John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung
Mann außer ihm. »Ich möchte, dass du dir eine Einladung in seine Villa verschaffst, damit du ihm ’ne Wanze ins Büro pflanzen kannst.«
»Sicher gibt es Tausende von Leuten allein in dieser Stadt, die das zu Stande brächten. Du brauchst mich nicht dazu.«
»Doch, ich brauche dich. Wie viele von diesen Tausenden sind weiblich? Denn ich garantiere dir, dass es keinem Kerl gelingen wird, Ronsards Aufmerksamkeit zu erregen und eine Einladung in seine Villa zu ergattern. Wie viele also? Vielleicht zwanzig? Oder sagen wir hundert. Ronsard ist jetzt fünfunddreißig; wie viele von diesen Frauen sind ungefähr in seinem Alter und wie viele davon so attraktiv wie du?«
Sie riss an ihren Handgelenken, doch John umklammerte sie nur noch fester, achtete aber darauf, ihr nicht wehzutun. Sie war ihm so nahe, dass er sehen konnte, wie seidig ihre Haut war. »Du sprichst französisch …«
»Aber ich bin ganz eingerostet.«
»Das kriegst du im Nu wieder hin. Ich brauche jemanden, der jung und hübsch ist, der die Sprache beherrscht und die nötige Qualifikation besitzt. Das alles trifft auf dich zu.«
»Such dir gefälligst jemand anderen!«, fauchte sie wütend. »Versuch bloß nicht, mir weiszumachen, es gäbe keine Vertragsagentin, auf die all das nicht auch zutrifft, jemand, der deinen wirklichen Namen nicht kennt. Du stellst mich ja hin wie eine Art Mata Hari, aber ich habe noch nie verdeckt gearbeitet. Durch meine Schuld könnte wir beide umkommen …«
»Nein, würden wir nicht. Du hast schon bei anderen Einsätzen mitgemacht …«
»Vor fünf Jahren. Und das war bloß technischer Kram, keine Schauspielerei.« Kühl fügte sie hinzu: »Das ist wohl eher dein Metier.«
Er steckte den Hieb weg, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie hatte ja Recht. »Ich brauche dich«, wiederholte er. »Bloß dieses eine Mal.«
»Bis irgendwas anderes ist und du beschließt, mich noch mal zu ›brauchen‹.«
»Niema …« Er strich liebkosend mit den Daumen über die Innenseiten ihrer Handgelenke, dann gab er sie frei, trat einen Schritt zurück und griff nach seiner Kaffeetasse. Er hatte ihr genug zugesetzt; jetzt war es Zeit, ihr ein wenig Luft zu lassen, damit sie sich nicht zu gedrängt fühlte. »Ich habe dich in Aktion gesehen. Du bist flink, du bist gut, und du kannst aus einem Haufen Schrott einen Transmitter zusammenbasteln. Du bist perfekt für den Job.«
»Beim letzten bin ich seelisch fast draufgegangen.«
»Du hast mit anhören müssen, wie dein Mann starb.« Er sprach es ganz offen aus, und sie zuckte zusammen. »Da hätte jeder einen vernichtenden Schock bekommen. Aber du hast trotzdem durchgehalten; wir mussten dich nicht tragen.«
Zerstreut ihre Handgelenke reibend, wandte sie sich von ihm ab.
»Bitte.«
Dieses Wort hätte sie am allerwenigsten erwartet. Er sah, wie sie sich unwillkürlich versteifte. »Komm mir nicht auf die Tour.«
»Würde mir im Traum nicht einfallen«, murmelte er.
»Du bist so verdammt gerissen. Das wusste ich schon beim ersten Mal, als ich dich sah. Du manipulierst jeden …« Sie hielt inne und drehte sich wieder zu ihm um. Er sah, wie sie schluckte. In ihren riesigen schwarzen Augen stand ein gequälter Ausdruck. »Zur Hölle mit dir«, flüsterte sie.
Er schwieg, ließ den Köder wirken. Gefahr ist eine ebenso starke Droge wie jede andere. Feuerwehrleute wissen das und Cops, Elitesoldaten, Geheimagenten – sie alle kennen den Rausch der Gefahr, jenes Gefühl, wenn sämtliche Sinne blitzartig erwachen und sich der Körper anfühlt, als müsse er bersten vor Energie. SWAT-Teams, DEA-Agenten – sie alle sind Adrenalinjunkies. Er auch. Und Niema ebenso.
Er hatte sich diese Tätigkeit zum Teil aus Patriotismus erwählt und weil irgendjemand ja schließlich die Drecksarbeit an der Front erledigen muss, aber auch deshalb, weil er die Gefahr liebte, weil er es liebte, am Abgrund zu tanzen, wo nur sein Geschick und seine Wachsamkeit den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuteten. Niema war nicht anders. Sie wäre es zwar gern, aber das war sie nicht.
»Weißt du überhaupt, welche Bedrohung der Terrorismus mittlerweile darstellt?«, bemerkte er in fast beiläufigem Ton. »Das ist nicht etwas, das nur anderen Ländern zustößt; es geschieht auch hier, andauernd. Flug 183 war lediglich die letzte Episode aus diesem traurigen Kapitel. Die Stadt Orlando hat man 1970 mit einer Atomwaffe auf eine Million Dollar erpresst. 1977 haben Hanafi-Muslime im Washingtoner Rathaus und an einigen
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