es, die auf ihn verwiesen hatte, aber ich fragte mich, woher die das so genau wissen wollten. Tatsache war, wie ich gestern mit Kate besprochen hatte, dass Terrorgruppen wie auch einzelne Terroristen offenbar nicht mehr mit ihrem Werk protzten, und das könnte auch bei der Explosion von TWA 800 der Fall gewesen sein.
Ich schaute mir das Gesicht von Osama Bin Laden auf dem Fahndungsplakat an. Ein unheimlich wirkender Typ. Genaugenommen sahen all diese Gentlemen aus dem Nahen Osten auf den rund ein Dutzend Fahndungspostern ringsum gruslig aus, aber möglicherweise sieht auf einem Fahndungsposter jeder aus wie ein Schwerverbrecher.
Ich starrte auf das Plakat von meinem alten Erzfeind Asad Khalil alias Der Löwe. Dieser Typ war der einzige, der einigermaßen normal wirkte - gepflegt und gutaussehend -, aber wenn man genau auf seine Augen schaute, dann bekam man das Gruseln.
Der Text unter Mr. Khalils Bild war eher vage und besagte lediglich, dass er in diversen Ländern
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