John Grisham
ohne sie leben konnte.
Die Haustür ging auf, und sie erschien. Sie trat einen Schritt auf die schmale Veranda hinaus, verschränkte die nackten Arme und funkelte den erschauernden Mack über den gefrorenen Rasen hinweg wütend an. Er erwiderte den Blick, öffnete die Fahrertür und stieg aus.
»Wo warst du?«, giftete sie ihn an, als er die Tür zuknallte.
»Im Büro«, fauchte er zurück, wobei er vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzte, um nicht ins Torkeln zu geraten wie ein Betrunkener. Sein Mund war voll mit Pfefferminzkaugummi, obwohl er nicht plante, irgendwem etwas vorzumachen. Die Einfahrt fiel vom Haus zur Straße hin leicht ab.
»Wo warst du?«, fragte sie wieder, diesmal noch ein bisschen lauter.
»Denk bitte an die Nachbarn.« Er sah die vereiste Stelle zwischen ihrem und seinem Auto nicht, und als er sie bemerkte, hatte er bereits das Gleichgewicht verloren. Mit einem Aufschrei rutschte er nach vorn weg und schlug mit der Stirn auf dem hinteren Stoßfänger von Lisas Wagen auf. Für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen, und als er zu sich kam, hörte er aufgeregte Frauenstimmen.
»Er ist betrunken«, verkündete eine davon. Danke, Lisa.
Ihm dröhnte der Schädel, und er konnte nur verschwommen sehen.
Lisa wich nicht von seiner Seite. Dabei gab sie Dinge von sich wie »O mein Gott, das ist ja Blut!« oder »Euer Vater ist besoffen!« und »Ruft einen Krankenwagen!«.
Gnädigerweise verlor er erneut das Bewusstsein, und als er wieder hören konnte, hatte eine Männerstimme die Führung übernommen - Mr. Browning von nebenan. »Passen Sie auf das Eis auf, Mrs. Stafford, und geben Sie mir die Decke. Er blutet stark.«
»Er hat getrunken«, erklärte Lisa, wie immer auf der Suche nach Verbündeten.
»Wahrscheinlich spürt er gar nichts«, stellte Mr. Browning freundlich fest. Er und Mack waren seit Jahren zerstritten.
Obwohl er nur benommen war und hätte reden können, beschloss Mack, während er in der Kälte lag, einfach die Augen zu schließen und es anderen zu überlassen, sich um ihn zu sorgen. Es dauerte nicht lange, bis er den Krankenwagen hörte.
Im Krankenhaus gefiel es ihm. Die Medikamente bekamen ihm gut, die Schwestern fanden ihn nett, und jetzt hatte er eine ausgezeichnete Ausrede, um nicht ins Büro zu gehen. Auf seiner Stirn prangten sechs Stiche und ein hässlicher blauer Fleck, aber er hatte »keine zusätzlichen Hirnschäden« davongetragen, wie er Lisa am Telefon sagen hörte, als sie glaubte, er schliefe. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Verletzungen leicht waren, besuchte sie ihn nicht mehr im Krankenhaus und hielt auch die Mädchen fern. Er hatte es nicht eilig, zu gehen, und sie legte keinen Wert darauf, dass er nach Hause kam. Aber nach zwei Tagen ordnete der Arzt seine Entlassung an. Während er seine Habseligkeiten einsammelte und sich von den Schwestern verabschiedete, kam Lisa in sein Zimmer und schloss die Tür. Sie setzte sich auf den einzigen Stuhl, verschränkte die Arme und schlug die Beine übereinander, als wollte sie stundenlang bleiben. Mack legte sich entspannt aufs Bett. Die letzte Dosis Perocet wirkte noch, und er fühlte sich wunderbar beschwingt.
»Du hast Freda entlassen«, sagte Lisa mit zusammengebissenen Kiefern und hochgezogenen Augenbrauen. »Ja.«
»Warum?«
»Weil ich ihre große Klappe satt hatte. Warum interessiert dich das? Du kannst Freda doch nicht ausstehen. «
» Was wird aus der Kanzlei?«
»Zunächst einmal herrscht endlich Ruhe. Freda ist nicht die erste Sekretärin, die ich entlassen habe. Kein Grund zur Aufregung.«
Eine Pause trat ein, während sie die verschränkten Arme löste und anfing, mit einer Haarsträhne zu spielen. Das bedeutete, dass sie tiefschürfende Gedanken wälzte, die er gleich zu hören bekommen würde.
»Wir haben morgen um siebzehn Uhr einen Termin bei Dr. Juanita«, sagte sie. Da hast du es. Friss oder stirb.
Dr. Juanita war Eheberaterin. Insgesamt gab es in Clanton drei zugelassene Berater, die Mack durch seine Arbeit als Scheidungsanwalt bekannt waren. Privat kannte er sie, weil Lisa ihn schon zu allen dreien zur Beratung geschleppt hatte. Er brauchte Beratung, Lisa natürlich nicht. Dr. Juanita schlug sich immer auf die Seite der Frauen, so dass ihre Wahl keine Überraschung war.
»Wie geht es den Mädchen?«, fragte Mack. Er wusste, dass die Antwort unangenehm ausfallen würde, aber wenn er nicht fragte, würde sie sich später bei Dr. Juanita darüber beschweren, dass er sich
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