John Sincalir - 0970 - Der Werwolf, die Hexe und wir (2 of 3)
er mich ausfüllte und auch veränderte, denn ich selbst verlor meinen Körper. Er veränderte sich. Meine Knochen, mein Fleisch, meine Sehnen und Muskeln, das alles hatte keine Bedeutung mehr. Es wurde umgewandelt, es wurde zum Holz der Alraune, ohne daß dabei meine ursprüngliche Gestalt verlorenging. Ich mußte meinen Körper nur bedecken, denn der Kopf blieb gleich. Ich kann reden, ich kann denken, alles was auch einen anderen Menschen auszeichnet. Aber ich war trotzdem anders als sie, und meine Handlungen paßten mehr zu Mandragoro, denn die menschliche Welt hatte ich für mich verlassen.«
»Aber du standest in seinen Diensten?« fragte ich.
»Ja, so ist es.«
»Was hast du weiterhin getan?«
»Ich konnte jetzt endgültig die Orte der Kraft suchen. Es gibt die Knotenpunkte. Dank der Kraft des Mandragoro gelang es mir, sie zu finden. Schon vor langer Zeit haben sich die Menschen an der Umwelt versündigt. Ihr habt die alten Blutfontänen gesehen. Es waren die Reste derjenigen, die dort einmal lebten, aber das ist vergessen.«
»Und warum wolltest du dir Marion Kline holen?« wollte Suko wissen.
»Es war zu Anfang meiner Zeit, als ich ihr das Leben rettete, denn sie war für mich ein so wunderbares Geschöpf, auch schon als Kind. Ich wollte nicht, daß sie starb, und als sie zurückkehrte, spürte ich noch immer meine Sehnsucht. Man kann es Nostalgie nennen, wie auch immer. Es hat nicht geklappt, weil ihr es verhindern konntet. Wie auch immer, jetzt werde ich mich nur meiner eigentlichen Aufgabe widmen und die Vergangenheit vergessen.«
Mir brannte noch eine Frage auf der Seele, und die stellte ich ihm auch.
»Warum hast du uns eingeweiht?«
Er schüttelte etwas unwillig den Kopf. »Seid ihr wirklich so vergeßlich? Habe ich euch nicht gesagt, daß mir Mandragoro schon von euch berichtet hat? Er wußte, daß es euch gibt und daß wir irgendwann zusammentreffen werden. Er hat euch nicht direkt als Feinde angesehen, sondern als Menschen, die auch seine Richtung verfolgen. Deshalb konnte ich euch auch akzeptieren, obwohl ihr mich habt vernichten wollen. Jetzt sind wir zusammen, denn ich weiß, daß der große Kampf und die großen Probleme noch auf uns zukommen werden.«
»Die Vampire, nicht?«
»Nein.«
»Aber wir haben einen vernichtet.«
»Sie gehören zu den Problemen, John«, erwiderte er. Nur sah Cursano nicht danach aus, als wüßte er mehr, dann hätte er sicherlich mit der Sprache herausgerückt.
»Wozu gehören sie denn?« fragte Suko.
»Zum Ort der Kraft.«
Mein Freund deutete mit dem Zeigefinger zu Boden. »Der durchaus hier unter uns liegen kann.«
»Nein.« Die Antwort enttäuschte uns. »Wenn er hier liegen würde, hätte ich ihn gespürt, dann hätte ich ihn womöglich zerstören können, aber dieser Ort der Kraft ist anders. Völlig anders als die, die ich bisher kennengelernt habe.«
»Kannst du uns das erklären?« erkundigte ich mich.
»Nein und ja. Es ist etwas Altes und zugleich etwas Neues. Es hat auch nicht unbedingt mit der Natur zu tun, denn dieser Ort wurde verändert. Es war für mich – nicht – richtig – zu fassen. Ich bin noch durcheinander, aber ich merke deutlich die Strömungen, die mich erwischen, und sie sind schlecht.«
»Dann wäre es doch am besten für uns«, sagte Suko, »wenn wir endlich das Zentrum finden.«
»Das ist auch meine Meinung.«
»Schön, daß wir uns einig sind.«
Ich verließ den Rand der Verkaufstheke und schlenkerte meine Beine aus. Dann blieb ich vor dem Fenster stehen. Es glich mehr einer Luke. Sie war allerdings groß genug, um mir den Blick auf den See freigeben zu können. Mir kam eine Idee, und ich fragte: »Könnte sich dieser magische Knotenpunkt auch unter Wasser befinden, versteckt im Schlamm, im tiefen Grund …?«
»Das wäre möglich.«
»Dann müßten wir dort suchen.«
»Nein.«
Ich drehte mich abrupt um. »Was spricht dagegen?«
»Mein Gefühl, mein Wissen, eine Intuition. Nennt es, wie ihr wollte. Das Zentrum befindet sich nicht im See.«
»Wenn du so sicher bist«, sagte Suko. »Wo müssen wir dann anfangen zu suchen oder hingehen?«
Cursano senkte für einen Moment den Kopf. Er knotete seine Finger wieder zusammen. Dann flüsterte er: »Ich glaube schon, daß ich inzwischen Bescheid weiß.«
»Gut, wir …«
»Laßt uns diese Hütte hier verlassen. Ich kann es euch nur zeigen, wenn ich draußen bin.«
Wie auch immer, er war der Fachmann, und wir mußten uns fügen. Zumindest kannten wir jetzt seine
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