John Sincalir - 0971 - Ein Galgen für Morgana (3 of 3)
uns dafür einen inneren Wärmespender besorgt. Einen guten Scotch, der angeblich gegen alles half, auch gegen Erkältungen.
Morgana Layton und Cursano tranken nicht. Auch Suko hatte auf einen Schluck verzichtet. So war ich der einzige, der sich innerlich wärmte und auch Morgana die Flasche hinhielt, aber sie wollte nicht. Sie hatte sich auch nicht umgezogen. In ihren nassen Klamotten saß sie auf einem Stuhl, wo sie ins Leere starrte. Sie wirkte unbeteiligt, was wir ihr aber nicht glaubten, denn sie war die einzige, die wissen mußte, was hier abgelaufen war, und sie würde uns Rede und Antwort stehen müssen.
Ich nahm noch einen zweiten Schluck, dann drückte ich den Korken wieder auf die Flasche und stellte sie weg. Der Whisky wärmte mich durch wie eine gute Medizin.
Cursano hielt sich im Hintergrund auf. Er betrachtete auch die Tür und blickte hin und wieder durch das Fenster. Suko hatte mir genau erklärt, was da zwischen Cursano und der Wölfin abgelaufen war.
Trotz dieses Mordversuchs hatte ich mir im nachhinein ein Grinsen nicht verkneifen können. Es mußte für Morgana schon mehr als überraschend gewesen sein, plötzlich feststellen zu müssen, daß jemand mit einem Beil im Rücken nicht tot oder schwerverletzt umfiel, sondern einfach weiterging.
Ob sie daran zu knacken hatte und deswegen zu Boden schaute, wußte wohl keiner von uns. Aber die Fragen waren nicht weniger geworden, und auf Antworten waren wir gespannt.
Meiner Ansicht nach drängte die Zeit nicht unbedingt, weil es noch lange nicht dunkel werden würde.
»Du weißt, weshalb wir hier sind, Morgana?«
»Nein.«
Ich tat erstaunt. »Bist du so naiv?«
»Tut mir leid, aber …«
»Hör doch auf mit dem Versteckspiel«, sagte ich. »Wir haben hier Vampire entdeckt. Einen konnten wir erledigen, den anderen hast du wahrscheinlich mit dem Beil geköpft. Wir wissen doch beide, wie sehr ihr euch haßt. Auf der einen Seite sind es die Vampire, auf der anderen die Werwölfe. Zusammen kommt ihr nie, die Gräben zwischen euch sind einfach zu groß. Du und Fenris gegen Dracula II und seine Helferin Assunga. Jeder will die absolute Macht haben. Jeder denkt nur an sich. Jeder sieht sich als die bessere Person oder Gruppe an. So ist das, und so wird es auch bleiben, bis eines Tages ein Sieger feststeht. Aber niemand will nachgeben.«
»Warum sagst du das?«
»Weil wir wissen wollen, was hier passiert ist.«
»Das hast du gesehen.«
»Nur reicht es nicht.«
»Wie viele Vampire gibt es in diesem Bereich noch?« erkundigte sich Suko. Er machte dabei ein freundliches Gesicht und schaute Morgana völlig harmlos an.
Sie hob die Schultern, Mit einer langsamen Bewegung strich sie ihr nasses Haar zurück und machte dabei den Eindruck einer Person, die über etwas nachdachte. »Nichts«, sagte sie. »Ich weiß es nicht.«
»Aber du bist doch ihretwegen hier erschienen!« Suko ließ nicht locker. »Wer sagte das?«
»Nicht?«
Bevor einer von uns beiden noch etwas sagen konnte, hörten wir Schritte, denn Cursano hatte seinen Platz verlassen und näherte sich uns. Suko und ich bewegten uns nicht, aber Morgana drehte den Kopf. Sie blickte ihn sehr interessiert an, wahrscheinlich dachte sie noch immer darüber nach, daß es ihm gelungen war, dem Hieb mit dem Beil zu entgehen.
Cursano blieb so nahe bei uns stehen, daß er nicht laut sprechen mußte. In seinen Augen glänzte wieder das kalte Licht, als befänden sich tief in seinem Kopf Laternen. Die Gesichtshaut hatte ihre dunkle Farbe nicht verloren, und auch der glatte Kopf sah aus wie ein runder Schattenpilz.
»Du lügst«, sagte er.
»Das weißt du?«
»Sehr gut sogar.«
»Woher?«
»Du bist gekommen, um den Ort der Kraft zu finden. Du hast ihn ebenso gespürt wie ich. Du kennst ihn, denn du weißt genau, wo du zu suchen hast.«
»Wo denn?« Die Frage sollte spöttisch klingen, was Morgana nicht so gelang.
Cursano breitete die Arme aus und zeichnete mit den Händen ein Viereck in die Luft. »Es ist der Berg, nicht wahr? Dieser glatte Felsen, der sich in den Himmel reckt und dabei so aussieht wie eine Tafel. Stimmt es, oder willst du weiterhin lügen?«
»Was habe ich damit zu tun?« fragte sie sofort, ohne eine Überraschung zu zeigen.
»Ich sagte schon einmal, daß es ein Ort der Kraft ist. Da befindet sich ein magischer Kreuzpunkt. Ich habe ihn gespürt. Ich habe ihn ausfindig machen können, und wahrscheinlich bist du nur seinetwegen hier erschienen. Dieser Ort ist der Zugang zu einer
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