John Corey 03 - Nachtflug
auch liebevoll als VAG bezeichnet (Verantwortliche Arschgeige) -, und auch den anderen Bossen klarmachen konnte, dass sie noch nicht ganz domestiziert war.
Tja, das waren meine tiefgründigen Gedanken an diesem Tag, und es war noch nicht mal zehn.
Ich zog meinen Schlips zurecht und dachte über einen passenden Gesichtsausdruck nach. Mal sehen ... ich steckte möglicherweise bis zu den Ohren in der Scheiße, deshalb sollte ich meiner Meinung nach möglichst frisch und frohgemut wirken.
Ich kriegte die richtige Miene hin und schlenderte zu meinem Schreibtisch.
15
Ich grüßte meine Kollegen namentlich, hängte meine Anzugjacke an einen Haken im Kabuff und ließ mich an meinem Arbeitsplatz nieder.
Ich schaltete meinen Computer ein, gab mein Passwort ein und las meine E-Mails, hauptsächlich interne Memos. Manchmal tauchte eine Art Orwellsche Mitteilung am Bildschirm auf, die einen vor einem neuen Gedankenverbrechen der Regierung warnte.
Ich hörte meinen Anrufbeantworter ab, auf dem eine Nachricht von einem palästinensisch-amerikanischen Informanten war, Codename Gerbil, der sagte, er hätte eine wichtige Mitteilung für mich, über die er am Telefon nicht reden könnte.
Mr. Emad Salameh war genaugenommen eine nahezu nutzlose Informationsquelle, und ich kam nie recht dahinter, ob er sich nur wichtig vorkommen wollte, ob er ein Doppelagent war oder ob er nur ab und zu zwanzig Kröten extra brauchte. Vielleicht mochte er mich einfach. Ich wusste, dass er auf italienisches Essen stand, weil er immer ein italienisches Restaurant aussuchte, in dem ich ihm dann ein Mittag- oder Abendessen spendieren durfte.
Die beiden letzten Anrufer hatten einfach aufgelegt, so dass auch ihre Nummern nicht angegeben waren, was mich immer neugierig macht.
Ich blätterte ein paar Papiere auf meinem Schreibtisch durch.
Die größte Herausforderung bei diesem Job besteht darin herauszufinden, was man machen soll. Wie ein weiser Mann (ich) mal sagte: »Der Haken beim Nichtstun ist, dass man nicht weiß, wann man fertig ist.“
Bei der Mordkommission hat man immer eine ganze Ladung unerledigter alter und aktueller Mordfälle, während man bei Terroranschlägen die Tat vorauszusehen versucht.
Nach dem Fall Asad Khalil vor einem Jahr wurde ich einem Spezialteam zugeteilt, dem auch Kate angehörte und dessen einziger Auftrag darin bestand, diesen Fall weiterzuverfolgen.
Aber nach einem Jahr waren uns die Hinweise und Anhaltspunkte ausgegangen, und die Spur war kalt. Da er das Geld der Regierung nicht verschwenden wollte, hatte unser Boss, Jack Koenig, Kate, mir und den anderen Agenten im Team unterschiedliche Aufgaben zugeteilt.
Ich war von der Antiterror-Task Force eigens als Spezialist für Mordfälle angeheuert worden, nur für den Fall, dass sich ein terrorbedingter Mord ereignete, was seit dem Fall Asad Khalil nicht passiert war. Daher war ich jetzt hauptsächlich mit Observierungsaufgaben beschäftigt, was die meisten NYPD-Typen für das FBI machten. Kate war mit Gefahrenanalyse befasst, was immer das auch bedeuten mochte.
Das Spezialteam hatte einst ein eigenes kleines Zimmer nahe der Kommando- und Kontrollzentrale gehabt, in dem wir auf engstem Raum zusammenarbeiteten und Kate mir am Schreibtisch gegenübersaß, so dass ich jeden Tag in ihre wunderschönen blauen Augen schauen konnte. Aber jetzt waren wir getrennt, und ich musste Harry Muller anschauen, einen ehemaligen Mitarbeiter der Nachrichtendienstlichen Einheit des NYPD. »Harry«, sagte ich zu ihm, »was ist ein gemäßigter Araber?«
Er blickte zu mir auf. »Was?«
»Ein Typ, dem die Munition ausgegangen ist.«
Er kicherte und sagte: »Den hast du mir schon mal erzählt.« Dann riet er mir: »Du musst aufpassen, was du sagst. Was ist der Unterschied zwischen einem arabischen Terroristen und einer Frau mit PMS?“
»Was denn?«
»Mit einem arabischen Terroristen kann man vernünftig reden.«
Ich kicherte ebenfalls und sagte: »Den habe ich dir auch erzählt. Zwei Dienstvergehen. Rassistische und sexistische Verunglimpfung.«
Die arabische und moslemische Bevölkerung von New York, darauf sollte ich hinweisen, besteht zu achtundneunzig Prozent aus aufrechten und redlichen Bürgern, und ein Prozent sind nützliche Idioten für das andere Prozent, das die schlimmen Finger stellen.
Ich überwache und vernehme hauptsächlich die nützlichen Idioten, und wenn ich einen Hinweis auf die richtig schlimmen Finger kriege, gebe ich ihn ans FBI weiter, das manchmal die CIA
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