John Lennon - across the universe - die spirituelle Biografie
sein primäres Ausdrucksmedium die Popmusik war. Jeder Radiosender, der beispielsweise »Mind Games« ins Programm nimmt, kann als nächstes Musikstück »Boogie Oogie Oogie« spielen – überhaupt kein Problem. Vergleichen Sie die Texte der beiden Songs miteinander, schon wird unübersehbar deutlich, dass Lennon mit seinen zeitgenössischen Songschreiber-Kollegen weit weniger gemeinsam hatte als mit den großen Denkern aller Epochen. Aber wer schenkt schon Texten der Popmusik entsprechend große Aufmerksamkeit?
Lennon bezog seine Einsichten und seine Schlüsse natürlich aus seiner existenziellen Sinnsuche, auf deren Spuren wir uns in den drei vorangegangenen Kapiteln begeben haben, um einen skizzenhaften Abriss seines Denkens zu erstellen. Das Erbe dieses zynischen Idealisten reicht allerdings über die Schlussfolgerungen, die er selbst gezogen hat, hinaus. So scheint es angemessen, am Ende dieses Buches die Aufmerksamkeit auf drei Grundsätze zu lenken, die sich aus seinem Projekt herauskristallisiert haben – Grundsätze, die alle Voraussetzungen erfüllen, um jede neue Generation, die diesen Planeten betritt, zu inspirieren und vor Herausforderungen zu stellen:
1. Wir sind es uns selbst schuldig, unsere kulturell tradierten »Wahrheiten« auf den Prüfstand zu stellen und die Motive der sogenannten Experten, der Regierenden und anderweitiger Autoritäten prinzipiell einer zynischen Betrachtung zu unterziehen.
2. Wir sind es uns selbst schuldig, unser Leben so zu führen, wie ein Künstler ein Kunstwerk schafft, und dabei die Möglichkeiten und Ressourcen, mit denen das Geschick uns gesegnet hat, bestmöglich zu nutzen.
3. Uns selbst wie auch unseren Nachkommen schulden wir das Bemühen, aufgrund der Einsicht, dass unsere Gedanken, Worte und Handlungen im Lauf der Zeit immer weitere Kreise ziehen werden, einen inneren Wandlungsprozess, eine Selbsttransformation, anzustreben.
1. »Wahrheiten« hinterfragen
Wie viele von uns sind wirklich eigenständige Denker? Wie viele von uns ziehen jemals das überkommene Glaubenssystem unserer Familie, das Glaubenssystem der Gemeinschaft beziehungsweise der Nation, in der wir aufgewachsen sind, in Zweifel? Und ein wie großer Prozentsatz von uns führt von der Wiege bis ins Grab ein – um auf den sokratischen Ausdruck zurückzugreifen – »ungeprüftes Leben«?
Sollte es uns nicht misstrauisch machen, wenn die Gedanken und Einstellungen, die wir als »unabhängige« Erwachsene an den Tag legen, im Grunde schlicht und einfach die in unserer sozialen Gruppe vorherrschenden Vorstellungen widerspiegeln? Würden wir einer anderen Kultur auf einem anderen Kontinent angehören, hätten wir andere Gedanken und Einstellungen. Liegt das nicht auf der Hand?
Finden Sie es nicht faszinierend, wie sehr sich unsere Auffassung vom Lauf der Welt verändert, wenn wir reifer werden und erkennen, wie viele menschliche Entscheidungen in Egoismus wurzeln? Und verblüfft es Sie nicht zu sehen, wie sehr wir ungeachtet dieser Einsicht dazu neigen, den Meinungen von Autoritätsfiguren und Experten ein ungebührlich großes Gewicht beizumessen?
Warum ist das so? Etwa weil wir zu wenig auf unser Erfahrungswissen vertrauen? Oder sind wir vielleicht gar nicht so frei und unabhängig, wie wir selbst dies gern glauben möchten?
Im achtzehnten Jahrhundert, dem Jahrhundert des Nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieges und der Französischen Revolution, wagten führende Denker in Europa erstmals die Auffassung zu vertreten, dass wir uns durch geistige Fesseln davon abhalten lassen, unser Leben gebührend zu entfalten, und dass darum die Notwendigkeit besteht, uns von ihnen zu befreien. Diese Fesseln, so erklärten sie, seien das Produkt des kulturellen Umfelds, in dem wir aufwachsen – des Glaubenssystems und der Bräuche, die uns im Verlauf der für die Charakterbildung entscheidenden Lebensjahre von den Eltern, den Lehrern und den Pfarrern eingeimpft werden.
An der Spitze dieser Bewegung standen französische Intellektuelle, die als die
Philosophes
bekannt waren. Montesquieu, Voltaire, Diderot und andere reagierten damit auf die wiedererwachende Wissbegierde, die im Gefolge der Renaissance und der Kirchenreformation in Europa um sich gegriffen hatte. Dabei stützten sie sich auf die Entdeckungen und die Überlegungen von Bacon, Newton, Hobbes, Locke und Hume.
Den
Philosophes
wurde klar, dass die neuerdings entwickelten naturwissenschaftlichen Methoden zu der Hoffnung Anlass gaben, die Welt
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