John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung
dem Kaffee bei Vinay hatten wir beide schließlich kaum was.« Erst nachdem die Worte heraus waren, wurde ihr bewusst, was sie getan hatte. Zwischen ihnen bestand nicht unbedingt ein freundschaftliches Verhältnis, obwohl es sie schon überraschte, wie leicht es war, sich mit ihm zu unterhalten. Trotzdem, er war John Medina, kein verlässlicher, verantwortungsbewusster Bürokrat, der sie mal eben zum Abendessen ausführte.
Er trat wachsam und mit hocherhobenem Kopf ein. Sein Blick überflog kurz seine Umgebung und beobachtete sie dann dabei, wie sie den Dielenschrank öffnete und den Alarm abstellte. Sie hatte den plötzlichen Eindruck, dass er alles, was dieser schnelle Blick erfasst hatte, hätte beschreiben können, wahrscheinlich sogar den Code der Alarmanlage, den sie soeben eingetippt hatte.
Sie wollte schon die Schranktür schließen, als er sagte: »Mach dich ruhig über mich lustig, aber mir wär’s lieber, du würdest die Alarmanlage wieder einschalten.«
Weil er gute Gründe für seine Vorsicht hatte, folgte sie seinem Wunsch.
Niema hatte das Haus vor drei Jahren gekauft, als sie eine dicke Gehaltserhöhung bekam, die ihr erlaubte, zu kaufen, anstatt nur zu mieten, selbst bei den unverschämt hohen Grundstückspreisen rund um Washington D.C. Sie wusste, dass es mit seinen drei Schlafzimmern und den zweieinhalb Badezimmern für eine Person viel zu groß war, aber sie rechtfertigte ihre Wahl damit, dass sie nun genug Platz für Verwandtenbesuche hätte, obwohl die sie nie besuchen kamen, und dass sich ein Haus mit drei Schlafzimmern leichter wieder verkaufen ließ, sollte ihr einmal der Sinn nach etwas anderem stehen.
Das Haus war in leicht maurischem Stil gehalten, mit Rundbögen an Fenstern und Türen. Sie hatte die Innenräume selbst in einem weichen Pfirsichton gestrichen, und ihre Möbel waren größtenteils dunkelgrün und türkis. Der Teppich besaß eine unbestimmte beige Farbe, doch da er noch wie neu gewesen war, hatte sie ihn nicht herausreißen lassen, sondern einen großen Teppich mit einem geometrischen Muster in Grün-, Blau- und Pfirsichtönen darüber gelegt. Die Wirkung war kühl und doch gemütlich, feminin, aber auf eine unaufdringliche Weise.
»Hübsch«, sagte er, und sie fragte sich unwillkürlich, was ihm diese Möbel wohl über sie verraten haben mochten.
»Zur Küche geht’s hier lang.« Sie ging voraus und knipste das Deckenlicht an. Sie liebte ihre Küche, ein lang gestreckter Raum mit einer Reihe von Fenstern zur Rechten. Eine lange Arbeitsinsel aus blanken blauen und beigen Mosaiksteinchen bot genügend Platz, um sich kulinarisch auszutoben. Auf den Fensterbänken standen kleine Töpfchen mit frisch duftenden Kräutern. Am entgegengesetzten Ende gab es eine gemütliche kleine Essecke, bestehend aus einem kleinen Tisch und zwei Stühlen, flankiert von üppigen Farnen.
Sie machte sich an die Zubereitung des Kaffees, während Medina an die Fenster trat und nacheinander die Jalousien runterließ. »Wird man das nicht irgendwann müde?«, erkundigte sie sich. »Ewig aufzupassen, ewig auf der Hut zu sein?«
»Das mache ich mittlerweile ganz automatisch. Und diese Jalousien solltest du sowieso schließen.« Mit den Händen in den Hosentaschen schlenderte er in der Küche umher. Vor dem großen Eichenholzblock, in dem ihre Messer steckten, blieb er kurz stehen, nahm das Fleischmesser heraus und prüfte dessen Schneide mit dem Daumen, dann steckte er es wieder zurück. Sein nächster Stopp galt der Hintertür, deren obere Hälfte aus unterteilten Glasscheiben bestand; auch dort ließ er die Jalousien herunter und rüttelte kurz an der Klinke, um zu sehen, ob auch wirklich zugeschlossen war.
»Tue ich normal auch. Ich halte nichts davon, die Gefahr geradezu einzuladen.« Sobald die Worte heraus waren, merkte sie, wie verlogen das klang. John Medina bedeutete Gefahr, und ihn hatte sie soeben eingeladen …
»Die Hintertür braucht ein stärkeres Schloss«, bemerkte er abwesend. »Eigentlich bräuchtest du eine neue Tür. Alles, was ein Einbrecher tun muss, ist, eine dieser Scheiben einzuschlagen, den Arm durchzustrecken und die Tür aufzuschließen.«
»Werde mich gleich morgen früh darum kümmern.«
Ihr trockener Ton musste wohl zu ihm durchgedrungen sein, denn er sah auf und grinste sie an. »Tut mir Leid. Du weißt das alles ja selber, nicht?«
»Genau.« Sie holte zwei Tassen aus einem Oberschrank. »In dieser Gegend passiert nicht viel, und außerdem habe ich ja die
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