John Corey 04 - Operation Wildfire
Lansdale.
»Bei der Planung von Wild Fire wurden zwei mögliche Vergeltungsmaßnahmen ins Auge gefasst«, erklärte Wolffer. »Die A-Liste wird stets einbezogen, und die B-Liste kommt hinzu, je nach Ausmaß und Art des Terroranschlags auf Amerika. Wenn es sich zum Beispiel um einen Anschlag mit biologischen und chemischen Waffen handelt, dann werden nur die Ziele auf der A-Liste zerstört. Handelt es sich hingegen um einen Anschlag mit Kernwaffen, bei dem eine oder mehrere amerikanische Städte zerstört werden, dann werden die Vergeltungsmaßnahmen um die B-Liste ergänzt - ohne Diskussion.«
»Nun ja«, sagte Madox, »wir wissen, dass es sich um einen atomaren Anschlag auf Amerika handeln wird, weil wir die Bomben auslösen.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann sagte Paul Dünn: »Bain, Sie müssen dabei nicht so begeistert klingen.«
»Tut mir leid, Paul, aber das hier ist keine vornehme Zusammenkunft des Nationalen Sicherheitsrates. Hier können wir offen unsere Meinung sagen.«
Paul Dünn ging nicht darauf ein, worauf Wolffer fortfuhr: »Es gab stets eine gewisse Besorgnis, was das Ausmaß des radioaktiven Fallouts wie auch der klimatischen Veränderungen anging ... deshalb gibt es eine Haupt- und eine Ergänzungsliste. Zudem gewähren natürlich nicht alle islamischen Länder Terroristen Unterschlupf oder nehmen eine feindselige Haltung gegenüber den USA ein, aber durch Wild Fire werden solche Einwände hinfällig, weil eine der Art des Angriffes angemessene Reaktion erfolgt. Wenn also, sagen wir mal, durch eine chemische oder biologische Waffe zwanzigtausend Menschen in New York oder Washington umkommen, dann werden durch unseren Vergeltungsschlag nur die zweiundsechzig Ziele auf der A-Liste ausgelöscht.« Und er fügte hinzu. »Wir wollen ja nicht den Eindruck erwecken, dass wir übertrieben reagieren.«
Lansdale lachte über diese aberwitzige Aussage, aber ansonsten fand sie anscheinend keiner komisch.
»Nach dem derzeitigen Stand der Dinge«, fuhr Wolffer fort, »enthalten beide Listen alles in allem einhundertzweiundzwanzig Ziele. Wir rechnen mit Anfangsverlusten von etwa zweihundert Millionen Menschen, zu denen innerhalb von sechs Monaten vermutlich weitere hundert Millionen Strahlentote kommen.« Und er fügte in nüchternem Tonfall hinzu: »Die späteren Auswirkungen aufgrund von Seuchen, Unterkühlung, Hungersnöten, Bürgerkriegen, Selbstmord und so weiter lassen sich nur schwer ermessen.«
Niemand gab einen Kommentar dazu ab.
»Die Leute, die Wild Fire schufen«, sagte Wolffer, »waren sich über eines im Klaren: Sie mussten sicherstellen, dass jeder künftige Präsident und seine Regierung von jeder strategischen oder moralischen Entscheidung entbunden sind. Wenn Fall X eintritt, reagieren wir mit Liste A. Kommt es zu Fall Y, nehmen wir Liste B dazu. Ganz einfach.«
Harry Muller wandte sich von der bunten Landkarte ab und schaute zu den vier Männern, die zu beiden Seiten des Tisches saßen. Im Lichtschein des Bildschirms wirkten die vier Typen, die ihm vor einer halben Stunde noch so nervös vorgekommen waren, ziemlich ruhig. Es war, als hätte jemand gesagt: Okay, so sieht's aus. Passt auf und bringt es hinter euch.
Er blickte zu Madox, der mit einem merkwürdigen Grinsen auf den Bildschirm schaute, als sehe er sich einen Pornofilm an. Madox schnappte Harrys Blick auf und zwinkerte ihm zu.
Harry drehte sich um und starrte auf den Bildschirm. Herr im Himmel. Das ist echt. Gott stehe uns bei.
»Wild Fire ist einfach eine Variante von MAD«, fuhr Wolffer fort. »Tatsächlich wurde Wild Fire zur Zeit der Reagan-Regierung von einer Gruppe alter Kämpfer des Kalten Krieges vorgeschlagen, entwickelt und eingeführt.«
Er schwieg einen Moment, dann sagte er mit geradezu ehrfürchtigem Tonfall: »Das waren Männer, die Mumm hatten. Sie standen den Sowjets Auge in Auge gegenüber, und die anderen haben zuerst gezwinkert. Sie haben uns eine große Lehre und ein großes Vermächtnis hinterlassen. Damit wir uns diesen Männern würdig erweisen, die uns eine vom sowjetischen Terror befreite Welt bescherten, müssen wir bereit sein, mit den islamischen Terroristen genauso zu verfahren, wie diese kalten Krieger mit der Sowjetunion verfahren wären.«
Wieder kehrte Stille ein, dann stellte General Hawkins fest: »Die Russen hatten wenigstens ein gewisses Ehrgefühl und eine gesunde Todesangst, daher wäre es ein Jammer gewesen, wenn wir ihre Städte und ihr Volk hätten vernichten
Weitere Kostenlose Bücher